Sonntag, 29. März 2020

1. Weg für Mikesch

Heute geht es im Kuhblog mal wieder um das Drumherum und zwar über Katzen und Schweine.

Mikesch ist ein kleiner Kater aus dem Kälberstall und hatte am Mittwoch das Pech unserem Tierarzt über den Weg zu laufen und nun ist er kein richtiger Kater mehr.
Das war aber schon länger geplant. Seine drei Wurfgeschwister wurden abgegeben und haben eine außerlandwirtschaftliche Zukunft gefunden. Er blieb zurück und da er sehr anhänglich wurde und keinerlei Anstalten machte ins Dorf abzuwandern sollte er kastriert werden. Zum Fruchtbarkeitsmanagement gehört es auch dazu die Vermehrung der Katzen im Griff zu haben.

Die Operation wurde vor Ort gemacht, weil bei einem Kater wäre das nicht so kompliziert. Daher mein Vergleich mit einem Ferkel.
Jetzt geht es im Kuhblog mal über Schweine, schließlich ist die Schweineproduktion nach der Milchproduktion der wichtigste Bereich der deutschen Landwirtschaft.
Männliche Ferkel werden kastriert, weil geschlechtsreife Eber Hormone ins Fleisch einlagern was dann zum Ebergeruch führen kann.
Ich habe noch das Ferkelkastrieren ohne Betäubung gelernt, aber im Studium ging es dann schon um die Kastration mit Betäubung, so alt ist das Thema bereits. Ab 1. Januar wird die betäubungslose Kastration nicht mehr erlaubt sein.

Fünf "Wege" gibt es dafür, wobei die bis auf die letzten beiden nicht eindeutig durchnummeriert zu sein scheinen:
1. Weg. Kastration unter Vollnarkose. Entweder als Injektionsnarkose per Spritze oder Inhalationsnarkose mit den Gas Isofluran. Das ist die teuerste Variante und hat die höchsten Verluste zu Folge von Ferkeln die nicht mehr aufwachen. Zudem kann das Gas gesundheitsschädllich sein.
2. Weg. Immunokastration. Die Eber bekommen einige Wochen vor der Schlachtung einen Impfstoff durch den das Immunsystem angeregt wird die Sexualhormone auszuschalten, damit werden sie vom Hormonstatus wie kastrierte Eber. Die Schlachtunternehmen wollen solche Schweine aber nicht.
3. Weg. Ebermast. Die Eber werden nicht kastriert und vor dem Erreichen der Geschlechtsreife mit rund 85 g geschlachtet. Sie passen aber nicht in das System des 120kg-Standardschweins auf das alles abgestimmt ist (bis hin zu den Fleischkisten) und die Schlachtunternehmen wollen sie auch nicht so recht.
4. Weg. Kastration unter Lokalanästhesie. Diese Methode ist in Schweden seit vielen Jahren bewährt. Mit diesem Weg sind eigentlich alle zufrieden, bloß nicht die Politik und die Lobbyisten der Tier"schutz"organisationen.
5. Weg. Eher ironisch gemeint für die Einstellung der Ferkelproduktion, was die am häufigsten gewählte Variante als Alternative zu den ersten dreien sein wird.

Zwei Tage lang war er beleidigt, jetzt ist alles aber wieder in Ordnung:

Benjamin 


Donnerstag, 26. März 2020

Tränkekurve

Da am Wochenende das Exkursionsprogramm ausfallen musste habe ich angefangen aus meinen ganzen über die Monate aufgeschriebene Tränkeaufnahmen der Kälber eine Tränkekurve der tatsächlich gesoffenen Mengen zu erstellen.

Die Tränkedauer beträgt 93 Tage, bis zum 58 Tag ad libitum, was aber am Tränkeautomat nicht einzustellen geht und daher habe ich das auf 20 Liter programmiert. Im Datensatz sind keine dabei, aber ab und zu hatte ich schon Kälber die das ausgeschöpft haben.
Vom 58. bis 93. Tag wird dann abgetränkt von 20 auf 2 Liter.
58 Tage sind mit dem Hintergrund gewählt, dass erst mit 8 Wochen Alter die Vormägen so weit entwickelt sind, dass die Kälber Festfutter richtig verdauen können. 

