Donnerstag, 27. Mai 2021

Verschluss

Gusty ist in der 4. Laktation und steht aktuell trocken, in 3 Wochen soll sie zum 5. Mal kalben.
 
Jetzt hatte sie einen Scheidenvorfall (Prolaps Vaginae), wobei die Scheide auf "links" ein Stück weit rausgedrückt wird. Das ist quasi die kleine Variante des Gebärmuttervorfalls (Prolaps Uteri; siehe Posts vom 28.08.2014, 09.07.2016 und 24.11.2019). Beim Gebärmuttervorfall ist es aber lebensgefährlich, weil die ganzen Blutgefäße abgedrückt werden und zudem extreme Verletzungsgefahr besteht. Beim Scheidenvorfall ist nur die Verletzungsgefahr wenn eine andere Kuh direkt drauftritt. Der Vorfall geht auch nur bis zum Gebärmutterhals, was dann rauskuckt ist ungefähr so groß wie ein Volleyball. 
 
Bisher hatte ich in meiner Laufbahn zwei Scheidenvorfälle mitbekommen: Einmal im Sommer 2013 bei einer nicht tragenden Kuh, die deswegen später auch wegging und vor genau zweieinhalb Jahren ein schwerwiegender Fall (siehe Post vom 24.11.2018), bei dem dann ein Kaiserschnitt notwendig war.
 
Bei Gusty war es schon einige Zeit gewesen, dass man immer wieder mal ein Stück sah, wurde aber am Wochenende schlimmer. Die letzten Tage war es dann nicht, trotzdem hat unser Tierarzt gestern sicherheitshalber einen Verschluss gemacht. 
Dafür wird die Kuh unter Epiduralanästhesie gesetzt. Das wird zwischen die Schwanzwirbel in den Rückenmarkskanal gespritzt und wirkt auf das Rückenmark. Dadurch gibt es eine lokale Betäubung und die Kuh spürt von der Maßnahme nichts. Das gleiche wird beim Gebärmuttervorfall gemacht und bei der Schwanzamputation (siehe Post vom 09.01.2016).
 
Durch beide Schamlippen werden zwei Löcher gestochen und mit einem sterilen Band - vergleichbar mit einem Schnürsenkel - zusammengebunden.
Wenn sie anfängt zu kalben muss der Verschluss natürlich wieder aufgeschnitten werden, dass es nicht ausreißt. Das sollte dann eigentlich problemlos verlaufen, die nicht problemlose Ausnahme wäre der letzte Fall damals gewesen.

Benjamin



Montag, 24. Mai 2021

XP, XF usw.

- zur Übersicht der Fütterungsserie -> hier - 

In der Rinderfütterung hat man es viel mit mit Abkürzungen zu tun, die genau definiert sind und man so bei der Rationsgestaltung oder Futtermittelanalysen einen gemeinsamen Nenner hat, der allgemein verständlich ist. Als Beispiel bei Vorträgen über Fütterungsversuchen die Angaben der Rationsparameter.

Mal eine Auswahl; es gibt aber noch weitere:

TS - Trockensubstanz
XA - Rohasche; Mineralstoffe und Sand
om - organische Masse; da wird die Rohasche rausgerechnet
 
XL - Rohfett

XF - Rohfaser
sXF - strukturwirksame Rohfaser; z.B. die Faser von Heu und die von Gerstenschrot nicht
NDFom - neutrale Detergenzien Faser der organischen Masse; wenn in neutralerLösung gekocht wurde, dabei lösen sich bestimmte Inhaltsstoffe (Protein, Zucker, Stärke...)
peNDF - pyhsikalische NDF, NDF mal den Anteil der Partikel größer 8 mm (Schüttelbox), was im Pansen zur Bild der Schwimmschicht beiträgt
ADFom - Saure Detergenzien Faser (a für acid) der organischen Masse; wenn in saurer Lösung gekocht wurde, da löst sich mehr als in neutraler
SW - Strukturwert 
 
