Donnerstag, 23. Juni 2022

Wachstum steuern

Dieser Post ist über eine Zukunftsvision, bei denen es bisher nur an der praktischen Umsetzung gescheitert ist. Das Konzept ist ausgearbeitet und nichts Großartiges, aber in der breiten Praxis und auch bei uns eine nicht übliche Verfahrensweise.
 
Jungvieh in größerem Stil wiegen und auch im BCS (Body Condition Score) einzustufen kenne ich nur von meinem Stammbetrieb Hofgut Neumühle. In Sargleben werden die Färsen meist nur ein einziges Mal gewogen ob sie schwer genug (> 400 kg) sind für die Zulassung zur Besamung.
 
Im Nordosten wird man sehr von der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern geprägt, die insbesondere ihre Untersuchungen auf die Daten des ProFit-Testherdenprogramms  beziehene. Also eine breite Grundlage und für mich unter passenden Bedingungen.
Aus dem Datenmaterial abgeleitet die Empfehlungen für die Tageszunahmen in der Jungviehaufzucht:
- Bis 6 Monate Alter: Keine Limitierung, alles was geht, denn hier findet das Organwachstum statt und es wirkt die metabolische Programmierung, dass ein gut versorgter Körper sich grundsätzlich darauf einstellt und so für Höchstleistungen bereit ist.
- 6 bis 12 Monate Alter: 850 g pro Tag. Darüber geht die Energie in Fett, das nicht nur mit dem hohen Energiegehalt sehr teuer erfüttert ist sondern auch zu Problemen führen kann (Fruchtbarkeit, enge Geburtswege). Dieser Umstieg auf Fettansatz kann man tierindividuell am BCS feststellen, ich sage dazu "wird speckig". Aber da ist es eingentlich schon zu weit.
- ab 12 Monate 750 g pro Tag.
 
Das Wachstum ist am besten mit regelmäßigen Wiegungen zu kontrollieren. Das wird auch empfohlen, ist aber nur wenig verbreitet.

Von den Zunahmen aus kann man dann nach oben oder unten steuern.
Vom Verdauungsystem her können Rinder eine bestimmte Menge fressen, begrenzender Faktor ist die Kapzität des Pansens, was er an Faser verdauen kann. Das ist relativ konstant und beträgt pro 100 kg Lebendmasse ("Körpergewicht") 500 - 600 g Rohfaser bzw. 1.000 - 1.200 g NDF aus dem Grobfutter am Tag.
Hat das Futter weniger Faser (z.B. Maissilage) fressen die Rinder mehr kg davon, hat es mehr Faser (z.B. Stroh) fressen sie weniger. Da Faser und Energie ziemlich gegenläufig sind lässt sich ein Optimalpunkt finden bei dem zur benötigten Faser auch die benötigte Energie passt. 

In der praktischen Umsetzung ist das meist die Veränderung des Strohanteils in der Ration. Das berechnen wir aber (aktuell noch...) nicht anhand der Futteraufnahme und dem ermittelten Bedarf sondern nach Gefühl. Wobei da die Reaktionszeiten sehr lang sind und man das erst an der Entwicklung der Färsen in die falsche Richtung bemerkt.
Höherer Strohanteil --> mehr Gehalt an XF/NDF --> geringere Futteraufnahme und geringerer Energiegehalt --> geringere Energieaufnahme --> weniger Wachstum.
Geringerer Strohanteil --> geringerer Gehalt an XF/NDF --> höhere Futteraufnahme und höherer Energiegehalt --> höhere Energieaufnahme --> mehr Wachstum. 

Mit der genauen Einstellung auf ein Wachstum soll dann mein zukünftiges Systen für die optimale Anzahl der Trächtigkeiten (siehe auch Post vom 12.06.2022) bei jeder Färse mit bekanntem Gewicht und bekanntem Zyklus den optimalen Zeitpunkt für die Erstbesamung bestimmen.

Benjamin
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen