Freitag, 28. Februar 2020

Nach Ranzig - Teil 1

Letzte Woche bei der Milchtour ging es zur Betriebsbesichtgung zur Agrargenossenschaft Ranzig eG auf die Milchviehanlage Stremmen. Für mich die erste Exkursion in diesem Jahr und auch eine schon lange geplante. Der Produktionsleiter ist ein Studienkollege von mir und da stand ein Besuch schon seit 2012 auf der Liste, wenn auch fast am anderen Ende Brandenburgs schon etwas weiter weg. Nun war die Milchtour endlich ein Anlass dafür.

Die AG Ranzig ist eine der Genossenschaften die sich nicht auf eine einzelne Tierart oder sogar reinen Ackerbau spezialisiert sondern sich breiter aufgestellt hat. Es werden Rinder und Schweinehaltung in ihrem ganzen Umfang betrieben, dazu Schlachtung und Direktvermarktung in mehreren Fleischerläden. Mehr Infos unter www.agrar-ranzig.de und www.landfleischerei-ranzig.de.

Der Milchviehbereich ist in den letzten Jahren in die Spitzengruppe in Brandenburg aufgerückt mit über 11.500 kg Jahresleistung und auch von der Zucht her. So wird intensiv Embryotransfer betrieben und einige Färsen stehen auf der ET-Station in Nückel, wo wir sie auch bei der letzten Testherdentagung gesehen haben (vgl. Post vom 11.06.2019). 

Die weiblichen Tiere werden im Programm KuhVision alle genomisch typisiert, wobei das genetische Niveau im Vergleich zu allen KuhVision-Betrieben in Deutschland durchschnittlich ist bei weit überdurchschnittlichen Kennzahlen. Das ist der Unterschied zwischen Genotyp und Phänotyp, was genetisch vorhanden ist und was daraus gemacht wird, denn die Genetik macht nur 10 - 20 % aus, Haltung, Fütterung und Management haben einen viel größeren Einfluss.

Der Kuhstall für die melkenden Kühe wurde 2003 umgebaut, ursprünglich zwei Typenställe L203 (siehe auch Post vom 09.01.2017), die miteinander verbunden wurden und auf beiden Seiten noch angeschleppt. Von den ursprünglichen Ställen sind nur noch die Ständer und Dachkonstruktionen übrig und der Innenraum komplett umstrukturiert, auf gut 70 m Breite 12 Liegeboxenreihen und 3 Futtertische. Durch die große Breite ist die Querlüftung im Sommer problematisch, sodass viele Lüfter und in einigen Gruppen auch eine Berieselungsanlage installiert sind.
Standard-Futterisch-Perspektive am mittleren Futtertisch:




















Quer vor dem Stall ist die Futterhalle. Als Futtergrundlage dienen Gras-, Mais- und Luzernesilage. Mit den typischen Brandenburger Standortbedingungen - Sandböden mit durchschnittlich 24 Bodenpunkten und Vorsommertrockenheit - wird neben dem Maisanbau insbesondere auf Ackergras gesetzt mit einem Umfang von 300 ha. Ziel ist es für 2020 damit so viel Silage im ersten Schnitt zu ernten, dass davon die Milchkühe das ganze Jahr gefüttert werden können, durchgehend mit höchster Qualität und ohne Leistungseinbußen durch Fütterungsumstellungen. Die ganze restliche Grassilage der Folgeschnitte vom Ackergras sowie vom Dauergrünland geht dann an die Mutterkühe, Jungvieh und Mastrinder. Ein wirklich interessanter Ansatz.
Gefüttert wird mit zwei Personen, eine ist der eigentliche Fütterer und die andere holt die Silage von den Silos in die Futterhalle. Der Mischwagen (Trioliet Solomix 2-1600, 2-Schnecken Vertikalmischer mit 16 m³, und Claas Arion 430 davor) macht pro Tag 25 Mischungen für sämtliche Rinder der Genossenschaft und auch die Boxeneinstreu. Nach drei Jahren ist der nun verschlissen, mal wieder ein Beispiel für hohe Maschinenauslastungen:




















Farbtupfer in der Herde sind einige Jerseys, mit knapp 1.000 Kühen in Brandenburg sind die noch seltener als Rotbunte. Ganz typisch neugierig und gleich vorne am Gatter:




















Fortsetzung folgt!

