Samstag, 28. Mai 2022

Große Erfindungen - Melkmaschine - Teil 2

Über die Bestandteile der Melkmaschine:

Die Vakuumpumpe erzeugt das Vakuum um die Milch abzusaugen und die Zitzengummis zu bewegen. Meist ist es eine Drehschieberpumpe wie bei einem Kompressor-Güllefass. 
Dazu gehören ein Vakuumregelventil und ein Pufferbehälter um Schwankungen in der Vakuumhöhe z.B. durch Lufteinbrüche an den Melkzeugen auszugleichen. Sowie ein Manometer zur Kontrolle.
 
Pulsatoren, die das Vakuum quasi ein und ausschalten und sich so die Zitzengummis im Zitzenbecher bewegen . Vakuum - Zitzengummi öffnet sich und Milch fließt, Normaldruck - Zitzengummi schließt sich. Öffnen und Schließen verläuft in vier Phasen was eine Wissenschaft für sich ist. Diese vier Phasen dauern ca. 1 Sekunde, diesen Takt hört man deutlich am Klacken der Pulsatoren. Das empfinde ich als entspanndes Geräusch beim Melken weil einer ruhigen Herzfrequenz entsprechend.

Die Melkzeuge mit den Zitzengummis:
 
Zitzengummi. Die gibt es in rund, dreieckig und viereckig, in Silikon oder Gummi mit unterschiedlichen Kopfweiten. Als Monoblock, bei dem Zitzengummi und der kurze Milchschlauch zum Sammelstück aus einem Stück bestehen oder als klassischer Zitzengummi mit separatem kurzen Milchschlauch, bei denen sich dann ein Schauglas zur Kontrolle des Milchflusses dazwischen befindet.
Auf dem Foto ist ein runder Monoblock aus Gummi von DeLaval (glaube bei denen gibt es gar keine Zitzensilikone). Das Maßband daneben dient als Größenvergleich.


 



 

 

 

 

 

 

 

 

Melkzeug in Melkposition damals bei meiner simulierten Kuh (vergleiche auch Post vom 02.05.2017), weil sauber und schön ausgerichtet.

1 - Zitzenbecher, hier aus Kunststoff, weil dadurch ca. 200 g leichter, was am Tag über eine halbe Tonne ausmacht.
2 - kurzer Pulsschlauch
3 - kurzer Milchschlauch mit dem dazwischen gefügten Injektor für die Melkzeugzwischendesinfektion.
4 - Pulsverteiler zu den einzelnen Zitzenbechern
5 - Sammelstück, auch Zentrale genannt
6 - langer Milchschlauch vom Sammelstück zur Milchleitung
7 - zwei lange Pulsschlüche vom Pulsator zum Pulsverteiler
8 - Abnahmekette, häufiger eine Abnahmeschnur
9 - hier ist bei separatem Zitzengummi statt Monoblock das Schauglas


 




 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Milchleitung die zur Milchschleuse bzw. Milchabscheider führt, bei der die Milch im Vakuumstrom nach unten fällt zur Milchpumpe die sie zum Milchfilter transportiert.
Über der Milchschleuse ist das Ausdehnungsgefäß in dem die Milch bei überfließender Milchschleuse fließt, weil z.B. einfach zu viel Milch auf einmal kommt oder der Milchfilter mit zu viel Stroh und Dreck bei schlecht gereinigten Eutern verstopft ist und die Milchpumpe nicht gegen den Widerstand ankommt. Im Ausdehnungsgefäß schwimmt dann ein Ball auf und sperrt die Vakuumversorgung ab. So kann keine Milch dahin gelangen und die Piulsatoren und Vakuumpumpe verunreinigen/beschädigen. 
 
Die Spülleitung mit den Spülaufnahmen. Dabei werden zur Reinigung der Melkmaschine die Melkzeuge statt an die Euter an die Spülleitung angeschlossen und die Reinigungslösung im Kreis gemolken. Über einen Spülautomaten eird das Reinigungsprogramm abgespielt mit Vorspülen, Hauptspülen und Nachspülen. Mit saurem oder alkalischen Reinigungsmittel oder als Kochenwasserreinigung.
 
Es gibt eine Reihe weiterer Ausstattungsmöglichkeiten für Melkmaschinen. 