Durchschnittlich saufen die Kälber 747 kg Milch bzw. Milchaustauscher, die Bandbreite dürfte da zwischen 500 und über 1.000 kg liegen. Auf die Inhaltsstoffe gerechnet sind es 101 kg Trockenmasse. Das ist für mich wichtig, dass es mehr als das Dreifache der 32 kg ist, die wir im Studium als abschreckendes Beispiel für die restriktive Tränke mit einem Absetzalter von 56 Tagen.

Benjamin

Samstag, 21. März 2020

Biosicherheit - Teil 2

„Mit Biosicherheit sind die Maßnahmen gemeint, die getroffen werden, um Krankheiten von Tierpopulationen, Beständen oder Gruppen fern zu halten, in denen sie bislang nicht auftreten, oder um die Ausbreitung der Krankheit innerhalb des Bestandes zu beschränken.“
Das ist die Definition aus dem Leitfaden Biosicherheit in Rinderhaltungen der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.  

In der Rinderhaltung/Milchproduktion ist die Biosicherheit noch nicht (bzw. nicht mehr) so ein großes Thema, dafür in der Schweine- und Geflügelhaltung, auch weil dieses anfälliger für Krankheiten sind als Rinder.
Es geht darum durch Kontrolle des Personen-, Tier-, Waren- und Fahrzeugverkehrs die Einschleppung von Krankheitserregern zu vermeiden. Dazu dient hauptsächlich das Schwarz-Weiß-Prinzip: Draußen die "unreine" Umwelt ist der Schwarzbereich, drinnen der "reine" Stall/Hof der Weißbereich.

Meinen ersten Kontakt dazu hatte ich im Schweinebereich während meines Vorpraktikums für das Studium auf meinem Stammbetrieb Hofgut Neumühle in der dortigen Lehrwerkstätte Schweinehaltung. Auch weil dort das Risiko von Einschleppungen durch die überbetriebliche Ausbildung deutlich höher ist.
Die Schweineställe sind nach den Vorgaben der "Verordnung über hygienische Anforderungen beim Halten von Schweinen" kurz SchHaltHygV gesichert. Das ist für Betriebe über 700 Schweine vorgeschrieben.
Der Zaun, dass niemand auf den Hof kommt, auch keine Wildschweine und keine Schweine ausbrechen und andere gefährden können.
Die Hygieneschleuse dient dem Übergang vom Schwarz- in den Weiß-Bereich drinnen, getrennt für Betriebsangehörige links und Besucher rechts:


















Zweiter Kontakt war dann im Studium, wo das Thema am Beispiel der Herrensteiner Agrargesellschaft, einem Schweinezuchtbetrieb in Drensteinfurt im Münsterland, behandelt wurde. Dort war unser Professor in seiner Zeit als Fütterungsberater tätig gewesen. Viele Jahrgänge an Binger Studenten erinnern sich da besonders an die Ferkelrutschen über die die Ferkel von den Ställen nach draußen zu den Transportern gegeben werden. Auf den Fotos auf der Internetseite sieht man diese.

Dritter Kontakt war dann 2013 bei der Umsetzung der Paratuberkulosesanierung. Dazu schreib ich aber noch mal einen extra Post.

Noch ein paar Fotos über die Umsetzung des Schwarz-Weiß-Prinzips. Die sind alle auf Rinderanlagen aus DDR-Zeiten entstanden. Damals war die Biosicherheit auch in der Rinderhaltung auf einem sehr hohen Niveau, einmal weil die Tiermedizin noch nicht so weit entwickelt war und es auch nicht das Recht des Einzelnen gab seine Tiere an Seuchen sterben lassen.