XZ - Rohzucker
XS - Rohstärke
bXS - beständige Rohstärke, die im Pansen nicht verdaut wird
uXS - unbeständige Rohstärke, die im Pansen verdaut wird
 
XP - Rohprotein, wird aus dem Gesamtstickstoffgehalt berechnet
UDP - pansenunverdauliches Protein
nXP - nutzbares Rohprotein; "nutzbares Rohprotein am proximalen Duodenum", der Satz schlechthin aus dem Studium. Das ist UDP plus das von den Pansenmikroben gebildete Mikrobenprotein
RNB - ruminale Stickstoffbilanz; Verhältnis von Stickstoff zu Energie bei der Pansenverdauung
NPN - Nicht-Protein-Stickstoff, wie Ammonium das beim Proteinabbau im Silo entsteht
 
GE - Gesamtenergie, wenn es im Bombenkalorimeter verbrannt wird
ME - Metabolisierbare Energie, damit wird für Kälber, Mastrinder und Schweine gerechnet
NEL - Nettoenergie Laktation, Energie für die Milchbildung, darin ist der "Wirkungsgrad" mit eingerechnet; für Milchkühe
HFT - Hohenheimer Futterwert Test; dabei wird die Gasbildung von Pansenmikroben gemessen, ein Wert für die Verdaulichkeit
 
GF - Grundfutter
KF - Kraftfutter
TMA bzw. DMI - Trockenmasseaufnahme bzw. dry matter intake
 
Benjamin

Freitag, 21. Mai 2021

Trockensubstanz

 
Seit Mittwoch wird der erste Schnitt gehäckselt. So spät wie selten, der April war ja gefühlt ausgefallen. Daher bin ich momentan wieder viel mit der Bestimmung der Trockensubstanz des amgelieferten Anwelks beschäftigt, dass man den Anwelkprozess steuern kann, also die Feldliegedauer verkürzen oder verlängern.

Die Trockensubstanz ist eine der grundlegenden Dinge der Fütterung, weil Wasser ist zwar das wichtigste Lebensmittel hat aber keinen Nährwert. Deshalb wird für die Rationsberechnung immer mit der Trockenmasse gerechnet und dafür ist die Trockensubstanz wichtig.

Trockenmasse und Trockensubstanz werden als Synonyme verwendet aber ich habe mir ziemlich schnell die Unterscheidung angewöhnt, dass Trockenmasse (TM) absolut ist für Mengen und Trockensubstanz (TS) relativ für den Gehalt.

Für die Bedeutung der Trockensubstanz am Beispiel von Gras: Junges, frisches Gras hat eine TS von so 18 %, wenn es älter wird und mehr Faser bildet geht es über die 20 % TS hinaus. Angewelkt für Silage sollte es schon über 28 % TS haben, weil darunter Sickersaft aus dem Silo austritt, wenn das Gewicht des Silostocks im unteren Bereich Flüssigkeit rausdrückt. Nach oben geht es bis über 40 % TS, für Siloballen oder in Hochsilos auch an die 50 %. Und Heu hat dann das Minimum an Wasser mit so 88 % TS.
Wenn eine Kuh 10 kg frisches Gras frisst sind 1,8 kg Trockenmasse. Frischmasse mal Trockensubstanz ist Trockenmasse. FM x TS = TM. 10 kg Anwelksilage sind dann irgendwo im Bereich 2,5- 5 kg TM, 10 kg Heu 8,8 kg TM. Entsprechend unterschiedlich ist der Nährwert.

Aber das Wasser ist trotzdem immer dabei, auch wenn man es rausrechnet für die Rationsberechnung. Und der Futtermischwagen wird in Frischmasse beladen. Daher muss die in Trockenmasse berechnete Ration in Frischmasse umgerechnet werden. Bei den Kraftfutterkomponenten ist es relativ konstant, die liegen alle so zwischen 86 und 91 % TS. Die Silagen schwanken aber recht stark, abhängig von Silo zu Silo, bei Gras ob es im Hochsommer geerntet wurde oder Ende Oktober usw. Daher sollte man regelmäßig die aktuelle Trockensubstanz bestimmen um die Ration nach Frischmasse anpassen, dass die Trockenmasse gleich bleibt und die Kühe ihre gewohnte Mischung bekommen.
Eine Ausnahme ist der Nahinfrarot-Sensor (NIR) von Dinamica Generale, wie es ihn bei Siloking gibt: Dieser bestimmt in der abgefrästen Silage die Trockensubstanz und kann dann nach der Trockenmasse beladen.