Automatische Melkzeugabnahme, die bei nachlassendem Milchfluss zum Melkende das Vakuum abschaltet, sodass das Melkzeug nicht mehr am Euter haften bleibt und es mit einer Schnur (oder Kette) wegzieht.

Milchmengenmessgerät, hier der linke zylindrische Behälter, der rechte ist der Probennehmer für die Milchkontrolle. Das ist das DeLaval MM15 (Milkmeter), funktioniert als "Wiegetasse" über die Gewichtskraft. Es gibt auch welche mit Infrarottechnik. Für mich ist die Milchmengenmessung schon immer Standard gewesen und das wichtigste Managementwerkzeug, weil man daraus so viel über Gesundheit und Fütterung ableiten kann.


 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tiererkennung und Melkplatzterminals. Die Tiererkennung mit Halsband/Fuß/Ohrmarkentransponder. Damit kann man die Milchleistung einer Kuh zuordnen und an den Terminals auch Informatioenn zu jeder gerade gemolkenen Kuh anzeigen lassen.

Stimulation. Es dauert ca. 45 Sekunden bis die Kuh das Oxytocin ausschüttet und die Milch in die Euterzisterne einschießt. Beim Melkkarussell ist es recht einfach weil die Kuh diese Zeit braucht vom Vormelken bis zum Ansetzender Melkzeuge zu fahren. Im Fischgräten/Side-by-Side-Melkstand kann man nicht nacheinander bei einer Kuh Vormelken, Abputzen und Ansetzen, weil dann das Melkzeug schon am Melken ist, aber noch keine Milch fließt was schädlich für das Euter ist. Also entweder mehrere Kühe nacheinander Vorbereiten oder eine Stimulation. Dabei wird die Freuquent der Pulsatoren erhöht (so 150 pro Minute) was ein flatterndes Geräusch gergibt. Die Zitzenbecher bleiben am Euter haften, aber es fließt keine Milch weil sich die Zitzengummis zu schnell öffnen und schließen. Wenn der Milchfluss einsetzt bzw. nach eine bestimmten Zeit wird auf die normale Melkpulsation umgeschalten.

Zwischendesinfektion der Zitzenbecher nach jeder Kuh um Übetragungen von Krankheitserregern von Kuh zu Kuh zu vermeiden. Da gibt es verschiedene Systeme, Backflush das über den langen Milchschlauch das Sammelstück und die Zitzenbecher durchspült und bei Airwash von DeLaval mit deutlich weniger Wasser in die kurzen Milchschläuche einspritzt.

Automatische Dippsysteme, die beim Abnehmen der Melkzeuge die Zitzen gleich dippen. Ausführlicher im Post vom 14.03.2019.

Benjamin

Dienstag, 24. Mai 2022

Große Erfindungen - Melkmaschine - Teil 1

Jetzt kommen die letzten Folgen der Miniserie über die großen Erfindungen für die Milchkuhhaltung.

Das Melken ist die grundlegende und auch heute noch zeitlich umfangreichste Arbeit in der Milchproduktion. Daher ist die Melkmaschine die wichtigste Erfindung.

Beim Handmelken sind der Melkleistung biologische Grenzen gesetzt. Einmal die Oxytocinausschüttung im Gehirn, wenn die Kuh nach dem Vormelken die "Milch laufen lässt" analog dem Säugen des Kalbes. Das wirkt nur so 7 bis 8 Minuten, ungefähr was ein Kalb an Zeit für eine Mahlzeit braucht.
Beim Handmelken muss der Melker die Kuh in dieser Zeit ausgemolken haben. Früher bei den Zootechnikern war das Ausbildungsziel 1 kg pro Minute,das war schon ambitioniert und für mich persönlich sehe ich es als unerreichbar an. Einerseits habe ich "nur" Vormelken gelernt und nie auf Leistung und andererseits sind die Euter der heutigen Kühe auf das Melken mit der Melkmaschine gezüchtet mit deutlich kürzeren und dünneren Zitzen, die schwerer von Hand zu melken sind.
 
