Sonntag, 30. Juni 2019

Kälber-Trocken-TMR - Teil 5

Hatte ich damals in meinem ersten Post über die Kälber-Trocken-TMR geschrieben, dass ich die Zusammensetzung nicht mehr weiß, so hat sich daran nichts geändert.
Woran ich mich erinnern kann: Sowohl Versuchs- als auch Kontrollgruppe bekamen am Tränkeautomat eine in der damaligen Zeit absolut übliche Tränkemenge: Maximal 6 Liter und für die gesamte Tränkeperiode pro Kalb 32 kg Milchpulver veranschlagt; heute braucht es bei der intensiven Tränke das zweieinhalbfache. Die Kontrollgruppe bekam in getrennter Vorlage dazu Wiesenheu, Kälberkorn (wofür sie am Kraftfutterautomat angelernt werden mussten) und Maissilage, wofür wir immer die feuchtere vom Silorand nahmen weil die bei der zweitägigen Vorlage im Trog stark nachtrocknete. Die Versuchsgruppe bekam die Trocken-TMR. Hieß „Riswicker Mischung“, weil auf Haus Riswick in Kleve am Niederrhein entwickelt. Enthalten waren unter anderem Luzerneheu, Leinextraktionsschrot und ganze Maiskörner. Leinextraktionsschrot weil Lein allgemein einen positiven Einfluss auf die Verdauung hat. Die ganzen Maiskörner sind eine Besonderheit in der Kälberfütterung. Normalerweise können Rinder ganze Maiskörner nicht verdauen, weil die Pansenmikroben die harte Schale nicht schnell genug aufschließen können. Daher ist es so wichtig, dass beim Maishäckseln der Corncracker die Körner viertelt oder noch stärker zerkleinert. Bei kleinen Kälber ist der Übergang vom Pansen zum Blättermagen aber noch sehr eng und es passen keine ganzen Maiskörner hindurch; die bleiben dann lange genug im Pansen um verdaut zu werden.

Jetzt habe ich mal die Zusammensetzung der Neumühler Trocken-TMR, die anhand der Ergebnisse aus den Versuchen entwickelt wurde und besser zu den Gegebenheiten der süddeutschen Kuhblog-Leser passen dürfte:

20 % Heu
10 % Körnermais
29 % Weizen und Gerste
15 % Lein- oder Rapsextraktionsschrot
15 % Sojaextraktionsschrot
5 % Melasse
2 % Pflanzenöl
4 % Mineralfutter

Die Variante mit Rapsextraktionsschrot deshalb, weil Leinextraktionsschrot ein nicht so gängiges Futtermittel ist und daher schwerer zu bekommen.

Benjamin

Donnerstag, 27. Juni 2019

Neumühle 2/2019 - Teil 2

Braunies Familie ist endlich wieder gewachsen! Ihre Enkelin Mai (2.) hat am 12. April zum dritten Mal gekalbt und es war ein Kuhkalb.
Mai selber liegt bei einer aktuellen Leistung von 53 kg, das ist ein gutes Stück unter den 65 kg ihre Mutter Mai (1.) (siehe Post vom 03.01.2016), das war aber in der vierten Laktation und mit niedrigeren Inhaltsstoffen. Müsste das mal energiekorrigiert vergleichen:




















Das Kalb von Mai (2). - Enkelin von Mai (1.), Urenkelin von Braunie, Ururenkelin von Leonie - heißt Matilda. Im Gegensatz zu ihren Vorfahren hat sie gleich als Kalb schon einen Namen bekommen. Sie ist im Kälberstall in der Gruppe am Tränkeautomaten.
Auch wenn sie schwarz-weiß ist und nicht braun-weiß sieht sie doch Braunie in dem Alter ähnlich: Von der schmalen Statur her, der Blesse und auch dem kleinen weißen Punkt auf der Nase:





















Dieser Post ist auch etwas Besonderes: Es ist der erste im siebten Jahr des Kuhblogs. Gestern vor sechs Jahren startete der Kuhblog; so lange bin ich nun schon hier oben in Brandenburg.