Fahrzeugdesinfektion:
















 


Verladerampe für Färsen mit der Trennung von Stallpersonal auf der Rampe und Viehtransport auf der anderen Seite:



















Gülleleitung vom Stall im Weißbereich zur Güllelagune im Schwarzbereich:



















Umkleiden nach dem Schwarz-Weiß-Prinzip. Links die Schwarzumkleide für die Straßenkleidung, dann die Duschen zum Einduschen, also eine Seite rein und andere Seite raus. Heute nur noch zum trockenen Durchsteigen. Danach die Weißumkleide für die Stallkleidung, früher sogar mit betriebseigener Unterwäsche:










Benjamin

Mittwoch, 18. März 2020

Biosicherheit - Teil 1

Biosicherheit ist in diesen Tagen ein ganz großes Thema.

Ob Tornados (siehe Post vom 05.05.2015), Stürme (siehe Post vom 09.10.2017), Schneemassen oder Stromausfälle (siehe Post vom 27.12.2016), in den letzten sieben Jahren konnte nichts den Kuhblog beeinträchtigen. Aber jetzt kommt Covid-19 und wirklich die gesamte Welt versinkt im Chaos.
Ich will hier nicht Corona schreiben, weil Corona für mich schon immer das Bovines Coronavirus ist, das hauptsächlich Kälberdurchfälle verursacht, dagegen machen wir die Mutterschutzimpfung (siehe Post vom 14.12.2019) und damit haben wir kein Problem. 

Jetzt zu meinem freien Wochenende bei dem schönen Wetter momentan wollte ich eigentlich die diesjährige Exkursionssaison starten, hatte aber alles wegen den Entwicklungen dann am Sonntag abgesagt. Also auch keine Exkursionsberichte und ich muss auf andere Themen umschwenken.

Allgemein zur Situation zahlt es sich jetzt für mich aus, dass ich lieber mit Kühen als mit Menschen zu tun habe. Zudem bin ich halbwegs jung, von überdurchschnittlicher Gesundheit und lebe hier abgelegen in der Brandenburger Provinz. Die Termine der Feuerwehr wurden bis Mitte April (erstmal) alle abgesagt und so bin ich nur noch daheim oder im Stall. Der Beruf als Herdenmanager ist auch im Vorteil, ich würde uns als teamfähige Einzelkämpfer bezeichnen, meistens alleine unterwegs und wenn mehrere dann mit größerem Abstand zueinander.

Da kommen die gerade so oft genannten systemrelevanten Berufe ins Spiel. Landwirt ist der wichtigste Beruf der Welt und Tierhaltung ist noch einmal eine besondere Verantwortung. Das habe ich immer gesagt und bin darauf sehr stolt. Wir müssen den Betrieb und die Produktion aufrecht halten.

Wir haben noch keine Quarantänefälle, aber da wird es schnell kritisch bei den Arbeitskräften. Aus meiner Erfahrung kann man 20 % Ausfall über anderthalb Wochen überbrücken, alles darüber hinaus wird extrem schwierig. Daher meine Auffassung die gesamte Mannschaft auf der Anlage in Quarantäne zu nehmen. Die älteren Kollegen erzählen, dass früher im Verwaltungsgebäude Feldbetten eingelagert waren für den Ausbruch der Maul-und-Klauen-Seuche wenn alles abgeriegelt wurde und niemand mehr vom Gelände runter durfte. Damals war man ich solchen Sachen strenger.
Manche nehmen das (noch) nicht so ernst und sagen, dass da jeder ein Kälberiglu zum Schlafen kriegt und im Milchtaxi wird die Bockwurst warmgemacht und ausgefahren.
Andere sind der Meinung, dass es nur noch ein Frage der Zeit bis zur Zwangsverpflichtung ist.
Jedenfalls habe ich schon Klamotten gepackt wenn nachts die Bundespolizei klingelt um die Bauern auf ihre Anlagen zu bringen.

Es sind leider zu spannende Zeiten.

Im nächsten Post wird es über Biosicherheit aus Kuhsicht gehen.