Um die Konstanz in die Fütterung zu bekommen habe ich 2014 begonnen die Trockensubstanz zu bestimmen und die Rationen dann in der Frischmasse anzupassen. Zunächst mit dem Koster-Tester (siehe Post vom 02.07.2014). Den gibt es seit den 1940ern und wird seit 75 Jahren scheinbar unverändert gebaut; der ist extrem amerikanisch-primitiv. Anfang 2018 hatte der einen kapitalen Schaden an der Heizspirale und ich bin auf einen Drogestof Tester von Bakhuis umgestiegen (siehe Post vom 02.04.2018).

Zusammenfassung:
Trockenmasse + Wasser = Frischmasse
Trockensubstanz + Wassergehalt = 100 %
In Trockenmasse wird gerechnet und verdaut, in Frischmasse gefüttert und gefressen.

Die grobe Richtung hat man irgendwann im Handgefühl, hier schätzte ich es "über 40 %" ein, waren dann 45,2 %:

Benjamin



Dienstag, 18. Mai 2021

Hausbau - Teil 3

Was so zur Zeit in der alten Heimat los ist. Der Hausbau schreitet mehr oder minder schnell voran, gerade ist aber Zwangsstopp wegen fehlendem Material.

Vorletzte Woche ging es aber sehr schnell, sodass ich jetzt noch paar Fotos dazwischen schiebe bevor ich wahrscheinlich im Juli wieder da unten bin und dann der Rohbau schon fertig sein fürfte. Geht alles viel schneller als beim Stallbau. An einem Stall mag nicht viel dran sein, aber der ist halt viel größer.

27. April, die Gründung am rechten Bildrand ist fertig und es werden Leitungen gelegt:


 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

4. Mai, Betonieren der Bodenplatte:


 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

5. Mai, gleich am nächsten Tag begannen die Maurerarbeiten:

Benjamin


 


Samstag, 15. Mai 2021

Anatomie Verdauungstrakt

 
Als Grundlegendes zur Fütterung geht es um das Verdauungssystem der Rinder. Die Wiederkäuer besetzen mit ihrem Vormagensystem eine ökologische Nische, denn in Symbiose mit den Mikroben im Pansen können sie Pflanzen verdauen, die die Monogastrier mit nur einem Magen nicht verdauen können. Die Vormägen Pansen, Netzmagen und Blättermagen sind dem eigentlichen Magen vorgelagert, danach ist es anatomisch gleich; wie mein Tierernährungsprof immer sagte: "Ab dem Labmagen ist die Kuh ein Schwein".
 