Benjamin

Dienstag, 25. Juni 2019

Neumühle 2/2019 - Teil 1

Auch wenn ich am vorletzten Wochenende nur kurz in der alten Heimat war Sonntagsfrüh zum Melken auf meinen Stammbetrieb Hofgut Neumühle musste aber trotzdem sein.

Momentan wird der 2. Schnitt von 2018 gefüttert und die Leistung liegt bei 36 kg mit 4,1 % Fett und 3,4 % Eiweiß. Seit einiger Zeit (könnten zwei Jahre sein) machen sie wöchentlich Milchkontrolle, dass nicht ständig zwischen wöchentlich bei den Versuchen und monatlich dazwischen gewechselt werden muss.

Die Färsengruppe wurde aufgelöst, weil für den aktuellen Versuch vom Versuchsdesign her die Gruppen der nicht am Versuch beteiligten Kühe nur ohne Färsengruppe passend aufgeteilt werden konnten. Der Färsengruppe trauern sie schon nach, die Färsen wären dadurch so ruhig gewesen. Das ist das genaue Gegenteil von dem was ich schon von einigen Betrieben gehört habe, die extra keine Färsengruppe habe, dass in gemischten Gruppen die alten Kühe Ruhe reinbringen.
Jetzt habe ich wieder dauernd Färsen geschrieben. Es sind natürlich Kühe in der ersten Laktation gemeint und mit den alten Kühe Mehrkalbskühe... Präzise und fachlich korrekte Ausdrucksweise bitte!

Im Melkstand wurde an zwei Plätzen andere Melkarme eingebaut. Auf der Fischgrätenseite (Challenger 45) sind die Plätze mit den PosiCare-Armen ausgestattet, die 2009 das Modernste und Aufwändigste von Westfalia waren. Nach fast zehn Jahren - der Melkstand ging im August 2009 in Betrieb - sind die Richter vom Landesmelkwettbewerb damit unzufrieden und es wurden nun probehalber zwei andere Arme zum Ausprobieren für die Melker eingebaut.
Einmal der klassische Melkarm, ob der einen Typennamen hat weiß ich gar nicht, mit dem ich auch damals im alten Neumühler Melkstand Melken gelernt habe (vgl. Post vom 28.04.2018).
Und dann der Arm PosiMax, das aktuell modernste Modell von GEA und einfacher gehalten als der PosiCare ohne automatische Enlastung.

Mit dem PosiCare konnte ich mich nie richtig anfreunden, das Melkzeug ist falschrum angebaut für das Backflush, dass die Becher dann zum Spülen nach unten zeigen. Man muss es also erst einmal umdrehen und mit den ganzen Gelenken im Arm hat man es auch nicht so flexibel in der Hand wie beim klassischen Arm. Das dürfte aber eine reine Routinesache sein; schließlich habe ich damit in den10 Jahren vielleicht so 1000 Kühe angesetzt. Die  Vorteile der automatischen Höhenführung und die gute Ausrichtung des Melkzeugs hatte ich aber schon früh erkannt.

Vom PosiMax ist die Mannschaft nicht so begeistert; der lässt sich zwar auch recht gut einstellen, aber das wären ergonomisch ungünstige Handgriffe und oft auch direkt im Gefahrenbereich unter der Kuh.

Da habe ich gleich ein Foto davon gemacht: Drei verschiedene Melkarme in einem Melkstand. Links der klassische Melkarm, in der Mitte der PosiMax und rechts der PosiCare:





















Bei meiner Runde durch den Stall habe ich auch Kanada getroffen. Mit 15 Jahren die älteste Kuh auf Neumühle, die erste 100.000er der Herde (siehe Post vom 10.04.2019) und sowohl die letzte Kuh, die zu meiner Praktikantenzeit 2008 als auch die letzte, die bei meiner Bachelorarbeit 2010/11 dabei war. Und vor allem ich habe sie nur an ihrer Halsbandnummer erkannt, so gut sieht sie nämlich für ihr Alter aus, sie fällt zwischen den ganzen anderen Kühen die nicht mal halb so alt sind gar nicht auf:





















Fortsetzung folgt!

Benjamin

Sonntag, 23. Juni 2019

Traubenblüte

Im Kuhblog mal was mit so wenig Kuhbezug wie kaum woanders in Deutschland möglich: Am letzten Wochenende war ich für einen Kurzaufenthalt in der alten Heimat.
Rheinhessen ist das Land der Reben und Rüben und so gut wie keine Kühe: Auf 1.200 km² und 600.000 Einwohner kommen 1.850 Rinder, Milchkühe dürften es keine 300 sein.

Der Wonnegau, dem südlichen Teil Rheinhessens, mit seinen kalkreichen und tiegründigen Lößböden ist bei dem warmen (11 °C Jahresschnitt) und sonnigen (> 2.000 h) Klima prädestiniert als Weinanbaugebiet. Dazu das flache Terrain, das einen hohen Mechanisierungsgrad erlaubt.

Zur Zeit blühen die Reben, was im Gegensatz zu Obstbäumen sehr unscheinbar ist, da sie sich selbst bestäuben. Als Faustzahl sagt man, dass 100 Tage nach der Blüte die Weinlese stattfindet. Was dann in der letzten Septemberwoche wäre; sie dauert aber länger als eine Woche, es gibt größere Sortenunterschiede und natürlich den Einfluss des Wetters.

Und ein Blick über das Oberrheintal mit vielen hundert Hektar Weinberge. In ungefähr zehn Kilometer Entfernung verläuft der Rhein und am Horizont in so 30 km kann man schwach den Odenwald erkennen:

Benjamin

 

Dienstag, 18. Juni 2019

Nachtrag zur Klauenamputation

Im Post über die Klauenamputation (siehe 09.02.2019) hatte ich geschrieben, dass es dazu noch einen Nachtrag geben wird. 

Und da ich die Kollegin aus Damsdorf auf der Testherdentagung getroffen habe jetzt also der Nachtrag: Die Kuh hat die Amputation gut weggesteckt und es bis zur Kalbung geschafft, was ja auch der Grund und das Ziel gewesen war.

Die Kuh kam doch nicht wie geplant in die Tierklinik nach Leipzig, weil dort nicht garantiert werden konnte, dass sie Biofutter bekommt. Die ökologische Landwirtschaft ist halt vor allem eine Zertifizierungssache. Sie wurde dann daheim nachversorgt.

Benjamin

Sonntag, 16. Juni 2019

Nach Bevern - Teil 2

Wichtigster Punkt beim Besuch bei der Benninghoff Milch-Energie war die Zucht, denn der Betrieb war einer oder auch der erste überhaupt in dieser Größenordnung, der beim Start des Projektes KuhVision 2016 gleich voll auf die Herdentypisierung setzte. (vgl. Post vom 04.10.2016). Jetzt sind die ersten der typisierten Kälber schon einige Zeit als erstlaktierende Kühe in Milch und die Vorteile der genomischen Selektion auf der weiblichen Seite bestätigen sich eindrucksvoll.
So ist der Leistungsunterschied zwischen den besten und schlechteren Jungkühen nach Milchzuchtwert (RZM) um die 2.500 kg und die Färsen die nur schwer oder sogar nicht tragend wurden befanden sich nach RZR (Zuchtwert Reproduktion) auf den hinteren Plätzen.

Diese Erfahrungen sind für die Zuchtorganisationen natürlich wichtig; vor allem für die Werbung, denn die genomische Typisierung mit der zugehörigen Datenerfassung bringt weiterhin die Grundlage für die Zuchtwertschätzung und den angestrebten Weiterentwicklungen.
Für mich alles keine Frage, bin ich doch schon im genomischen Zeitalter züchterisch "groß geworden" bin, aber das gilt es daheim durchzusetzen...