Benjamin

Sonntag, 15. März 2020

49. Tag des Milchviehhalters - Teil 2

Der 3. Vortrag am Donnerstag in Iden war von Prof. Steinhöffel vom LVG Köllitsch zu den aktuellen Herausforderungen der Grundfutterversorgung.
Neu wäre das Thema nicht, alle fünf Jahre würde er als dazu Vorträge halten, wahrscheinlich wären dann die schlechten Jahre wieder verdrängt. 2014 bis 2017 waren vier gute Jahre und 2018 und 2019 kamen gleich zwei sehr schlechte nacheinander. 
Der Umgang mit Futtermittelknappheit wäre früher immer ein Thema gewesen und nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Bewusstsein und vor allem auch der Ausbildung verdrängt worden, weil man mit dem Mangel nichts mehr zu tun haben wollte. Da erinnere ich mich auch daran, dass im Studium und in allen Büchern dazu nie etwas vorkam.
Als Beispiele nannte er die Rindermast in Namibia auf der Basis gehäckselter Akazien und Melasse als das Minimun wovon Rinder leben können, bei jedoch 36 Monaten Mastdauer und wahrscheinlich nicht den höchsten Schlachtgewichten. 
Des weiteren ein Beweidungsversuch in Köllitsch von ganzjähriger Weidehaltung ohne Zufütterung von Holsteins. Der Aufwuchs wurde analysiert und auch der Kot, um zu ermitteln was wirklich gefressen wurde. Beim Energiegehalt des Aufwuchses wären die Kühe zwischen September und März verhungert, so wenig war darin enthalten. Aber gefressen haben sie tatsächlich immer Energiegehalte wie frisches Weidegras/Grassilage so stark haben sie selektiert, was im Herbst und Winter entsprechend große Flächen braucht.

Die Strategien gegen Futterknappheit kann man unter "ordentlichem Wirtschaften" zusammenfassen:
- Futterbilanzierung, was an Futter vorrätig ist und was benötigt wird.
- Futterverluste reduzieren vom "Halm bis zum Trog", die lägen im Schnitt bei 39 %
- Futtermittelkunde, welche Futtermittel und in welcher Kombination eingesetzt werden können
- richtige Futtervorlage selber
Domestikation ist die Pflicht der Fütterung über die ganze Zeit.

4. Vortrag war von Hr. Engelhard vom ZTT Iden über Nebenprodukte aus der Lebensmittelproduktion. 
Wie stets eine Präsentation der Ergebnisse von Fütterungsversuchen zum Thema in Iden.

Allgemein haben Saftfuttermittel (Pressschnitzel, Biertreber, Schlempen...) Vorteile in der Verdauung weil sie Zellwand-Kohlenhydrate enthalten, die nicht den Pansen-pH-Wert absenken wie Stärke aus Getreide und leichter zu verdauen sind wie Cellulose ("klassische Faser") und dazu noch viel
pansenbeständiges Eiweiß.
Bei einem Fütterungsversuch mit 8 kg Biertreber gegenüber einer alternativen kraftfutterlastigen Ration konnte eine signifikante Mehrleistung erzielt werden, wenn auch möglicherweise der Pansen an seiner Grenze war mit der Verdauungskapazität.
2007 bei einem Versuch mit Pressschnitzeln von dem er auch bestimmt bei Binger Pressschnitzeltag 2013 berichtet hatte, ich mich aber nicht mehr erinnern kann, kam heraus, dass eine Menge von 20 kg Pressschnitzel pro Tag möglich sind. Also Frischmasse, in Trockenmasse dürften das 4,5 - 5 kg gewesen sein. 25 kg haben dann nicht mehr funktioniert.
Biertreber hat einen DCAB (Dairy Cation Anion Bilance) von - 180 meq, was beim Einsatz zu beachten wäre. Die genaue Einhaltung der Mineralstoffwechsel-Lage mit der DCAB (vergleiche auch Post vom 22.04.2020) hätte die Idener Herde in letzten Jahren am meisten vorangebracht.