Die Melkmaschine kann deutlich schneller melken, auf allen vier Strichen gleichzeitig und mit entsprechender Auslegung auch so schnell wie die Kuh die Milch hergibt. Im Testherdenprogramm wird für die Melkbarkeit (RZD) bei Erstkalbskühen nach 50 Tagen rum das Minutengemelk erfasst, das liegt meist um die 2,5 kg/min. Bei älteren Kühen mit höherer Leistung können es auch 4 - 5 kg/min sein. Das wurde züchterisch so bearbeitet als man die Melkmaschinen zur Verfügung hatte.
Und die Melkmaschine kann mehrere Kühe gleichzeitig melken, der größte Melkstand den ich bisher gesehen habe hatte 100 Plätze.
 
Melkmaschinen wurden schon Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt, mit allen möglichen Verfahren wie man versuchte die Milch aus der Kuh zu bekommen. Wovon viele nicht erfolgreich waren und auch nicht der Gesundheit der Kuh zuträglich.
Irgendwann setzte sich das bis heute verwendete Saugmelkverfahren durch, bei dem die Bewegung beim Handmelken bzw. die Zunge des saugenden Kalbs nachgeahmt wird.
Die Zitze wird in den Zitzenbecher aus Stahl oder Kunststoff gesteckt. Im Zitzenbecher ist der Zitzengummi (aus Gummi oder Silikon) Über die Pulsation im Melkbecherzwischenraum mit Unterdruck (ca. 40 kPa bzw. 0,6 bar absolut) und Normaldruck bewegt sich der Zitzengummi und führt an der Zitze eine Melkbewegung aus. Im Innenraum des Zitzengummis bzw. im fortführenden Milchschlauch liegt auch der Unterdruck an und saugt die ermolkene Milch ab.
In den 1950er bis 1970er Jahren verbreiteten sich die Melkmaschinen, was für Arbeitserleichterung und einen Produktivitätssprung sorgte. 
Das kann man leicht ausrechnen: Bei ca. 35 Mrd. kg Milch die die deutschen Kühe im Jahr geben wären bei trainierten Handmelkern 500 Mio. Arbeitsstunden nötig, macht knapp 300.000 Melker, die aber ausschließlich melken und die es bei Weitem nicht gibt. In Zeiten vor der Melkmaschine gab es einfach genug Leute für das Handmelken.

Benjamin

Freitag, 20. Mai 2022

Schalmtest

Die letzten Tage habe ich viele Schalmtests gemacht bei Kühen die in der letzten Milchkontrolle sehr hohe Zellzahlen hatten aber keine akuten Euterentzündungen.

Der Schalmtest heißt auch California Mastitis Test, kurz CMT, was eine schöne Abkürzung ist. Kann man gut auf eine voruntersuchte Kuh mit Fettstift draufschreiben "CMT iO".

Beim Schalmtest reagieren die Zellen in der Milch mit der Testflüssigkeit und anhand der Reaktion kann man die Zellzahl abschätzen. Nicht in absoluten Zahlen sondern in relativen Größenordnungen.

Zuerst wird die Kuh vorgemolken, um wie beim normalen Melken den Dreck aus den Strichkanäle rauszuspülen. Dann wird jedes Viertel auf die Schalmtestplatte gemolken, mit der Testflüssigkeit versehen und geschwenkt, dass es sich vermischt und reagiert.

Das Ergebnis unterteile ich in meiner Arbeit in vier Stufen:
CMT 0 = nur Farbänderung durch die Testflüssigkeit.
CMT + = Schlierenbildung, leicht erhöhte Zellzahl
CMT ++ = wird zäh, stark erhöhte Zellzahl
CMT +++ = verklummt, das sind Millionen Zellen und sieht man aber meist schon beim Vormelken.

Benjamin


Montag, 16. Mai 2022

Umfrage zum RZRobot

Vor 7 Jahren, zur Zuchtwertschätzung Dezember 2014 (ZWS 1412) führte der Deutsche Holstein-Verband (DHV) als Dachorganisation der Holsteinzucht in Deutschland den RZRobot ein. Der Relativzuchtwert Robotereignung berechnet für Besamungsbullen die Tauglichkeit der Töchter für automatische Melksysteme.