Meine behelfsmäßige Skizze, nicht maßstabsgetreu, die Längenverhältnisse stimmen gar nicht. Der rote Strich soll verdeutlichen, dass der Darm eigentlich nach hinten weiter geht:
 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Die einzelnen Abschnitte mit ihren lateinischen Namen kursiv geschrieben. Die deutschen Begriffe kenne ich nicht alle...
1. Speiseröhre Oesophagus; bei den Wiederkäuern ganz regulär im Zweirichtungsbetrieb. Zum Wiederkauen siehe Post vom 02.05.2014.
2. Pansen Rumen; die große Gärkammer mit den Pansenmikroben die die Nahrung großteils abbauen. Viele Nährstoffe werden direkt über die Pansenwand schon aufgenommen. Im Pansen gibt es unten eine flüssige Phase, darauf eine schwimmende Fasermatte und oben die Gasphase, die regelmäßig abgerülpst wird (Ruktus). Durch die Pansenkontraktionen wird der gesamte Inhalt regelmäßig durchmischt.
3. Netzmagen Reticulum, auch Haube. Hat eine Siebfunktion, längere Partikel werden zum Wiederkauen hochgewürgt, kürzere gehen in den Blättermagen weiter.
4. Blättermagen Omasum; entzieht der Nahrung Wasser
5. Labmagen Abomasum; der eigentliche Magen, in dem wie bei den Monogastriern die enzymatische Verdauung beginnt. Beim Kalb findet hier die Dicklegung der Milch mit dem Lab statt, es macht quasi seinen eigenen Käse. Wenn erwachsene Rinder Milch saufen (Nuckler) wird die schon im Pansen verdaut. Der Labmagen kann sich auch innerhalb der Bauchhöhle verlagern: Siehe Posts vom 10.11.2019, 14.11.2019, 18.11.2019 und 21.11.2019.
6. Zwölffingerdarm Duodenum; erster Abschnitt des Dünndarms, beim Rind schon länger als zwölf Fingerbreit. Hier geht die enzymatische Verdauung weiter und es kommt auch Galle dazu.
7. Jejunum, zweiter Abschnitt des Dünndarms in dem Nährstoffe absorbiert werden.
8. Ileum, dritter Abschnitt des Dünndarms in dem auch Nährstoffe absorbiert werden.
9. Blinddarm Caecum; erster Abschnitt des Dickdarms, hier findet die Dickdarmfermentation der noch vorhandenen Faserstoffe statt. Bei Rindern nicht so bedeutet im Gegensatz zu Pferdeartige, wo ohne Pansen die gesamte Faserverdauung hier stattfindet.
10. Colon; zweiter Abschnitt des Dickdarms, hier werden noch mal Wasser und Mineralien zurückgewonnen.
11. Enddarm Rectum; letzter Abschnitt des Dickdarms, der den Kot zwischenspeichert und eigentlich immer was drin ist.
 
Benjamin

Mittwoch, 12. Mai 2021

N/P-reduzierte Fütterung

 
Jetzt gibt es den ersten Post der Fütterungsserie mit "richtigem" Inhalt. Bisschen außerhalb der geplanten Reihenfolge, aber gerade aktuell.
Heute habe ich an einer Online-Veranstaltung der Phönix-Group zur Stickstoff- und Phosphor-Reduzierten Fütterung teilgenommen. Dabei geht es darum, die Menge der Stickstoff- und Phosphorausscheidung über die Gülle zu verringern. 
Mein erster Gedanke dazu war, warum die Phönix-Group dazu was veranstaltet, denkt man doch sofort an die viehstarkern Regionen Elbe-Weser-Dreieck, Oldenburger Münsterland und Emsland, aber zur RUW gehört auch Nordrhein-Westfalen mit dem Niederrhein und dem Münsterland, die auch hohe Nährstoffüberschüsse haben.
Sind bei uns im Nordosten die allermeisten Betriebe (weit) unter 1 Großvieheinheit pro ha, ist dort eher über 2 üblich. Dann kommt die Nährstoffe aus der Gülledüngung über die gesetzlich erlaubten Grenzen. Der Weg ist dann die Nährstoffe in der Gülle über die Fütterung zu reduzieren und den Rest was die Pflanzen brauchen als mineralischen Dünger zu geben. So ist das halt in Deutschland...
Das Thema ist aber nicht neu. 2008 gab es schon auf meinem Stammbetrieb LVAV Hofgut Neumühle im Verwaltungsgebäude ein Schaubild zur stickstoffreduzierten Fütterung. Und Anfang 2018 haben wir in Boberow auf Mineralfutter mit weniger Phosphor umgestellt, denn nach einem Jahr rumprobieren für die GVO-frei (zertifizierte) Fütterung mit pansenstabilem Rapsschrot, Lupinen ist es zum Schluss weiterhin noch etwas gvo-frei-zertifiziertes Soja und vor allem deutlich mehr Rapsschrot gewesen. Wobei Rapsschrot recht viel Phosphor enthält und man daher nicht mehr so viel über das Mineralfutter zuführen braucht.
 