5. Vortrag von Dr. Ebert von der Klink für Klauentiere der Uni Leipzig. Von ihr hatte ich schon mal bei einem Vortrag bzw. die anschließenden Demonstration gesehen (siehe Posts vom 06.02.2019 und 08.02.2019). 
In einem Projekt wurden in 11 Milchviehbetrieben in Sachsen Faktoren für das Auftreten von Klauenerkrankungen gesucht. Dabei wurde nach den Unterschieden zwischen den Betrieben mit weniger und mit mehr Lahmheiten geschaut.
Das sind natürlich keine Garanten für weniger Lahmheiten sondern nur Tendenzen:
- bessere Kondition der Kühe, weil dann auch mehr Fett in den Klauenpolstern
- mehr Platz in den Laufgängen und weniger enge Kurven
- planbefestige Böden statt Spaltenböden; wahrscheinlich kommt da der Effekt dazu, dass die Spaltenböden meist älter sind und glatter mit mehr Kanten usw.
Böden mit gewalztem Rautenmuster ("Kopfsteinpflaster") spreizt die Klauen zu sehr was schlecht für den Zwischenklauenspalt ist.
- eher Tief- als Hochboxen, dazu das Liegeboxenmanagement und die Abmessungen, dass die Kühe viel liegen
- mehrmals pro Woche Klauenpflege, dass die Kühe nicht so lange warten müssen
- ordentliche Dokumentation und vor allem Konsequenzen daraus
- häufigeres und konsequent durchgeführtes Klauenbad
- Klauenbad lange und tief genug, dass alle Klauen eintauchen
- Qualifikation des Klauenpflegers
- Klauenpflege auch schon beim Jungvieh vor der ersten Besamung
- Handhabung der Biosicherheit um Einschleppung von Keimen zu vermeiden

Benjamin

Freitag, 13. März 2020

49. Tag des Milchviehhalters - Teil 1

Gestern war ich auf dem 49. Tag des Milchviehhalters in Iden.
Gefühlt war es der letzte mögliche Termin gewesen, wie schnell sich momentan die Seuchenlage entwickelt wäre heute die Veranstaltung schon bestimmt vom Gesundheitsamt untersagt worden.

1. Vortrag war von Dr. Römer von der Landesforschungsanstalt MV über ein Projekt der DGfZ (Deutsche Gesellschaft für Züchtungskunde). "Zukunft Milchkuh" - wo ein Strategiepapier für das Bundeslandwirtschaftsministerium erarbeitet wird für die künftige Entwicklung in der Milchviehhaltung. 

Ein schöner Überblick über die Forschungserkenntnisse aus Zucht und Management der letzten Jahre: Erhöhung des Zuchtfortschritts bei den Gesundheitsmerkmalen durch die genomische Zuchtwertschätzung, Genotypisierung der weiblichen Tiere mit steigender Bedeutung der Kuhgenetik gegenüber der jahrzehntelangen überragenden Bedeutung der Bullenseite. 
Intensivierung der Kälberaufzucht zur Gesundheitsförderung wie Ad-Libitum-Tränke und verlängerte Tränkeperioden sowie total außerhalb des Blickfelds weil eigentlich absolut Standard die Verwendung von Nuckeln an Tränkeimern für ein natürlicheres Saufverhalten.
Und wieder das Thema der verlängerten Laktatiom, wo ich selber davon ausgehe, dass das in den nächsten Jahren richtig an Bedeutung gewinnen wird.
Zur Weidehaltung der Gegensatz Umwelt- zu Tierschutz, dass aus Umweltschutzgründen eigentlich die Kühe am besten in geschlossenen Anbindeställen zu halten wären. Und dass die Kühe nicht besonders öffentlichkeitswirksam weiden würden, vor allem am liebsten nachts (siehe auch Post vom 08.03.2017). Dazu auch erwähnt das Projekt der Firma Agriversa eines Null-Emission-Stalls, das 2015 auf dem Milchrindtag in Güstrow vorgestellt wurde (siehe auch Post vom 05.03.2015); davon habe ich aber danach nie wieder etwas gehört.