Melkroboter gibt es nun seit 30 Jahren und haben sich in der Landwirtschaft etabliert Wieviel Prozent der Kühe mit Robotern gemolken werden weiß ich nicht, aber seit vielen Jahren werden mehr Melkanlagen mit Roboter als mit konventionellen Melksystemen gebaut (Anzahl, nicht Kapazität). Und wie der Umstieg von Handmelken auf Melkmaschinen neue Anforderungen an die ideale Kuh stellte so sind es beim Melkroboter wieder andere. Dies ist vor allem das Ansetzen der Zitzenbecher, denn der Melker ist da bei der Erkennung und Korrekturbewegungen extrem leistungsstark.
Damals war ich aber schon der Auffassung dass Melkroboter nicht nur die Zukunft sein werden sondern auch robotertaugliche Kühe im Melkstand leichter zu melken sind. Mein Maßstab ist da das Euter bei dem man die Zitzenbecher blind ansetzen kann weil sich die Zitzen dort befinden wo man sie erwartet.

Den Weg andersrum kann man auch gehen, als Beispiel das Milchgut Görlsdorf die für ihr Melkkarussell jahrzehntelang leicht melkbare Kühe gezüchtet haben und davon extrem beim Umstieg auf das Roboterkarussell profitierten (siehe auch Post vom 04.06.2018).

So ist der RZRobot aus Einzelzuchtwerten zusammengesetzt:






 
 
 
 
 
 
Melkbarkeit (RZD) ist der Milchfluss pro Minute, denn wenn die Kühe schneller Melken kann der Roboter am Tag mehr Kühe bedienen.
Fundament ist der Exterieurkomplex als Hilfsmerkmal wie gut die Kühe zu Fuß sind, denn sie müssen ja selbstständig zum Melken laufen und werden nicht abgeholt.
 
Jetzt will der BRS (Bundesverband Rind und Schwein, in dem der DHV aufgegangen ist) den RZRobot überarbeiten und macht hierfür eine Umfrage unter Landwirten mit Melkroboter bzw. Perspektive auf Melkroboter.


Meine Hauptverbesserungsvorschläge sind die Exterieurmerkmale Fundament und Euter durch die zeitgemäßen und genaueren Gesundheitszuwerte RZKlaue und RZEuterfit zu ersetzen und die Mindestanforderung von 100 Punkten RZRobot für die Veröffentlichung aufzuheben. Denn "ohne RZRobot" ist eine große Masse an Bullen von RZRobot 70 bis 99 und einer mit 98 oder 99 käme schon in Frage wenn er andere Stärken hat.

Benjamin

Donnerstag, 12. Mai 2022

Wieder was Neues

In der Milchviehhaltung in mittleren bis großen Maßstäben kriegt man doch über die Jahre einige seltene Sachen mit.
 
Diese Woche war es eine Kuh die in der Milchleistung stark eingebrochen war und wir keine Ursache dafür finden konnten. Sie wurde bei der Trächtigkeitsuntersuchung unserem Tierarzt mit vorgestellt und er hatte schnell eine Diagnose: Gebärmutterverdrehung. Da war ich etwas ungläubig weil die Kuh erst 180 Tage tragend war. Das ist dann eine Torsio uteri ante partum - Verdrehung der Gebärmutter vor der Geburt. Mit meinen verbleibenden Lateinkenntnissen kann ich mit dem Begriff etwas anfangen.
Gebärmutterverdrehungen sind meist ein Geburtsproblem und recht selten, kann mich gut an eine 2015 erinnern, das war zwar bei den Umständen zum Glück kein traumatisches aber sehr prägendes Erlebnis.
Aus Interesse habe ich mal reingefasst und rektal konnte ich nur ertasten, dass was Hartes drin ist, ob das die Verdrehung selber war kann ich nicht sagen. Rektalisieren habe ich im März 2011 auf der Neumühle gelernt um Kotproben für den Luzerneversuch zu nehmen. Mehr als "Füllstand" Enddarm und Kotkonsistenz kann ich da nicht bestimmen.
Vaginal (Handschuh gereinigt!) war es eindeutig, nicht gerade zum Muttermund hin sondern hat zwischendrin ein Knick nach rechts weg gemacht.

Aufdrehen geht in dem Stadium nicht und das Kalb ist bereits tot weil die ganzen Blutgefäße abgeschnürt sind. Da das Kalb aber noch "frisch" war konnte die Kuh noch geschlachtet werden, dafür braucht es aber ein veterinärmedzinisches Begleitschreiben mit der Diagnose weil sie nahe an der rechtlichen Grenze vom zweiten zum dritten Trächtigkeitsdrittel war.