Nach der genomischen Selektion werden bei Benninghoffs die Anpaarungen gemacht. Der bessere Teil mit Holstein, die anderen mit Angus oder bei den Färsen auch als Embryoträger. Mit Embryotransfer wird sehr viel gearbeitet, über ein Dutzend Färsen des Betriebs stehen auf der Station in Nückel, die meisten für das NOG-Zuchtprogramm, einige auf Pensionsbasis. Die Übertragungen sollen in Zukunft dann vom betriebseigenen Besamungstechniker übernommen werden.
Die eingesetzten Bullen sind zu 95% genomische Jungbullen und zu 90% von den Verbänden der Nordost-Genetik. Auswahlkriterium sind hohe Zuchtwerte, Dinge wie Hornlosigkeit oder A2-Casein spielen keine Rolle, weil das zu große Kompromisse bedeuten würde. Bei den Mastanpaarungen wird auf Angus gesetzt wegen der Leichtkalbigkeit. Mit Weißblauen Belgiern hat man nicht so gute Erfahrungen gemacht, zwar gab es nicht mehr Schwergeburten aber die Kühe waren mehr von dem Kalbungen mitgenommen. Und da sind die Kühe wichtiger als der Kälbererlös.

Ursprünglich hatten die Kühe Halsbänder mit Aktivitätsmessern zur Brunsterkennung (Boumatic hat die von Nedap). Wie die am Ende ihrer Lebensdauer angekommen waren wurde die technische Brunsterkennung aufgegeben und auf Tailchalk umgestellt. Von dem täglichen Schwänze anmalen und kontrollieren sind die Kühe sehr ruhig und neugierig und entsprechend schwer zu fotografieren, daher nur diese mäßige Foto.
Die Lebensdauer der Sensoren ist damit vergleichbar mit der der Wackel-Halsbänder von DeLaval, bei denen in Boberow nach 10 Jahren die Batterien leer waren und ich Ende letzten/Anfang diesen Jahres den Zeit- und kostenintensiven Wechel machen musste (vgl. Post vom 13.01.2019).

Familie Benninghoff machte dann eine komplette Umrüstung auf das System von Cowmanager. Das sah ich jetzt erstmals in der Praxis; zuvor wusste ich nur dass es ein ohrmarkenbasiertes System aus den Niederlanden ist und vollständig mit Herde Plus gekoppelt werden kann. Mit dem System ist man sehr zufrieden, neben der Brunsterkennung auch die Gesundheitsüberwachung. Krankheiten werden früher erkannt als durch die Milchmengenmessung oder klassische Tierkontrolle; so auch Euterentzündungen und Ketose, dass man das Ketosemessen in der Frischsbkalberbetreuung aufgegeben hat.
Die rote Ohrmarke im linken Ohr ist der Sensor von Cowmanager, daneben die Transponderohrmarke für die Tiererkennung im Melkstand (Antenne umgerüstet). Da Niedersachsen eines von wenigen (oder das einzige) Bundesland ist die Transponder zur Identifikation von Rindern erlauben ersetzt der Transponder das Vorderteil der normalen Lebendohrmarke. Zudem ist der personalisiert und hat die jeweilige Ohrmarkennummer draufstehen.
Im rechten Ohr die normale Ohrmarke, die weiße Ohrmarke von der KuhVision-Stanze und ein große Ohrmarke mit der Stallnummer als Ersatz für das Halsband:





















Eine sehr interessante Besichtigung, vor allem da es durch die ähnliche Größe auch ähnliche Themen zu diskutieren gab.

Weitere Informationen unter: https://benninghoff-milchenergie.de/

Benjamin

Freitag, 14. Juni 2019

Nach Bevern - Teil 1

Zweiter Teil des Exkursionsprogramms bei der Testherdentagung war der Besuch bei der Benninghoff Milch-Energie in Bevern.
Ein großer Name: Mit mehr als 1.000 Kühen und mit über 12.000 kg Jahresleistung einer der größten und besten Betriebe in Niedersachsen.
2005 hatte der Betrieb gerade mal 80 Kühe und ist seitdem stetig gewachsen. Aus dem Nordwesten hört man oft, dass solch rasant gewachsenen Betriebe scheitern, weil das Management und die ganze Organisation nicht mitwächst. Familie Benninghoff ist dafür das krasse Gegenbeispiel, da ist das Management schneller gewachsen als die Herde und hat neben der Expansion auch das außerordentlich hohe Niveau ermöglicht.
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Das Melkhaus und ein Stall sind der älteste Teil der Anlage, gebaut 2005. Gerade mal zwei Jahren jünger als das alte Melkkarussell und der große Stall in Pinnow, aber gefühlt zwei Generationen moderner und vor allem immer noch zeitgemäß.
Der Melkstand ist ein Doppel-16er-Fischgräte mit Schnellaustrieb von Boumatic (Xcalibur) auf dem mit zwei Melkern und einem Treiber zum Küheholen pro Schicht in der Stunde 160 Kühe gemolken werden. Eine immense Durchsatzleistung, die in der Größenordnung von Doppel-24er-Side-by-Side oder 40er Melkkarussellen liegt.
Hier gerade beim Trockenstellen zu Schichtende:





