Das Thema Akzeptanz der Milchviehhaltung in der Bevölkerung wurde nicht bearbeitet weil schon in anderen Projekten im Bereich der Sozialwissenschaften und da waren die Ergebnisse nicht besonders erfreulich. Denn die Akzeptanz ist dort besonders gering wo nicht viel Wissen dazu vorhanden ist und daran auch kein Bedarf gesehen wird. Der Ansatz solle sein in den Schulen anzusetzen, wo aber das größte Problem sei an die Lehrer heranzukommen...

2. Vortrag war von Hr. Hölzer vom Landeskontrollverband Sachsen-Anhalt über die künftige Rohmilchgüteverordnung. Die bisherige Milchgüteverordnung nach der die Qualitätsüberwachung der Milch erfolgt stammt von 1980; das war also Westdeutschland vor der Milchquote. Zudem liegt der Großteil davon in Verantwortung der Bundesländer was entsprechend der deutschen Kleinstaaterei das Ganze sehr unübersichtlich macht. Seit 2012 schon wird an einer neuen Verordnung gearbeitet; zunächst war eine komplette Streichung vorgesehen und nur noch die übergeordnete EU-Verordnung zu belassen, später dann doch eine bundeseinheitliche Verordnung mit deutliche weniger landesspezifischen Auslegungserlassen. 
Ganz fertig ist es noch immer nicht, sodass es nur über den momentanen Stand ging. 
Der Umrechnungsfaktor von Liter auf kg Milch wird von 1,02 auf 1,03 erhöht. Dass 1 Liter Milch mit 1030 statt bisher 1020 g gerechnet wird. Da ist man all die Jahre nicht rangegangen, weil mit der Milchquote es einer Quotenkürzung entsprochen hätte.
Größte Veränderung ist, dass nicht mehr die Aufsichtsbehörde des Bundeslandes zuständig ist in dem sich verarbeitende Molkerei befindet sondern das Land in dem der Geschäftssitz ist. Dann wird z.B. die Stelle in Niedersachsen für alle Lieferanten des DMK zuständig sein.

Fortsetzung folgt!

Benjamin

Freitag, 6. März 2020

Indoor-Handy

Aus aktuellem Anlass was zum Handy in der Landwirtschaft, denn meines hat letzte Woche mal wieder die Härten des landwirtschaftlichen Alltags überleben müssen.

Vor sieben Jahren hätte ich bestimmt nicht gesagt, dass das Handy mein wichtigstes Werkzeug wird. Man kann damit telefonieren; Taschenrechner, Kamera, Notizzettel ist dabei und vor allem das HERDEmobil, dass man immer alle Kuhdaten mit hat, was das Wichtigste ist. 

HERDEmobil, genauer HERDEmobil iOS wurde Anfang der 2010er von dsp Agrosoft als App-Version von Herde W für das iPhone entwickelt. Wegen der Kosten wurde nur ein Betriebssystem ausgewählt und da damals Apple gerade auf dem Höhepunkt seiner Bedeutung war... Das ist der Grund warum auch alle Herdemanager iPhones haben. Aber die Zeit läuft weiter und bald kommt das lange erwartete (auch von mir) und angekündigte HERDEmobil Android, das umfangreicher ist und auch die Neuerungen von HERDEplus enthalten soll. Ich hoffe, dass diese Erweiterungen bereits zur Eurotier auch auf HERDEmobil iOS übertragen werden. 
-> siehe auch bei DSP

Jedenfalls musste es daher ein iPhone sein auch wenn ich mit Apple nicht so zufrieden bin, vor allem wegen der schlechten Kombatibilitäten.
Zuerst war es ein iPhone 4, das sah ich als nicht besonders tauglich für die Stallarbeit an und stattete es mit einer Displayschutzfolie und einer Schutzhülle aus. Bei der Schutzhülle ist die Auswahl nicht so groß, denn die meisten haben hinten ein Loch, dass die Hipster den angefressenen Apfel zeigen können. Aber es gibt auch welche, die nur den Stummschalter, die unteren Lautsprecher und die Anschlussbuchsen frei lassen.
Die Schutzhülle machte das Handy echt robust, es hielt fast alle Stürze aus, bis auf einen total harmlosen: 90 cm vom Schreibtisch, da war dann ein einzelner Riss quer über das Display.