Mittlerweile bin ich nach "8.000 Kuhjahren Erfahrung" soweit, dass ich solche Ereignisse als schlimm aber glücklicherweise recht selten einordne.

Benjamin

Montag, 9. Mai 2022

Rapsblüte 2022

Wie jedes Jahr gibt es im Kuhblog ein Foto von der Rapsblüte.

Und auch wie jedes Jahr zur Bedeutung des Raps: Die wichtigste Ölfrucht im deutschsprachigen Raum und nach Gras die zweitwichtigste Proteinquelle in der Rinderfütterung.

Eigentlich dachte ich dass dieses Jahr nach dem nicht übermäßige strengen aber dafür sehr langem Winter mit Nachtfrösten bis weit in den April hinein die Blüte sehr spät ist. Wie ich aber jetzt nachgeschaut habe wann es in den letzten Jahren als soweit war ist der 7./8. Mai gar nicht so selten; letztes Jahr war es nach dem ebenfalls langen Winter um den 11. Mai rum.

Gestern am Sonntag, den 8. Mai. Bei dem tollen Wetter ist es eindeutig eines der besseren Rapsblütenfotos geworden:

Benjamin
 

 

Donnerstag, 5. Mai 2022

Neues Fressgitter

Auf dem St. Wendelinhof der TH Bingen gab es jetzt für die melkenden Kühe ein neues Fressgitter. 
 
Die Modernisierung im Kuhstall läuft seit nunmehr fast zwei Jahren. Im Herbst 2020 gab es neue Liegeboxenbügel und Kuhmatratzen (siehe Post vom 02.10.2020) und  kurz darauf die Stallbeleuchtung (siehe Post vom 28.08.2021). Das Fressgitter hatte sich so verzögert weil die Montage nicht dierekt von der Technischen Hochschule beauftragt wurde sondern über den Landesbetrieb für Immobilien lief.

Bisher war das ein Schwedenfressgitter mit Fangvorrichtung gewesen (siehe auch Post 20.07.2019), das stammte von 2001 als der Stall von Anbindestall auf Laufstall mit Melkroboter umgebaut worden war. Der Vorteil vom Schwedenfressgitter ist die Eignung für Kühe mit Hörnern, da sie den Kopf nicht "durchfädeln" müssen. Nachteil ist die untenliegende Verriegelungsstange die damit deutlich schmutzanfälliger ist.

Das ist das neue Fressgitter. Genauer ein Sicherheits-Selbstfangfressgitter. Selbstfang ist der Mechanismus mit dem sich die Kühe selber Einfangen wenn sie den Kopf durchstecken. Bei der entsprechenden Halsweite können sie nicht mehr raus, weil der Kopf hinter den Ohren breiter ist.
Sicherheit bedeutet die Kuh kann den Kopf oben und unten rausziehen wenn das Gitter geöffnet wird, so kann eine gestürtzte Kuh den Kopf rausziehen ohne Aufstehen und den Kopf bis zur oberen Öffnung heben zu müssen.
Dann kommt noch der Einfädelschutz dazu und zwar unten das Blech und über dem Schanier der gebogene Stab die verhindern dass sich Kühe mit dem Halsband im Gitter verfangen können.
Das Gitter ist geschweißt und die senkrechten Rohre sind geschraubt, so kann man die Halsweite auf die Herde einstellen. Wenn Kühe mit dickerem Hals sich nicht einfangen oder solche mit kleinem Kopf rausschlüpfen können. Beides zugleich in der Herde kommt bei Kühen eigentlich nicht vor.
 
Hersteller ist die Firma Agritubel aus Frankreich, Typ ist Fiabilis.
 
Benjamin



Sonntag, 1. Mai 2022

Nach Diera

Diese Woche war ich bei einer Veranstaltung des IVM (Interessenverband Milcherzeuger) und zwar eine Exkurion zur Milchhof Diera KG in Diera bei Meißen in Nordsachsen.

Landschaftlich bei strahlendem Sonnenschein und beginnender Rapsblüte sehr reizvoll, mit dem Weinanbau an der Elbe und auf der gegenüberliegenden Elbseite die Lommatzscher Pflege, ein Ackerbaugebiet mit Lössböden hat es mich schon an meine alte Heimat in Rheinhessen erinnert; aber halt mit Kühen.

