Freitag, 30. Juni 2023

Entwicklung - Jungkuhgruppe

In einer Jungkuhgruppe sind nur Kühe in der ersten Laktation. Es wird auch der Begriff Färsengruppe verwendet, der aber fachlich falsch ist. Färsengruppen sind Gruppen von Besamungsfärsen oder tragenden Färsen. Eine Färse ist ein geschlechtsreifes weibliches Rind das noch nicht gekalbt hat, eine Kuh hat schon mindestens einmal gekalbt Der Übrgang von Färse zur Kuh findet mit der ersten Kalbung in der Abkalbebucht statt, wie einer meiner Professoren mal sagte: "Kuhwerdung".
Nach der Laktationsnummer kann man die Kühe in Jungkühe (1.) und Mehrkalbskühe (ab 2.) einteilen. Dann gibt es noch Altkühe, wo der Begriff gar nicht definiert ist. Ab der 4. oder 5. Laktation würde ich mal sagen. Die PBK Schönhagen hat z.B. auch eine "Oma-Gruppe" für Kühe ab der 5. Laktation (siehe Post vom 09.02.2016)

Über Jungkuhgruppen hatten wir es im Studium nicht, auch weil in den kleinen Strukturen im Südwesten es unüblich ist die Herde in mehrere Gruppen zu unterteilen. Erstmals sah ich das bei der Besichtigung eines Großbetriebs in Mecklenburg 2012.

Damit beschäftigt habe ich mich erstmals damit als auf mein Stammbetrieb LVAV Hofgut Neumühle mit einer extra Jungkuhgruppe gute Erfahrungen gemacht hatte. 
Bei der Gruppensortierung in Boberow habe ich dann die Jungkühe von der Frischmelkergruppe aus in die mittlere Leistungsgruppe umgestellt und die Mehrkalbskühe vorrangig in die Hochleistungsgruppe. Das zeigt schon die Problematik: Die Platzverhältnisse müssen zur Alterstruktur der Herde passen. Und es kommen noch weitere Kriterien dazu wie Besamungsgruppe und Trächtigkeit. Und den Jungkühen nur weil sie halt eine mittlere Leistung haben pauschal die mittlere Ration zu geben ist auch nicht so toll. Damals wollte ich aber nicht auf die gleiche Ration gehen, weil ich das als Luxus-Kraftfuttergabe für die mittleren Mehrkalbskühe ansah.

Die Lösung war dann wieder alle Laktationen zusammen und die beiden Gruppen Hochleistung und Mittel nach BCS (siehe Post vom 25.06.2017) einzuteilen, also Kühe die die volle Energiekonzentration bekommen und solche die schon etwas reduziert werden um hintenraus in der Laktation nicht zu verfetten.

Belastbare und ausgwertete Erfahrungen zu Jungkuhgruppen habe ich nicht, aber das sind Vor- und Nachteile:
Vorteile: 
- Weniger Verdrängung und Stress für die Jungkühe durch hochrangige Mehrkalbskühe (mein Fütterungsberater nennt die "Big Mamas").
- Jungkühe kommen alle in einer Gruppe zum Melken, die restlichen Gruppen sind ruhigere Mehkalbskühe.
Nachteile:
- Möglicherweise bringen Mehrkalbskühe in einer gemischten Gruppe Ruhe rein und die Jungkühe schaukeln sich mit ihrer Nervosität nicht auf. 
- nie passende Platz- bzw. Kuhzahl für die scharfe Trennung nach Laktationsnummer.

Benjamin

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Montag, 26. Juni 2023

10 Jahre Kuhblog

Heute wird der Kuhblog 10 Jahre alt!
Meine damaligen Beweggründe habe ich im allerersten Post beschrieben (siehe Post vom 23.06.2023). Die Idee zum Blog hatte ich einige Tage vorher, wie mir bezüglich dem "Auswandern" die E-Mail-Problematik bewusst wurde.
Der Kuhblog hat es trotz anderer Planungen (siehe im Post vom 19.11.2018) auf über 1.400 Posts und mittlerweile knapp 350.000 Leser gepackt.
In dieser Zeit hat sich einiges verändert, weniger, aber dafür längere und umfangreichere Posts, weniger Alltägliches und mehr Kuhthemen.
Wenn ich frühe Posts lese und mich daran erinnere was ich damals so gemacht habe wird mir bewusst wie ich mich doch fachlich in den letzten Jahren verändert habe.
Darüber wird es im Kuhblog in der nächsten Zeit gehen.