Ende August 2017 habe ich dieses Handy verloren, vermutlich ist es aus der Jackentasche gefallen und in den Gülleabwurfschacht geschoben woden.
Seitdem habe ich ein iPhone SE, weil das kompakteste und günstigste der iPhone-Modelle.

Und letzte Woche der unfreiwillige Härtetest für ein echtes Indoor-Handy: Ein Kuhfladen. Im Stall habe ich mitten zwischen den Kühen was nachgekuckt und da rutscht es mir aus der Hand. Mit Schutzhülle und den Gummimatten auf den Laufgängen kein Problem, bloß in diesem Moment kackte eine Kuh drauf... Alles abgewischt, auch aus den Lautsprecher und abends kam die Überraschung: Es ließ sich nicht mehr aufladen, weil wahrscheinlich doch was in die Ladebuchse gekommen war.
Wie dann der Akku leer war und das Handy tot habe ich mit einer kleine Spritze und einer feinen Nadel die Buchse ausgespült, auf der Heizung getrocknet und dann funktionierte es wieder.
Also zertifiziert Fast-Scheißedicht:

Benjamin



Dienstag, 3. März 2020

Nach Ranzig - Teil 2

Gemolken wird in Ranzig in einem 36er Innenmelkerkarussell von WestfaliaSurge; Typ AutoRotor Magnum 40 mit dem klassischen Melkarm und Metatron S21-Terminals. 
Melkstandfütterung gibt es schon seit vielen Jahrzehnten und sind aber nicht mehr Stand der Technik; die AG Ranzig hat stattdessen eine Melkstandtränke gebaut. Kühe saufen nach recht viel nach dem Melken, deshalb ist auch im Rücktriebsbereich eine Tränke und zusätzlich eine vor dem Ausgangsbereich des Karussells: Ein halbes KG-Rohr und die Kühe fahren nacheinander vorbei und haben so gut ein dreiviertel Minute Zeit zum Saufen:




















Gemolken wird in zwei Schichten dreimal am Tag. Jede Schicht melkt die Herde anderthalb mal und dann noch die frischabgekalbten Kühe, wo auch die Färsen schon einige Tage vor dem Kalben mitlaufen. Dadurch ergibt sich eine Zwischenmelkzeit von 1x 12 und 2x 6 h am Tag. Für drei voll ausgelastete Schichten mit 3x 8 h Zwischenemelkzeit sind es einfach zu wenige Kühe. Das gleiche System wird auch in Karstädt angewandt, dort habe ich es zum ersten Mal gesehen.
Pro Schicht ist ein Melker im Karussell und ein Treiber, der auch nach den Abkalbungen kuckt.

Eine Besonderheit ist der Pasteur; den Hersteller habe ich wieder vergessen... Arbeitet als Kurzeiterhitzung im Durchlaufprinzip, danach wird die Milch abgekühlt, Säure zuigemischt und in die Vorratsbehälter im Kälberstall gepumpt. Die 400 l pro Melkzeit sind so in kurzer Zeit verarbeitet wogegen das Milchtaxi mit Pasteurisierfunktion nur 260 l fasst und mit der Dauererhitzung über eine Stunde braucht.

Die Kälber werden die ganze Tränkephase über weibliche und männliche zusammen gehalten (quasi Koeduktion) und danach in Mast und Aufzucht aufgeteilt. Die ersten zwei Wochen sind sie in Einzeliglus, die in einem alten Fahrsilo stehen das mal überdacht wurde. So ist es trocken und dazu ein Gefälle in die Mitte, das ursprünglich mal für den Sickersaft war. Dort kriegen die Kälber Vollmilch zu saufen, danach in Gruppen am Tränkeautomat für 20 Tage Vollmilch, dann sieben Tage lange verschneidend Wechsel auf Milchpulver bis sie mit 9 Wochen abgesetzt werden:




















Vielen Dank nochmal an Christian für die tolle Führung! So habe ich es nach fasst acht Jahren endlich mal zu Dir geschafft.

Benjamin