Dr. Göres von der Firma Sano referierte über die Möglichkeiten zur Reduktion der N- und P-Ausscheidungen über die Rationsgestaltung.
 
Beim Stickstoff ging um das CNCPS-Modell zur Rationsberechnung. Das ist das amerikanische Verfahren und 2017 nach Deutschland geschwappt und wird von einem Teil der Betriebe genutzt. Die Erfahrungen die man darüber hört reichen von keinen Unterschieden in der Zusammensetzung der damit errechneten Rationen bis zu einigen kg Mehrleistungen an Milch. Ich habe micht damit nicht tiefergehend beschäftigt und weiß bloß, dass Faser und Eiweiß in verschieden schnell abbaubare Fraktionen eingeteilt werden. Das ist die Umsetzung der Pansensynchronisation von Kohlenhydrat- und Eiweißabbau.
Ziel ist es dabei das unabbaubare Protein und für das gerade nicht passend Energie verfügbar ist und dann beides hinten wieder ausgeschieden wird zu reduzieren. 
Ein wichtiger Baustein dabei, der mir gar nicht bewusst war, ist die Faserverdaulichkeit, da ein erheblicher Teil des Proteins an der Faser gebunden ist. Dass in Grundfutter mit hoch verdaulicher Faser auch mehr Protein verdaut werden kann und so zur Verfügung steht und nicht über Kraftfutter bereitgestellt werden muss. 
Zur weiteren Reduktion von Protein können die Aminosäuren die zuerst limitierend wirken zugesetzt werden. Statt alle Aminosäuren über das Futterprotein in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen wird weniger Protein gefüttert und die Aminosäuren die fehlen im Mineralfutter zugesetzt
Das ganze Modell ermöglicht über die Berechnung der einzelnen Stickstoffströme im Stoffwechsel die Vorhersage der Stickstoffausscheidung in Kot und Harn und besonders interessant des Harnstoffgehalts in der Milch, der für mich über die Milchbeprobung das wichtigste Controlling-Instrument für die Fütterung ist.

Zum Phosphor gab es nicht so viel. Die Phosphorverwertbarkeit ist bei den Wiederkäuern sehr hoch, da im Pansen viele Phytasen vorhanden sind, die den Phosphor aus dem Futter freisetzen.
Auch hier wurde der mir bekannte Weg genannt den nach den Grund- und Kraftfuttermitteln noch bestehenden Bedarf an Phosphor über das Mineralfutter dann einzustellen. Mit der Berechnung des genauen Proteinabbaus im Pansen und die Nutzung des Aminosäurezusatzes kann die Fütterung von Rapsschrot ein gutes Stück heruntergefahren werden und dann sinkt damit auch die Phosphorausscheidung.

Benjamin

Sonntag, 9. Mai 2021

Rapsblüte 2021

Lieber spät als nie. Heute gibt es das traditionelle Foto zur Rapsblüte. 

Nach dem langen, kalten Winter ist die Vegetation geschätzte zwei Wochen hintendran. Der April ist gefühlt ausgefallen, in vielen Nächten gab es Frost. Die Rapsblüte ist üblicherweise in den letzten Apriltagen, dieses Jahr geht es eher Richtung Mitte Mai.

Aufgenommen am gestrigen Samstag, sind noch paar Tage bis zu Vollblüte.

Benjamin

 



Donnerstag, 6. Mai 2021

Start Fütterungsserie

Heute beginnt die große Fütterungsserie im Kuhblog.

Dieser Post ist nur eine Übersicht und eine Art Inhaltsverzeichnis für die weitere Serie, der dann dynamisch an die Entwicklung angepasst und in jedem folgenden Post rückverlinkt wird.

Wie so mancher Posts ist die Idee aus irgendeiner Erläuterung für meine Lehrlinge entstanden wo ich mir danach dachte: Das wäre doch auch mal was für den Kuhblog! Im Fokus mehr den Teil der Leserschaft, der mit der Rinderfütterung nicht tagtäglich zu tun hat. Über Monate im Hinterkopf hat sich das immer weiter ausgedehnt bis hin zu einer ganzen Serie.

