Sonntag, 10. November 2019

Labmagenverlagerung - Teil 1

Jetzt in der ersten Novemberhälfte ist traditionell nicht viel los und nur Alltagsbetrieb bevor die "Veranstaltungssaison" beginnt. Deshalb schreibe ich endich mal die Serie über die Labmagenverlagerung, die ich schon seit Ewigkeiten vor mir herschiebe.
Angefangen hat es bereits im Herbst 2016. Damals war Fabienne in der 8. Klasse und sollte ein Referat über ein mediziniches Thema halten. Sie schrieb mir deswegen, welches Thema sich denn aus dem Kuhbereich dafür eignen würde. Mir fiel eigentlich sofort die Labmagenverlagerung ein, einerseits eine recht bekannte Erkrankung und weil man das schön in die Abschnitte Anatomie mit den vier Mägen der Wiederkäuer, Ursachen, Prophylaxe und Therapie unterteilen kann. In der Mittagspause schrieb ich ihr eine E-Mail mit einem Entwurf in wenigen Stichworten. Später schickte ich ihr noch ein paar Fotos dazu. Fabienne bemühte sich sehr und bekam ganz souverän eine 1,0 auf das Referat.
Danach wollte ich das Thema auch noch mal im Kuhblog bringen, woraus aber bis nun heute nichts geworden war.

Die Wiederkäuer haben mit ihrem Vormagensystem insgesamt vier Mägen mit dem sie eigentlich unverdauliches faseriges Futter verwerten können. 
1. Pansen (Rumen) dem großen Gärbehälter in dem die Mikroben für die Faserverdauung leben.
2. Netzmagen (Reticulum), dem Schleudermagen mit dem das Futter zum Wiederkauen hochgewürgt wird.
3. Blättermagen (Omasum) in dem dem Futterbrei Wasser entzogen wird.
4. Labmagen (Abomasum) der dem "normalen" Magen der Nichtwiederkäuer entspricht bzw. bei den Kälbern die Milchverdauung stattfindet, quasi mit den Labenzymen die Milch verkäst wird.

Die Labmagenverlagerung wird mit LMV abgekürzt, umgangsprachlich wird von "Labmagen" gesprochen, was fachlich natürlich falsch ist, denn jedes Rind hat einen Labmagen und der ist in den seltesten Fällen verlagert. Der lateinische Begriff ist Dislocatio Abomasi; dafür reichen meine Lateinkenntnisse. Im Englischen wird meist mit der Abkürzung LDA - left displaced abomasum - gearbeitet; die seltenere RDA habe ich noch nie gelesen.

Normalerweise liegt der Labmagen leicht rechts ganz unten in der Bauchhöhle, bei der Verlagerung kann er sich nach meistens links oder seltener rechts verlagern. 
Ursache sind Verdauungsstörungen, vor allem bei zu viel leichtverdaulichen Kohlehydraten und zu wenig Faser läuft die Pansenverdauung nicht optimal und im Labmagen kann sich Gas ansammeln. Dieses Gas lässt den Labmagen wie ein Ballon im Körper der Kuh aufsteigen und sich verlagern. Problem dabei ist einmal die gestörte Verdauung, was die Versorgung der Kuh beeinträchtig und zu dem können am verlagerten Labmagen Blutgefässe etc. abgequetscht werden was die Folge hätte, dass der unbehandelt irgendwann abstirbt.

Theoretisch kann jedes Rind eine Labmagenverlagerung bekommen, einmal habe ich sogar eine bei einem vier Wochen alten Kalb erlebt. Am aller häufigsten ist es aber bei frischmelkenden Kühen nach der Kalbung, meist in der zweiten Woche, weil diese Kühe mit noch geringer Futteraufnahme am als erste zu wenig Faser für eine gute Pansentätigkeit. Die Häufigkeit ist sehr unterschiedlich, was vor allem an den Eigenschaften de Futters liegt, ob diese das Auftreten von Labmagenverlagerungen begünstigen oder fast schon ausschließen. Manche Beratungsfirmen geben an, dass man bei 3 % der gekalbten Kühen mit Labmagenverlagerungen rechnen müsste. Ich sehe das viel zu hoch gegriffen für den Durchschnitt; wenn es mal richtig "knallt" können es auch mal mehr sein, aber im Jahresschnitt würde ich eher 0,5 - 1,0 % angeben.

Fortsetzung folgt!

Benjamin

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