Benjamin

Sonntag, 23. Februar 2020

Nachruf auf Kyra

Sie war wirklich ein großer Kuh-Fan auf ihre ganz eigene Art.

Stallkatzen kommen und gehen, das ist ein ständiger Wechsel; über wie viele Katzen ich schon hier im Kuhblog berichtet habe. Es sind meist halbwilde Katzen mit einer Bandbreite von recht scheu bis zur sehr anhänglich.
Kyra war aber eine richtige Hauskatze meiner Eltern und doch eine Bauernhofkatze. Sie stammte vom Hof meines Großcousins, der als letzter in der Familie Milchkühe hielt bevor ich wieder damit anfing. Bei Kyras Geburt waren es aber glaube nur noch Mastbullen. Sie sei auf dem Misthaufen aufgewachsen sagten wir darüber.

Wenn ich in den letzten Jahren auf Besuch bei meinen Eltern und dann Sonntagsmorgens zum Melken auf meinem Stammbetrieb Hofgut Neumühle war beanspruchte sie danach meinen Overall. Der Kuhduft-Overall; kaum war man im Hausflur kam sie her und zerrte teilweise schon den Overall aus der Tasche. Erst um sich darauf zu wälzen und dann für viele Stunden darauf zu schlafen, dass keine andere Katze ihn besetzen kann. Irgendwann ist dann der ganze Kuhduft verbraucht.

Am 5. April also dann gleich in die Waschmaschine...

Benjamin 


 

Freitag, 21. Februar 2020

Milchtour - Teil 2

Bei der Vortragsveranstaltung der Milchtour war der dritte Vortrag von Dr. Wippermann von der Klinik für Klauentiere der Uni Leipzig, der am Projekt KUH-mehr-Wert-Navigator beteiligt ist, wo ein System entwickelt wird, dass durch eine kontinuierliche Betriebsanalyse Verbesserungspotential in Milchviehbetrieben erschließen soll. Quasi der Kuhwert (vgl. Post vom 03.02.2018) zur Bewertung der einzelnen Kuh auf die gesamte Herde und ihre Haltung ausgweitet.
Es ging um die Wasserversorgung von Milchkühen, immerhin ist Wasser das wichtigste Futtermittel überhaupt und auch der größte Bestandteil der Milch.
Kühe saufen von 50 bis weit über 100 l Wasser am Tag, in Portionen von rund 10 Litern in einer halben Minute.
In 12 Brandenburger Michviehbetrieben wurde die Tränkewassersituation genau untersucht und vermessen. 
- Wasserqualität ist selten ein Problem, wenn dann geogen bedingt was auch den Geschmack beeinträchtigen kann.
- Verschmutzung durch Kot ist eher selten, mehr durch Stroh und Futter, auch bildet sich ein Biofilm, besonders unter den Verkleidungen von Schwimmerventilen. Beim Futter habe ich die Beobachtung vor dem Zugeben von Wasser in die Ration gemacht, dass vor allem das Mineralfutter sich in den Tränken ansammelt. Eine Reinigung am Tag ist sinnvoll. Das Wasservolumen aller Tränken wäre dabei nicht zu vernachlässigen, weil so pro Kuh und Jahr schnell 2 - 3 m³ in die Gülle fließen. Da die Kuh nur 10 - 15 cm Wassertiefe braucht (die Nasenlöcher sind über Wasser!) sind flache Tränken sinnvoller als Badewannen.
- Ausreichend Tränken. Da wurde eine Art "Auffüllzeit" für die Kühe berechnet. Einzeltränken und jeweils 60 cm Trogtränke wurden als Einzelplatz gerechnet mit einem Durchfluss von 20 l/min oder wenn darunter anteilig. Wobei es viele Tränken gibt die unter 5 l/min pro Minute schaffen, die nenne ich immer verächtlich "Pisstränken". Und mit dieser verfügbaren Tränkenleistung soll die Herde innerhalb von 10 Stunden ihren täglichen Wasserbedarf decken können.
- Die Messung des Kreatingehaltes im Urin, der einen Rückschluss über die Wasserversorgung des Einzeltieres zulässt. Das wurde auch bei der Bestandsuntersuchung durch die FU Berlin gemacht (siehe Post vom 06.04.2017). Dabei kam heraus, wenn auch 12 Betriebe als Grundgesamtheit arg wenige sind, dass die mit guter Wasserversorgung um 1 Liter höher in der Milchleistung lagen.
Als Gesamtfazit soll besonders die Wasserversorgung der Trockensteher ins Auge gefasst werden, dass insbesondere diese nicht in einen Wassersparmodus gehen mit den gesundheitlichen Folgen.