Fütterungsthemen die schon mal im Kuhblog vorkamen:

Futteraufnahme ("Wie viel frisst eine Kuh"): Posts vom 10.12.2015; 08.09.2019 und 30.01.2020
Energieaufnahme: Post vom 03.02.2020
Wasserzusatz/Kompakt-TMR: Posts vom 23.02.2017, 27.02.2017, 04.03.2017 und 16.08.2018
 
Was ich jetzt für die kommende Zeit geplant habe:
Anatomie des Verdauungssystems Post vom 15.05.2021
Stickstoff/Phosphorreduzierte Fütterung Post vom 18.05.2021
Trockensubstanz/Trockenmasse Post vom 21.05.2021
Abkürzungen Post vom 24.05.2021
Proteinverdauung im Pansen Post vom 04.06.2021
Ruminale Stickstoffbilanz (RNB) Post vom 13.06.2021 
Pansensynchronisation Post vom 22.06.2021
Milchharnstoff Post vom 05.07.2021
Kohlenhydrate und Fasern Post vom 20.07.2021
Fettsäuren im Pansen Post vom 23.07.2021
Methanbildung Post vom 13.08.2021
Einteilung Futtermittel Post vom 25.08.2021
Futterkonservierung Post vom 19.09.2021
Anwelksilage Post vom 20.10.2021
Maissilage, GPS Post vom 01.11.2021
Stroh und Heu Post vom 04.11.2021
energiereiches Kraftfutter Post vom 22.11.2021
proteinreiches Kraftfutter Post vom 29.11.2021
restliche Futtermittel Post vom 22.12.2021
Wachstum steuern Post vom 23.06.2022
DDR-Futterbewertungssystem Post vom 25.07.2022 

Habt ihr weitere Themenvorschläge zur Fütterung? Dann schreibt einen Kommentar oder eine E-Mail an kuhblog(at)gmail.com.

Benjamin

Montag, 3. Mai 2021

Über Tierwohl

Vorletzte Woche nahm ich an einer Online-Veranstaltung zum Thema Tierwohl des Netzwerks Fokus Tierwohl teil. Das Institut für Tierproduktion der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LFA) ist dabei für Mecklenburg-Vorpommern zuständig. Dummerstorf liegt normalerweise außerhalb meines Aktionsradius, deshalb sind die Online-Veranstaltungen für mich ein Vorteil und man kriegt auch wieder fachlichen Input, der ist ja seit mittlerweile mehr als einem Jahr ohne Präsenzveranstaltungen ziemlich auf der Strecke geblieben. Das hat sich aber in den letzten Monaten durch ein verstärktes Umschwenken in den digitalen Bereich verbessert.
Bisher war ich bei Online-Veranstaltungen der LFA nicht dabei gewesen weil die an ihrer gewohnten Uhrzeit um 09:30 festgehalten hatten, diesmal war es erst um 14:30, trotzdem für mich bisschen zu knapp für einen rechtzeitigen Feierabend, sodass ich den ersten Vortrag dann doch verpasst habe.
 
Tierwohl ist einer der arg überstrapazierten Schlagworte der letzten Jahre und wird von Politik, Handel und Medien als Universal-Heilmittel für alle möglichen Probleme präsentiert. Das geht teilweise in die blödsinnigsten Richtungen, wie dass eine Fütterung ohne Soja als Tierwohl beworben wird.
 