Benjamin 
 
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Donnerstag, 22. Juni 2023

Management-Award 2023

Dass es mal mit dem Kuhblog weitergeht.
Am vorletzten Wochenende fand in Alsfeld die German Dairy Show statt. Zum zweiten Mal nach 2019; 2021 war wegen Corona ausgefallen. 2019 war in Oldenburg gewesen wie zuvor als die DHV-Schau. DHV war der Deutsche Holstein-Verband, der im BRS (Bundesverband Rind und Schwein) aufgegangen ist. Und da Oldenburg ziemlich am A... der Welt liegt wurde das jetzt nach Alsfeld verlegt, das ist von den ganzen Standorten der Zuchtverbände der am zentralsten liegt.
 
Waren bei der DHV-Schau nur Holsteins Schwarzbunt und Rotbunt gewesen, hat man das bei der German Dairy Show auf alle bedeutenden Milchviehrassen in Deutschland ausgeweitet, als eine Schau für alle Rassen: Holstein Schwarz- und Rotbunt, Braunvieh, Milchfleckvieh, Angler/Rotvieh und Jersey.
 
Und da es Milchbauern wie mich gibt, die dem ganzen Schauwesen nichts abgewinnen können wurde der Management-Award eingeführt, um Betriebe mit Spitzenergebnissen auszuzeichen. Nicht nur auf reine Milchkilo bezogen sondern allgemein die Kennzahlen, die für ein exzellentes Management stehen.
2019 hab ich mich sehr drüber gefreut, dass der Management-Award nach Brandenburg ging an die Agrargenossenschaft Uckro, die jahrelang die höchste Lebensleistung erreichten und regelmäßig in der Liste der neuen 100.000-Liter-Kühe vertreten sind.
 
Dieses Jahr ging ich fest davon aus, dass dem Proporz wegen ein Betrieb aus Westdeutschland ausgezeichnet wird.
Aber die Verleihungskriterien wurden verändert: Für Braunvieh, für Milchfleckvieh und Holstein in drei Größenklassen bis 100, 100 - 500 und über 500 Kühe. Kriterien waren erreichte Lebenstagsleistung (LTL) und die Anzahl der 100.000-Liter-Kühe.
 
Über 500 Kühe hat die Milchproduktion Meyendorf aus dem Bördekreis in Sachsen-Anhalt gewonnen. Zumindest der Name sagte mir was. Nach den Indexpunkten die der LKV Sachsen-Anhalt anhand verschiedener Kennzahlen für die Hofschilder für Spitzenbetriebe vergibt der drittbeste Betrieb im Land und der beste über 500 Kühe. Der beste überhaupt ist (traditionell) die LLG Iden.
Die Zahlen der MP Meyendorf im Milchkontrolljahr 2021/22:
807,2 Kühe
896 FEK Jahresleistung
52.123 kg Lebensleistung abgegangene Kühe
51,5 Monate Nutzungsdauer
22,6 kg Lebenstagsleistung
 
Im Kontrolljahr 2021/22 erreichten 10 Kühe die 100.000-Liter Lebensleistung; und eine Kuh mit einer Lebensleiszung von 10.000 Fett+Eiweiß-Kilo.

Also wirklich eine Herde die die Auszeichnung verdient hat.

Benjamin
 
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Donnerstag, 8. Juni 2023

Zwangspause

Ob es eine richtige Zwangspause wird kann ich nicht sagen, zumindest bin ich in einer Situation wie ich sie im Blog noch nicht hatte. Für die Idaho-Exkursion 2014 hatte ich eine Pause angekündigt; doch dann gab es im Bus neben der primitiven Klimaanlage auch WLAN und diese Pause fiel damit aus. Dann natürlich die Blogpause letztes Jahr aus freien Stücken und jetzt zumindest die starke Rücknahme der Posthäufigkeit.
 
Die Stammleser werden es sicher bemerkt haben, dass es mitten drin bei der Raps-Webcam nicht weiter ging.
Der Grund ist nämlich Folgender: Ich habe aktuell arge gesundheitliche Probleme, bin nicht arbeitsfähig und damit auch nicht daheim.
Der Post über die TU2 hatte ich schon einige Wochen "in der Pipeline" und das Aktuelle über Lulu ging per Fernzugriff auf die Daten, den ich eh mache wenn ich sie nicht täglich sehen kann.

In nächster Zeit wird es wahrscheinlich weniger zu lesen geben im Kuhblog, zumindest kein alltäglichen Bezug sondern allgemeine Kuhthemen und Theoretisches.
Weil einschlafen lassen ist irgendwie keine Option, so knapp vor dem 10-Jährigen Jubiläum und in meiner Situation will ich dieses Hobby nicht aufgeben.
 