Der vierte Vortrag war von Dr. Simon vom RBB über aktuelle Projekte in der Zucht.
Zuerst über Cowpare, das gerade von den Zuchtverbänden und Landeskontrollverbänden von Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern entwickelt wird. Es ist eine Online-Anwendung zum Benchmarking im Vergleich zu anderen Milchviehbetrieben. Es basiert auf den ganzen Daten die im Rahmen der Milchleistungsprüfung erhoben und im Rechenzentrum des VIT in Verden verarbeitet werden. Insgesamt stehen 550.000 Kühe dahinter und die Daten werden in ihrer Gesamtheit täglich aktualisiert und für den einzelen Betrieb nach der monatlichen Milchkontrolle. Insgesamt sollen es dann über 150 verschiedene Kennzahlen geben und man kann sich die Vergleichsgruppen individuell zusammenstellen (z.B. nach Größe, oberes Viertel usw.). Dazu soll es Alarmfunktionen geben wenn Kennzahlen vorgegebene Grenzen unter-/überschreiten.
Finde ich sehr interessant, da es viel Rechenaufwands "per Hand" für ein straffes Benchmarking einspart und viel mehr Vergleiche ermöglicht als die Milchkontrollberichte und die Jahresberichte.
Zweiter Teil war über den Betriebs Ökonomischen Gesamtindex. Statt des Relativ Zuchtwert Gesamt (RZG) für alle Deutschen Holstein einen betriebsindividuellen Zuchtwert aufzustellen. Aus den Daten der Kühe und ihrer Zuchtwerte werden die genetischen Effekte der einzelnen Zuchtwerte berechnet, z.B. Milchleistung bei RZM oder Totgeburten bei RZK. Dann die ökonomischen Effekte dazu (Milchpreis, Aufzuchtkosten usw.) und daraus die wirtschaftliche Gewichtung der einzelnen Zuchtwerte im Gesamtindex. Da sich diese vom allgemeinen RZG unterscheidet können die Besamungsbullen und auch die Kühe neu bewertet und auch im Anpaarungsprogramm berücksichtigt werden.

Als fünfter Vortrag gab es noch die Betriebspräsentation der Agrargenossenschaft Ranzig eG durch den Leiter der Tierprodktion, Hrn. Rußig. Dort fand dann nach der Mittagspause die Betriebsbesichtigung statt.

Fortsetzung folgt!