Das war dann natürlich auf einem ganz anderen Niveau. Den ersten Vortrag hatte ich wie schon geschrieben verpasst...
Der 2. Vortrag war von Fr. Harms, der Ökonomin des Insituts für Tierproduktion zu "Was kostet Tierwohl". Einen ähnlichen Artikel hatte sich schon einmal in der Bauernzeitung geschrieben (Ausgabe weiß ich nicht mehr).
Dabei wurden die Mehrkosten für diverse Maßnahmen zur Steigerung des Tierwohls berechnet und wieviel Mehrleistung an Milch pro Jahr nötig ist oder eine Verlängerung der Nutzungsdauer, dass es wirtschaftlich ist. Mit Mehrleistung an Milch amortisiert es sich schneller als mit längerer Nutzungsdauer, denn bei der höheren Milchleistung muss nur das zusätzliche Futter bezahlt werden, was die Hälfte der Kosten ausmacht und mit der anderen Hälfte kann das zusätzliche Tierwohl abbezahlt werden. Bei der längeren Nutzungsdauer muss alles bezahlt werden außer die schon bezahlten Nachzuchtkosten, aber die machen nur rund ein Sechstel der Produktionskosten aus. Daher ist es leichter über höhere Milchleistung das mehr an Tierwohl zu bezahlen als nur über längere Nutzungsdauer, weil wenn man die einzelnen Maßnahmen zusammenzählt ist man schnell Richtung einem Jahr mehr Nutzungsdauer unterwegs und das ist schon ambitioniert.
Einmal ging es um bauliche Maßnahmen zur Tiergerechtigkeit, um den Kühen mehr Platz zu geben ihre Ausweichdistanz untereinander einzuhalten: Breitere Laufgänge, mehr Fressplätze, Auslauf usw.
Dann zum Wohlergehen wie die Überdachung von Kälberiglus für besseres Klima, Resuzierung von Hitzestress oder die Arbeit mit dem BCS für eine Bedarfsgerechtere Energieversorung, was das Wirtschaftlichste überhaupt ist.
Wohlbefinden wie Kuhbürsten, dem Symbol schlechthin für Kuhkomfort.
Sowie Gratiseffekte auf das Tierwohl, z.B. durch die verlängerte Laktation mit der verringerten Krankheitshäufigkeit durch seltenere Frühlaktationen.

Zusammenfassend, dass Tierwohl Geld kostet, aber oft aus gratis gibt z.B. durch intesivierte Tierbeobachtung und finden von Stellschrauben. Das Management und der Umgang mit den Tieren hat den größten Einfluss und Umweltauflagen sind teilweise sehr kontraproduktiv, z.B. Emissionen bei Ausläufen.

Der 3. Vortrag war von Fr. Jahnel vom FBN Dummerstorf, die nebenberufllich noch auf einem Milchviehbetrieb bei Rostock arbeitet, würde das mal als ihr "Stammbetrieb" bezeichnen.
Es ging um die praktische Umsetzung von Tierwohl in der Kälberhaltung.
Erstmal die Reduktion der Kälber auf die nur benötigte Anzahl, bei 26 % Reproduktionsrate ergibt sich pro Kalb mehr Platz und eine bessere Betreuung.
Die Trockensteher sind für eine gute Vorbereitung der Kalbung großzügig untergebracht, mit Trennung von Färsen und Erstlaktierenden von den älteren Kühen. Dann noch für die Sanierung Paratuberkulose-positive separat. Mit der Anschaffung des Coloquick-Systems wurde die Kolostrumversorgung deutlisch verbessert.

Als Erfolgsfaktoren zur Steigerung des Aufzuchterfolgs und des Tierwohls der Kälber wurden benannt:
- Regelmäßige Messung und Auswertung von Parametern. So wurde mit ForFarmers zusammen die Tränkephase Schritt für Schritt optimiert um Einbrüche durch Futterumstellungen u.ä. zu reduzieren.
- Ad libitum-Tränke für hohe Lebenstagszunahmen und stabile Gesundheit
- Stressreduktion für Kälber und Mitarbeiter durch strikte Arbeitspläne und -strukturen. So sind im Kälberstall überall Spickzettel für die Arbeitsanweisungen angebracht, dass es in gleichbleibender Qualität gemacht wird.
- Kommunikation; so werden die Abkalbungen mit WhatsApp "vordokumentiert", dass alle Beteiligten auf dem aktuellen Stand sind und nichts vergessen wird.
- Fortbildung intern wie extern und die Bereitschaft neue Wege zu gehen.

Die Vorträge haben verdeutlicht, dass es vor allem kleine Dinge sind die das Tierwohl ausmachen und die Kuhsignale einem zeigen wo angesetzt werden muss.

Benjamin