Benjamin 

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Freitag, 2. Juni 2023

Was macht Lulu?

Was macht meine Lieblingskuh Lulu momentan? Sie gibt Milch, wenn auch nicht so fleißig. Gestern waren es 36,8 kg, bisher ist sie in der Laktation nicht über die 40 kg gekommen. Das ist bei ihr genetisch bedingt, sie ist eine Kreuzungskuh F3 aus Holstein und Milchfleckvieh (3/16 Fleckvieh). Die können eigentlich nur groß und schwer sein.
 
Am 17. April hat sie zum zweitenMal gekalbt, am 18. kam sie vom Abkalbestall in die Kolostrumgruppe, in denen sich die Kühe während der Kolostralmilchsperre befinden solange die Milch nicht Verkauf werden darf und an die Kälber verdrängt wird (Mischkolostrum). Am 22. wurde sie in Gr. 1 ("Auffanggruppe") umgestellt in die die Kühe zunächst nach dem Ende der Kolostralmilchsperre kommen wenn die Milch als reif gilt.

Die ersten sieben Tage nach der Kalbung bekam sie täglich Fieber gemessen, was immer in Ordnung war. Einmal die Frühwarnfunktion der Körpertemperatur und auch um die Kühe komplett zu sehen und nicht nur von hinten auf dem Karussell.

Am 5. Mai war sie zur Puerperalkontrolle (PK), das gehört zu den zuchthygienischen Untersuchungen (ZHU). Das Puerperium ist die Rückbildung der Gebärmutter von Kälbergröße auf Faustgröße; das soll in 30 Tagen abgeschlossen sein. Bei der Puerperalkontrolle wird nach ca. 3 Wochen nachgeschaut ob es sich richtig entwickelt und nicht eine der diversen Gebörmutterentzündungen. Bei Lulu war da auch alles in Ordnung. Sie kam dann von der Selektion nicht zurück in Gr.1 sondern in Gr. 9, ihrer finalen Gruppe wo sie bis ins nächste Jahr bleiben soll wenn sie als tragende Kuh in die Altmelkergruppe wechselt. 

Momentan schaue ich täglich nach Ihrer Milchmenge und die Brunstbeobachtung. Zur Besamung ist sie noch zu früh, aber man muss jede Brunst erfassen, ganz nach dem Mitto "nur was man dokumentiert kann man auch managen". Man weiß dann dass der Zyklus schon in Gang gekommen ist und bei einer Brunst sieht man ob es zeitlich zu letzten (+/- 21 Tage) passt oder man noch mal genauer nachschauen muss. 
Lulu war bisher noch nicht in Brunst.
 
Und ich rechne häufig bei ihr den Tierindividuellen Besamungsstart (TBS) aus. Das Konzept stammt aus dem Projekt VerLak. Dass nicht im Rahmen der verlängerten freiwilligen Wartezeit die Wartezeit bis zur ersten Besamung pauschal nach oben gesetzt wird sondern für jede einzelne Kuh individuell.
Wir haben zunächst grob die Tagesmilchmenge mal zwei als Tage freiwillige Wartezeit genommen. Weil der berechnete TBS abschreckend hohe Zahlen ergab. Aber der geht nach simulierten Laktationskurven mit der üblichen angenommenen Persistenz von um -0,1 kg am Tag. Bei Kühen mit steiler abfallenden Kurven rückt der Besamungsstart nach vorne, bei Kühe mit flacheren Kurven nach hinten.
Da wir in letzter Zeit viele Kühe mit an und über 30 kg Milch zum Trockenstellen hatten sind wir zur Kenntnis gekommen dass diese Kühe trotzdem zu früh besagt worden waren und wir doch mehr in Richtung TBS arbeiten wollen.

Die Formel ist für Mehrkalbskühe 0.557 x Laktationstage + 5,8 x 7-Tage-Mittel Milch - 149. Dafür soll nach dem Ende des Projekts eine App veröffentlicht werden und ich habe es als mit Excel ausgerechnet aber es ist viel einfacher im Stall schnell auf dem Handy, wenn man das eh im der Hand hat um die Kuh im Herde Mobil nachzuschauen. 

Lulu liegt momentan beim TBS:
0,557 x 46 + 5,8 x 34,5 - 149 = 77 Tage. Ihre Kurve ist halt sehr niedrig und sie sollte doch zeitig wieder tragend werden. Ihr aktueller TBS liegt sogar unter der mittlerweile weit verbreiteten pauschalen Wartezeit von 80 Tagen.

Benjamin


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