In Verlängerung des Melkhauses ist der Stall der frisch abgekalbten Kühe. Zweiflächenbuchten mit Tiefstreu im Liegebereich und planbefestigtem Fressgang mit Fressfanggittern für die Arbeit an der Kuh (Frischabkalberkontrolle etc.). Auf der anderen Seite ist ein Treibgang, über den die Kühe einfach ein- und ausgestallt werden können. Auf der Kuh im Vordergrund sieht man die für jeden deutliche Markierung mit dem Abkalbedatum; 18 = 18. Mai (Foto vom 22. Mai). Was mir vor Ort gar nicht so deutlich aufgefallen war sondern erst beim Durchklicken der Fotos: Die vielen Lüfter in den Ställen. Wo wir wieder beim Thema Hitzestress sind. Auf diesem Leistungsniveau ist eine Kühlung der Kühe unabdingbar bzw. andersrum auch nur mit Kühlung zu erreichen, dass sie den Sommer ohne Einbrüche mit Milchgeben "durchziehen":






















Der eigentliche Abkalbestall ist recht überschaubar. Es wird mit der amerikanischen Just-in-Time-Abkalbung gearbeitet; die Kühe der Transitgruppe sind in einem normalen Liegeboxenstall und werden erst wenn die Fruchtblase zu sehen ist in den Abkalbestall gebracht. Mit den drei Melkschichten und der 24 h besetzten Anlage kann die dafür nötige engmaschige Kontrolle der Transitkühe geleistet werden.
Als Besonderheit ist der Stall mit Sonnenblumenschalen eingestreut die extrem saugfähig sind, neben dem Glattharken nach den Kalbungen wird der Stall nur alle sechs Wochen ausgemistet und wieder neu eingestreut:






















Der jüngste der Ställe für die "normal" melkenden Kühe ist als Doppel-Zweireiher ausgeführt. Gegenüber den dreireihigen Ställen ist bei gleicher Futteraufnahme - die für das Management konsequent bestimmt wird - die Milchleistung um knapp vier Liter höher. In dem Stall sind keine speziellen Kühe/Laktationsstadien, die kommen in die Gruppen in denen gerade Plätze frei sind. Ich vermute, dass die höhere Leistung durch eine bessere Futtereffizienz bedingt ist wenn die Kühe beim geringeren "Verkehr" im zweireihigen Stall sich schneller hinlegen und mehr wiederkauen. Die Laufgänge werden dreimal täglich wenn die Kühe zum Melken sind mit dem Hoflader abgeschoben, das erspart Probleme mit den Schiebern:




















Fortsetzung folgt!

Benjamin 

Dienstag, 11. Juni 2019

Nach Nückel - Teil 2

In Nückel und drei Außenstandorten stehen gut 1.200 Jungrinder; in Quarantäne, zur Aufzucht, als Empfängertiere und ausschließlich in Nückel gut 300 Spendertiere für Embryotransfer und Ovum-Pick-Up. Die meisten dieser sind im Rahmen des NOG-Zuchtprogramms, wofür Färsen genommen werden die einen Gesamtzuchtwert (RZG) von mindestens 152 (4,3 Standardabweichungen über Mittel) haben. Daneben gibt es auch Pensionstiere, die von ihren Besitzern auf die Station gebracht werden, weil für diese die Embryonen interessant sind, meist sind das solche Färsen die die RZG 152 knapp verpasst haben. Und aktuell ist es eine einzige Kuh. Wurde früher der Embryotransfer für die Zucht hauptsächlich bei Kühen durchgeführt, die aufgrund ihrer hohen Milchleistung ausgewählt worden waren (Bullenmütter) so hat sich seit der Einführung der genomischen Selektion 2010 der Zuchtfortschritt so stark beschleunigt, dass fast nur noch die jüngsten Färsen konkurrenzfähig sind.
Der größte Teil der Färsen sind Holstein, daneben aber auch einige Fleischrinder, darunter auch Wagyus.