Benjamin

Dienstag, 18. Februar 2020

Milchtour - Teil 1

Die Stammleser des Kuhblogs werden sich vielleicht gewundert haben, dass es im Januar kein Bericht über den Tag des Milchrindhalters in Götz gab. Es waren nicht zeitliche Probleme die mir da in die Quere kamen sondern der fand gar nicht statt sondern wurde mit den Praxisseminaren im Frühjahr zu einer neuen Veranstaltung zusammengelegt: Der Milchtour.
Dafür war ich in Beeskow, südöstlich von Berlin, 25 km westlich von Eisenhüttenstadt. Beeskow ist die Kreisstadt des Landkreises Oder-Spree, dem "Land ohne Sonne", nach dem Kfz-Kennzeichen LOS. Daneben liegt der Landkreis Dahme-Spreewald, das Land der  Sonne (LDS). Im Februar ist aber hier im Norden generell ohne Sonne. Die Spreeregion ist die bedeutenste Milchviehregion Brandenburgs, wenn es das überhaupt so gibt.

Vormittags gab es Vorträge, nachmittags dann eine Betriebsbesichtigung.

1. Vortrag war von Dr. Römer vom Institut für Tierproduktion der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern (LFA MV) über die Chancen und Risiken von verlängerten Laktationen. 

Seit einigen Jahren ist das in der Dikussion seit Prof. Kaske von der Uni Zürich auf einem sächsischen Betrieb eine doch aufsehenerregende Studien dazu gemacht hatte. Im Anschluss daran hatte ich 2017 auch in die Richtung experimentiert, aber es (vorschnell?) wieder aufgegeben, weil ich scheinbar die Kühe mit meinem "Steinzeit-Fruchtbareitsmanagement" nicht mehr rechtzeitig tragend bekommen hatte.
Die landläufige Meinung von jedem Jahr einem Kalb und entsprechend nur 6 Wochen nach der Kalbung bis zu ersten Besamung zu warten (freiwillige Wartezeit FWZ) stammt noch aus Zeiten als die Kühe Jahresleistungen von 3 - 4.000 kg hatten; heute ist es ungefähr dreimal so viel. Rückblickend auf die ganzen Daten der mecklenburger Testherden aus dem ProFit-Testherdenprogramm steigt aus wirtschaftlicher Sicht mit ansteigender Leistung auch die optimale Zwischenkalbezeit an; da kann man nun interpretieren, dass da auch schon in den 2000er besonders leistungsstarken Kühen aus dem Bauchgefühl raus mehr Zeit bis zur ersten Besamung gegeben wurde.
Prof. Kaske hatte in Sachsen einen Versuch durchgeführt, wo die Herde in drei Klassen eingeteilt wurde: 40, 120 und 180 Tage freiwillige Wartezeit bis die Kühe zur Besamung zugelassen wurden. Je länger die Wartezeit war, desto weniger Besamungen waren für die Trächtigkeit nötig und es gab weniger Fruchtbarkeitsprobleme, weil die Kühe mehr Zeit hatten und dann alles rund lief. Zudem stieg die Jahresleistung an, weil die Kühe länger eine höhere Leistung hielten (Persistenz). Das liegt daran, dass das Kalb Energie braucht und daher die Milchleistung der Kuh drückt. Bei einer längeren Zwischenkalbezeit ist mit der fixen Trächtigkeitsdauer (~ 280 Tage) dann der Anteil mit Trächtigkeit niedriger.
Dazu kommt noch der Ansatz, dass die Kalbung und die darauf folgenden 30 Tage die gefährlichste Zeit für die Kuh sind mit dem höchsten Abgangsrisiko. Wenn die Kuh diesen Zeitraum in ihrem Leben nicht so oft überstehen muss wird sie auch wahrscheinlich älter und da sie nicht so oft trockensteht gibt sie gesamt mehr Milch -> Melktage vs Futtertage.
Chancen gibt es viele: Vor allem weniger Arbeit mit abkalbenden und kranken Kühen, weniger Milchleistung zum Trockenstellen, wenn die Laktationskurve nicht so früh abgewürgt werden muss und längere Nutzungsdauer. Was mir gerade beim Schreiben jetzt
einfällt ist die Entlastung der Kälberaufzucht durch die geringere Anzahl der Kälber.
Die Risiken sind nicht so schwerwiegend meiner Einschätzung nach: Weniger Kälber zum Verkauf, weniger Jungvieh verfügbar, langsamerer Zuchtfortschritt, Verletzungsgefahr durch viele brünstige Kühe. Und vor allem die stärkere Abhängigkeit von einem straffen (Fruchtbarkeits)Management. Das ist aus meiner Sicht der entscheidende Faktor.
In der anschließenden Diskussion ging es auch darum, wie man die gute Persistenz von Jungkühen in der ersten Laktation nutzen soll. Jungkühe haben nicht so eine hohe Spitzenleistung wie Mehrkalbskühe, haben aber zum Trockenstellen meist noch höhere Leistungen. Daher die Frage wie lange man die erste Laktation ziehen soll, wo der größte Leistungssprung überhaupt mit dem Wechsel in die 2. Laktation stattfindet.
Gabi (siehe Post vom 07.03.2018) als Paradebeispiel für die genetische Veranlagung zu einer guten Persistenz wenn nicht tragend habe ich auch angebracht inklusive der Erwähnung dass sie zum Schluss nicht mehr ins Fressgitter passte.