Der Milchhof Diera ist recht bekannt (z.B. hier ein Artikel in der Elite); mit einer Jahresleistung von knapp 13.000 kg pro Kuh bzw. 968 Fett-Eiweiß-Kilo der zweitbeste Betrieb in Sachsen. Also ein Name den man kennt.
Entstanden ist der Betrieb nicht als LPG-Nachfolger sondern als Wiedereinrichter durch drei Familien in einer GbR und später von zwei der Familien in eine KG umgewandelt.
Der Betrieb ist über die letzten 30 Jahre schrittweise gewachsen, sodass der Hof deutlich breiter als lang ist mit vier Ställen mit fünf Futtertischen und insgesamt 25 Liegeboxenreihen nebeneinander.

Der neuste Stall von 2021 ist der Reprostall für Trockensteher und Abkalber. Auf der einen Seite des Hauptreibewegs der alle vier Ställe verbindet drei Reihen Liegeboxen für die Trockensteher und auf der anderen Seite zehn Abkalbeboxen.
Jede der Abkalbeboxen ist für sechs Kühe vorgesehen mit Platz für bis zu acht bei Abkalbespitzen. In den ersten beiden Boxen werden die gerade abgekalbten Kühe gesammelt bis sie in die Frischmelkergruppe können oder auch mal eine Kuh die nicht über das Karussell (Lemmer Fullwood 50er Außenmelker mit Inline-Milk-Analyser) gehen kann.

Von der Konzeption her die Umsetzung meiner perfekten Abkalbebox (siehe auch Posts vom 29.03.2021 und 31.03.2021). Von der Traufseite her voll befahrbar zum Ausmisten; zwischen zwei Boxen sind abwechselnd massive Mauern (rechts zu sehen) oder Abtrennungen mit integriertem Fangplatz für Geburtshilfe (links). Im Fressbereich ist durchgehend eine Rohrmelkanlage über dem Fressgitter und unten am Barren eine Sprühleitung um den Laufgang anzufeuchten dass sich kein Schmierfilm bildet. Im Fressgang sind keine Zwischentore sondern Hubschranken, das vereinfacht das Umstellen zwischen den Boxen:
 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Besonderheiten des Betriebs:
- Alle Liegeboxen als Tiefboxen die mit Strohpellets eingestreut werden. Vor dem Einstreuen werden die Pellets eingeweicht, quellen dann auf und zerbröseln. Von der Optik liegt das irgendwo zwischen feinem, sehr trockenem Gärrest, Sonnenblumenschalen und Sand.
- Alle Ställe sind mit Fressgittern ausgerüstet. Das ist bei der Herdengröße schon ungewöhnlich aber aus der Geschichte des Betriebs entstanden, dass immer mit Fressgittern gearbeitet und nie ein Selektionsbereich benötigt/gebaut wurde.
- Im Sommerhalbjahr wird Frischfutter gemäht und einmal am Tag in die Ration eingemischt und nicht sparat gefüttert um den Effekt der TMR nicht zunichte zu machen. Ursprünglich mal aus Futtermangel begonnen ist es heute auch wegen der positiven Effekte auf die Fruchtbarkeit (Art Flushfütterung).
- Ein kleiner Teil der Herde sind Jerseys, die genau wie die Altmelker nur zwei statt dreimal täglich gemolken werden und die Milch wird separat erfasst und unter einer eigenen Lieferantennummer an die Molkerei verkauft.
- Die tragenden Färsen sind auf einen Zweigbetrieb 45 km weit entfernt ausgelagert.
- Eine Milchtankstelle am Melkhaus. Original Dieraer Kuhmilch.
- Als Detail ist mir der intensive Einsatz von Karabinerhaken für verschiedenste Anwendungen aufgefallen wie verbiegesichere Sturmhaken an den Stalltoren und jerseytaugliche Lecksteinhalter.

Ein Foto mit gleich drei der Besonderheiten: Jerseys im Fressgitter und TMR mit eingemischtem Grünfutter:
 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Noch einmal vielen Dank an Hrn. Schlunke für die tolle Führung!
 
Benjamin