Die Kälber kommen kurz nach dem Absetzen schon auf die Außenstandorte, wo sie sehr intensiv aufgezogen werden um zügig das Zuchtgewicht zu erreichen. Dabei liegen die Zunahmen so 200 - 250 g/Tag über den Empfehlungen. Ganz schlüssig bin ich mir nicht wie dabei die Verfettung vermieden wird; weil fette Färsen sah man nicht.

Die Empfängertiere werden als einjährige, besamungsfähige Färsen als normales Zuchtvieh gekauft. Maximal fünf Übertragungen mit Embyronen werden versucht und wenn keine erfolgreich war dann zur Besamung übergegangen und sie gehen später als niedertragende Färsen in den Export. Das wäre aber nur ein kleiner Anteil.

Die Färsen werden in kleinen Gruppen gehalten mit Fressgittern zur Fixierung für die ganzen Arbeiten: Hormonprogramme, zuchthygienische Untersuchungen und Embryonenübertragungen. Zur Brunsterkennung haben Heatime-Halsbänder um:





















Letztes Jahr wurden im größten der Ställe Lüfter und Sprinkler eingebaut um Einbrüche in der Fruchtbarkeit durch Hitze zu vermeiden:





















Aus dem RBB-Gebiet stammend waren einige der Färsen auf die Treibwege gesperrt, unter anderem eine von der Agrargenossenschaft Karstädt, auch zu erkennen an den Einkerbungen an den Ohrmarken zur Markierung des Hornstatus. Das müsste homozygot hornlos sein (PP):

Benjamin




Donnerstag, 6. Juni 2019

Nach Nückel - Teil 1

Der Höhepunkt der Testherdentagung war der Besuch auf der Biotechnologiestation der Masterrind in Nückel. Landläufig Embryotransfer-Station genannt, aber es wird dort auch Ovum Pick-Up (OPU) gemacht, d.h. unbefruchtete Eizellen aus Rindern entnommen.
Die Station gehört zur Masterrind, aber im Rahmen der NOG (Nord-Ost-Genetik) sind dort auch Tiere aus den Gebieten von RSH (Schleswig-Holstein), RinderAllianz (MV und Sachsen-Anhalt) sowie unserer RBB aufgestallt. Aus dem RBB-Gebiet sind es aktuell 29 Färsen.
Insgesamt stammen mehr als 50 % der Besamungsbullen die im NOG-Gebiet gezüchtet werden als Embryo aus Nückel.
Auch aus Pröttlin waren schon mehrmals Färsen in Nückel gewesen, wo ich eher nur am Rande damit zu tun hatte und dann zwischendrin das Verladen im Pröttliner Kälberstall machte.

Zur Geschichte der Station: Dort wurde in den 1970ern als einem von zwei Standorten in Deutschland mit Embryotransfer begonnen. Der andere wäre Neustadt a.d. Aisch (BVN - Besamungverein Neustadt a.d. Aisch; Bayern; für Milch-Fleckvieh) gewesen. Dummerstorf (das heutige FBN) hatten sie da in ihren Ausführungen glatt vergessen, wirkte schon unprofessionell.

Zum Unterschied zwischen Embryotransfer (ET, siehe auch Post vom 07.02.2015) und Ovum Pick-Up: Beim Embryotransfer werden die Eizellen in der Kuh/Färse befruchtet und dann die Embryonen rausgesült und übertragen; beim Ovum Pick-Up werden die Eizellen direkt aus den Eierstöcken entnommen, im Labor befruchtet und dann die entstandenen Embryonen übertragen.