Die verlängerte Laktation sehe ich als wichtiger Baustein für die Milchviehhaltung der nächsten Jahrzehnte an um das Gleichgewicht zwischen Kälbern (mehr Kalbungen pro Kuh, bessere Aufzuchtergebnisse) und Nachzuchtbedarf (längere Nutzungsdauer) wieder herzustellen.

2. Vortrag war von Dr. Jung, Direktor des Instituts für Fortpflanzung der Nutztiere in Schönow (IFN, Bernau bei Berlin): Tierhaltungscheck: Bevor andere prüfen. 

Dr. Kaufmann, stellvertretende Direktorin des IFN hatte schon auf der Testherdentagung
2018 (siehe Post vom 31.05.2018) darüber referiert. Das IFN hat mit dem RBB zusammen ein Beratungsangebot aufgebaut um das Tierwohl in der Milchviehhaltung erfassen zu können. Vor allem als eigenbetriebliche Kontrolle zur Schwachstellenanalyse.
Als anschauliche Beispiele fehlende Boxenbügel, dass die Kühe dann quer über zwei Boxen liegen, zwar schön ausgesteckt aber alles vollscheißen und entsprechend schmutzig sind. Oder kahle Stellen am Nacken durch falsch positionierte Nackenrohre.
Zum Schluss hatte Dr. Jung noch eine Folie mit dem Erfolgsrezept von Spitzenbetriebe, wo ich mir dachte, dass ich das genauso geschrieben hätte: Beste Futterqualität mit präziser Fütterung, qualifiziertes Personal, Gesundheitsmanagement, kein Hitzestress und Einsatz unterstützender Techniken.

Fortsetzung folgt!


Benjamin

Samstag, 15. Februar 2020

Lecksteine putzen

In der aktuellen TopAgrar ist ein Artikel über die Kälberhaltung im Landwirtschaftlichen Versuchszentrum Futterkamp der Landwirtschaftskammer Schlewig-Holstein. Futterkamp liegt nicht weit von der Ostsee entfernt zwischen Kiel und Lübeck.

Über die Jahre wurden die Kosten für die Behandlung von Atemwegserkrankungen der Kälber um 98 % gesenkt.
Wichtigster Punkt war das Stallklima. Das habe ich gerade auch wieder diese Woche gemerkt: Wegen des Sturms war der Stall komplett geschlossen und schnell wurde die Luft schlecht und die Kälber fingen an zu husten. In Futterkamp wurde eine Schlauchlüftung eingebaut, die Lüftungszeiten, Öffnung der Stallseiten usw. beständig optimiert bis es passte.
Zweiter Punkt ist die Impfung der Kälber, was alleine kein Allheilmittel ist aber über Kälbergenerationen hinweg den Erregerdruck senkt. Es wurde wie üblich kein Medikament genannt, aber es würde ein Dreifachimpfstoff verwendet, müsste einer der gängigen gegen Bovines Respiratorisches Synzytialvirus, Bovines Parainfluenzavirus und Mannheimia haemolytica sein.
Als dritter Punkt die ausreichende Energieversorgung der Kälber, dass sie genug Energie für das Imunsystem haben. Weil bei einer Tränkedauer von 9 Wochen die Kälber nach dem Absetzen in ein Energieloch fielen waren sie in dieser Zeit besonders anfällig. Die Tränkedauer wurde daher auf 11 Wochen verlängert. Das ist auch eines meiner Argumente für die intensive und lange Tränkeperiode, wo die Kälber auch erst ab 8 Wochen Alter Festfutter in nennenswertem Umfang verdauen können.
Und als vierter Punkt für mich ein neuer, aber absolut logischer Aspekt: Salzlecksteine für die Kälber. Durch die Beeinflussung der Elektrolythaushalts saufen die Kälber mehr Wasser wodurch sie genügend Schleim bilden können um Dreck aus den Atemwegen heraus zu husten.  

Unsere Kälber haben Lecksteine und nun habe ich bei den Kontrollgängen den Blick zu den Lecksteinen dazugenommen und auch ggf. sauber zu machen wenn die verschissen sind.

Benjamin

Dienstag, 11. Februar 2020

Pansennoten

Mit diesem Post bin ich nicht so recht zufrieden, es ist jetzt der zweite Anlauf und immer noch nicht so geworden wie ich es mir vorgestellt hatte.
Vor einiger Zeit hatte ich geschrieben dass ich mal einen Post zu den Pansennoten machen werde, aber mit den Fotos war es dann doch nicht so einfach. Mal eine Runde durch den Stall und passende Kühe fotografieren war recht ergebnislos: Zur jetzigen Jahreszeit ist es ziemlich duster, die Kühe von der Fellzeichnung kontrastarm (alle schwarz-weiß...) usw.

Die Pansennote ist ein im Alltag sehr gut geeignetes Mittel zur Bestimmung der Verdauungstätigkeit einer Kuh. Man schaut links auf die Hungergrube. Dies ist die "Ecke" zwischen letztem Rippenbogen, Hüfthöcker und den Querfortsätzen der Lendenwirbel. Die sind bei ausgewachsenen Rindern so gut 15 cm lang und bilden eine gut sichbare Kante parallel zur Rückenlinie. Hinter der Hungergrube liegt der Pansen (merke: links Pansen, rechts Leber) und man sieht die Füllung; das was die Kuh in den letzten 24 h gefressen hat:



















Es gibt fünf Noten für die Pansenfüllung:
Note 1: Komplett eingefallen, die Hungergrube ist ein Viereck
Note 2: eingefallen, die Hungergrube ist dreieckig, unter der Hüfthöcker verläuft es schräg nach links
Note 3: eine leichte Delle
Note 4: keine Hungergrube mehr zu erkennen, eine plane Fläche
Note 5: hervorgewölbt, in einer Flucht zu den Rippenbögen

Die Pansennote ist der schnelle Blick für eine erste Einschätzung, daneben gibt es die Kotprobe, wie es im Darm aussieht und auch das Pansenabhorchen mit dem Stethoskop für die Bestimmung der Pansentätigkeit. Und das Verhältnis derer zueinander, z.B. bei einer Aufgasung scheint die Kuh gut gefressen zu haben aber es ist nur aufgebläht.

Drei Fotos aus der Hochleistungsgruppe. Ganz leere Pansen sieht man so gut wie nie, das kommt nur bei kranken Kühen vor und die wären dann auch schon raussortiert. Ganz volle aber auch nicht, das ist eher bei trockenstehenden Kühen zu finden die viel Stroh fressen und dann wegen der höheren Verweildauer im Pansen "vollgestopft" sind.
Man kann es auf viertel Noten genau machen, im Alltag ist es auf die Schnelle eher "zu wenig", "passt" und "voll".
Passt, ca. 2,5:



















ca. 3,5:



















Zu wenig, ca. 1,5:


















Als nächste Schwierigkeitsstufe für das Fotografieren kommt dann mal was zur Kotkonsistenz.

