Montag, 5. Juli 2021

Milchharnstoff

 
Im Pansen entsteht beim Proteinabbau Ammoniak, der von den Pansenmikroben unter Energieaufwand in Mikrobenprotein umgewandelt wird. Steht nicht genügend Energie zur Verfügung wird der Ammoniak in der Leber zu Harnstoff umgewandelt, der über den Speichel wieder in den Pansen zurückgeführt und auch über die Milch und den Urin ausgeschieden wird. Somit kann man anhand des Harnstoffgehalts in der Milch eine Aussage über den Stand der Proteinverdauung im Pansen treffen. Vorteil dabei ist auch, dass der Harnstoff kuhindiviudell bei der Milchleistungsprüfung und bei der Milchgüte bei der Milchabholung regelmäßig gemessen wird. Daraus kann man das auf das Mittel der Herde beziehen.
 
Der Harnstoffgehalt wird in ppm (parts per Million, entspricht 0,0001 %) angegeben. Eine Mindestmenge Harnstoff soll trotzdem in der Milch vorhanden sein, denn wenn sämtliches Protein im Pansen in Mikrobenprotein umgewandelt wird ist eigentlich schon wieder zu wenig vorhanden. Als untere Grenze zum Proteinmangel gelten 150 ppm (= 0,015 %), nach oben zum Proteinüberschuss 300 ppm (= 0,03 %), wobei die Tendenz zu einer deutlich niedrigeren oberen Grenze geht, weil man so effizienter wird. Denn wenn weniger Stickstoff über den Harnstoff in der Milch ausgeschieden wird so dann auch weniger im Urin.
 
Eine Übersicht über den Stand der gesamten Herde gibt die 9-Felder-Tafel. Nach ihrem Milcheiweiß- und Milchharnstoffgehalt in der Milchleistungdprüfung nach wird jede Kuh als Punkt eingetragen. Es ergibt sich eine Punktewolke, von der die meisten Punkte im mittleren Feld liegen sollten.
Die x-Achse mit dem Harnstoffgehalt zeigt an wie viel Protein im Pansen zur Verfügung steht; zu wenig, passend oder zu viel.
Auf der y-Achse ist der Milcheiweißgehalt, der aus der verfügbaren Energie im Pansen resultiert. Wenig Energie = wenig Mikrobenprotein kann gebildet werden = niedriger Eiweißgehatlt; viel Energie = viel Mikrobenprotein kann gebildet werden = hoher Eiweißgehalt:
 
 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Da die 9-Felder-Tafel schon Anfang der 1990er Jahre entwickelt wurde passt sie nicht mehr immer zu den deutlich gestiegenen Milchleistungen. So liegt eine Kuh mit einer Tagesleistung von 60 kg Milch nicht selten unterhalb von 3,2 % Eiweiß ohne einen Energiemangel im Pansen zu haben. So wurde 2016 von der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern die 6-Felder-Tafel entwickelt, bei der der absolute Eiweißgehalt durch den Fett-Eiweiß-Quotient ersetzt ist. Mit dem FEQ, dem Verhältnis von Milcheiweiß zu Milchfett lässt sie besser die Energieversorgung beurteilen als mit dem reinen Eiweißgehalt. Die Grenze ist ein FEQ von 1,4, darunter ist eine ausgeglichene Energieversorgung darüber ein Mangel, weil normal Milchfett und -zucker gebildet wird, aber zu wenig Eiweiß. Z.B. 2,9 % Eiweiß, 3,7 % Fett, FEQ =  1,28; kein Energiemangel. 3,6 % Eiweiß, 5,3 % Fett, FEQ = 1,47, Energiemangel. Die oberste Zeile ist weggefallen, weil man alleine aus den Milchinhaltsstoffen nur noch schwer einen Energieüberschuss ableiten kann.
 
Benjamin 



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