2014/2015 wurden neue Labore und Arbeitsbereiche gebaut, die davor noch aus den Anfangszeiten gestammt hatten.
Für das Ovum Pick-Up gibt es drei Labore, je eines für die Reifung der entnommenen Eizellen, eines für die Befruchtung und eines für die Reifung der Embryonen. Daneben ein weiteres für die Arbeit mit den Embryonen aus Embryotransfer, weil das aus rechtlichen Gründen getrennt sein muss. Sowie noch ein Labor zur Geschlechtsbestimmung und Typisierung. Bei allen Embryonen wird das Geschlecht bestimmt, die weiblichen werden nicht weiter untersucht sondern werden direkt übertragen, von den männlichen wird Zellmaterial entnommen und nach Schönow zum IFN zur Typisierung geschickt.
Die meisten Embryonen werden direkt übertragen, auf die Trägerfärsen in Nückel und dem Außenstandort in Rodenkirchen oder in den Betrieben aus denen die Spenderfärsen stammen, bis hin in den sächsischen Teil des Zuchtgebiets.
Letztes Jahr wurden 7.800 Embryonen gewonnen, für dieses Jahr sind 10.000 angestrebt. Gut Halbe-Halbe zwischen Embryotransfer und Ovum Pick-Up, das hängt davon ab für welche Maßnahme sich die einzelnen Färsen besser eignen.

Befruchtungs-Labor:





















Im Arbeitsbereich werden die Eizellen entnommen bzw. Embryonen gespült. Bei den Färsen wird im Alter von 6 bis 7 Monaten schon mit dem Ovum Pick-Up begonnen, wenn sie so groß sind dass man rektal reinkommt. Wenn sie später zwei Brunstzyklen durchlaufen sind gehen sie zum Embryotransfer und wenn sie dann tragend sind (bzw. bleiben gelassen werden) wieder zum Ovum Pick-Up bis zum 3 - 4 Trächtigkeitsmonat. OPU hat keinen negativen Einfluss auf die Trächtigkeit und der Gelbkörper am Eierstock wird dadurch auch nicht gefährdet aber das Kalb ist in der Gebärmutter dann so groß, das man nicht mehr dran vorbei kommt.

Zwei der vier Fangstände, höhen- und längenverställbar für die unterschiedlichen Tiergrößen. Die Räume sind auf 22 Grad klimatisiert, dass die entnommenen Eizellen keinen Kälteschock bekommen:




















Das Ovum Pick-Up wird mit transvaginaler ultraschallgeleiteter Follikelpunktion gemacht. Zuerst wird die Färse im hinteren Teil leicht sediert, dass sie still hält und es zügig ablaufen kann. Ein Arm ist dabei im Enddarm und hält durch die Darmwand den Eierstock passend fest. Mit der anderen Hand wird die Ultraschallsonde in die Scheide geschoben, vor dem Gebärmutterhals wird mit einer Kanüle durch das Scheidendach gestochen und die Eizellen aus den Follikeln abgesaugt. Das sind meist um die 15, können aber auch bis zu 60 sein, dann aber eher von geringerer Qualität. Das ganze dauert gut 5 - 6 Minuten:




















Fortsetzung folgt!

Benjamin

Montag, 3. Juni 2019

Testherdentagung 2019 - Teil 2

Jetzt geht es weiter über die diesjährige Testherdentagung der RBB.

Den 3. Vortrag hielt Dr. Pott von der Masterrind über die internationalen Entwicklungen in der Holsteinzucht.
Erstaunlich fand ich, dass bei den Einschätzung aktueller und sich abzeichnender Trends die Verlängerung der Zwischenkalbezeiten und der Anstieg von Fleischrinderkreuzungen zur Mast aufgezählt wurden, was bisher von den Zuchtorganisationen eher klein geredet wurde.
Die Dominanz der Nordamerikaner nimmt seit Jahren stetig zu, weil diese deutlich früher mit der Typisierung weiblicher Rinder angefangen hätten und mittlerweile schon 3 Millionen hätten. Wie ich 2014 in Idaho war typisierte die Aardema Group routinemäßige ihre ganzen weiblichen Kälber (so 15.000 pro Jahr...) wo wir gerade mal mit ersten Projekten angefangen hatten (KuhL).Zudem würden sie die Spitze der Genetik intensiver nutzen und mehr Embryotransfer machen als ganz Europa zusammen.
Die Selektionsrate ist aber viel schärfer: Bei einer deutlich größeren Population ist es eine sehr vergleichbare Anzahl an Besamungsbulle damit auch mit höheren Zuchtwerten. Die haben halt eine größere Auswahl um sehr gute Bullen zu finden.
In Nordamerika gäbe es in den letzten Jahren eine starke Konzentration der Zuchtorganisationen, dass die sich nach und nach gegenseitig aufkaufen. Und auch in andere Bereiche der Rinderhaltung expandieren wie Futtermittellabore und Software. Und ganz extrem auch Zoetis, die ebenfalls an der Gesundheitszuchtwertschätzung arbeiten. Wenn die Bauern gesunde Kühe züchten wollen und dann die Pharmaindustrie nichts mehr hat wechseln sie einfach zuvor die Seite.

Daneben über diverse Entwicklungen, z.B. dass SexingTechnologies (die das Spermasexen entwickelt haben) jetzt ein Verfahren hat um Embryonen in der Kuh zu typisieren. Als Hintergründe vermutet, dass die Embryonen nicht mehr so empfindlichen sind und man nicht mehr alle typisieren muss sondern nur die die auch angewachsen sind.
Über das Gedankenexperiment eines niederländischen Wissenschaftlers warum man nicht 20 Millionen Embryonen typisiert statt 4 Millionen Kälber und nur noch die besten überträgt und daraus abgeleitet die Vision mit Embryotransfer die künstliche Besamung abzulösen. Was aber halt eine Kostenfrage sei. Neben den hohen Kosten und dem ganzen Aufwand halte ich davon nicht viel, weil man die Typisierung und Auswahl noch eine Stufe vorher machen könnte und zwar welche Kühe und Färsen man überhaupt als Mütter zur Zucht nimmt.
Außerdem habe ich den Eindruck, dass der Embryotransfer an sich in den letzten zehn Jahren mit der genomischen Zuchtwertschätzung eher an Bedeutung verloren hat weil man damit quasi überall genetisch wertvolle Tiere finden kann (die Legende vom Fleckviehbullen aus dem Mastbetrieb).

Anschließend gab es noch eine Diskussion darüber, warum es keine "extremen" Bullen mit herausragenden Einzelmerkmalen in die Besamung schaffen würden. Die läge auch an den Bauern, die Bullen mit einzelnen starken Schwächen ablehnen, dabei wäre es ja gar kein Problem einen Bullen der z.B. sehr kurze Zitzen vererbt mit dem Drittel der Kühe der Herde mit den längsten Zitzen anzupaaren. Da sehe ich ein großen Potential für die Herdentypisierung, dass man die Stärken und Schwächen sowohl auf Bullen-als auch Kuhseite kennt und entsprechende Anpaarung machen kann ohne dass was "Unbrauchbares" dabei rauskommt.

Als 4. Vortrag war von Dr. Simon von der RBB über betriebsindividuelle Zuchtstrategien auf der Basis der Herdentypisierung. Dass man mit den Daten des Betriebs einen Zuchtindex aufstellen kann wie es mit dem RZG als Gesamtzuchtwert für alle Kühe in Deutschland gemacht wird. Für die einzelnen Merkmale werden die Grenzgewinne genommen, z.B. was bringt ein Liter zusätzliche Milch (futterkostenfreie Erlöse), was kostet ein Tag Zwischenkalbezeit, was ein Totgeburt usw. Entsprechend dieser Zahlen werden im Zuchtindex die einzelnen Merkmale gewichtet. Dann  kann man diesen Betriebs-Zuchtwert auch für die typisierten Färsen/Kühe berechnen und danach selektieren, wo man nochmal genauer die wirtschaftlichsten Kühe trifft weil direkt auf die betrieblichen Gegebenheiten abgestimmt. Den einzigen Nachteil sehe ich darin, dass man die ganzen ökonomischen Kennzahlen herausbekommen und auch aktuell halten muss.

Benjamin