Benjamin

Montag, 3. Februar 2020

Wie viel frisst eine Kuh - Teil 4

Wieviel eine Kuh frisst nun aus dem Blickwinkel der Energie. Mit der Energie ist es da einfacher zu rechnen als beim Eiweiß weil da kommen noch die ganzen Verdaulichkeiten dazu, die wiederum auch von der Energieversorgung abhängen.

Bei der Energie wird für Milchkühe mit MJ NEL gerechnet - Megajoule Netto Energie Laktation, das ist die Energie die für die Milchbildung benötigt wird. Da sind dann alle Verdaulichkeiten und Umwandlungsverluste schon mit einberechnet. Die einzelnen Futtermittel bekommen anhand ihrer Inhaltsstoffe und Verdaulichkeiten einen Energiegehalt in MJ NEL berechnet.
Manche Leute regen sich darüber auf, dass der Erhaltungsbedarf auch in NEL gerechnet wird und nicht in umsetzbarer Energie, ist ja schließlich nicht für die Milchbildung. Das macht schon eine Ungenauigkeit aus, aber für die praktische Rechnerei im Alltag ist es einfacher die Ration nicht in verschiedene Anteile mit unterschiedlichen Energiebewertungen zerpflücken zu müssen.

1. Erhaltungsbedarf: Für 650 kg Lebendmasse 37,7 MJ NEL, pro 50 kg Unterschied 2,2 MJ NEL.

2. Leistungsbedarf: MJ NEL pro kg Milch = 0,38 x % Milchfett + 0,21 % Milcheiweiß + 1,05

3. Körperfett: Aufbau 25 MJ NEL pro kg, Abbau 20 MJ NEL pro kg

Bsp. 1:
Hochleistende Kuh mit 50 kg Milch mit 3,7 % Fett und 3,2 % Eiweiß, 700 kg Lebendmasse, 0,5 kg Körperfettabbau pro Tag, Ration mit 7,0 MJ NEL pro kg Trockenmasse.
0,38 x 3,7 + 0,21 x 3,4 + 1,05 = 3,17 MJ NEL/kg x 50 = 158,5 MJ NEL Leistungsbedarf
39,9 MJ NEL Erhaltungsbedarf
- 10 MJ NEL aus Körperfettabbau
= 188,4 MJ NEL aus dem Futter. = 26,9 kg Trockenmasseaufnahme

Bsp. 2:
Altmelkende Kuh mit 20 kg Milch mit 4,5 % Fett und 3,7 % Eiweiß, 650 kg Lebendmasse, 0,5 kg Körperfettaufbau pro Tag, Ration mit 6,6 MJ NEL pro kg Trockenmasse.
0,38 x 4,5 + 0,21 x 3,7 + 1,05 = 3,54 MJ NEL/kg x 20 = 70,7 MJ NEL Leistungsbedarf
37,7 MJ NEL Erhaltungsbedarf
+12,5 MJ NEL für Körperfettaufbau
= 120,9 MJ NEL aus dem Futter. = 18,3 kg Trockenmasseaufnahme

Bsp. 3:
Trockenstehende Kuh; 650 kg Lebendmasse. Wachstum des Kalbes angesetzt mit Äquivalent von 10 kg Milch zu 4 % Fett und 3,4 % Eiweiß. Ration mit 5,6 MJ NEL pro kg Trockenmasse.
0,38 x 4,0 + 0,21 x 3,4 + 1,05 = 3,28 MJ NEL/kg x 10 = 32,8 MJ NEL Leistungsbedarf
37,7 MJ NEL Erhaltungsbedarf
= 70,5 MJ NEL = 12,6 kg Trockenmasseaufnahme

Im Kopf sind das dann Überschlagsrechnungen auf so 1 - 2 kg Trockenmasse genau ob eine Ration funktionieren kann und die Kühe nicht zu stark abnehmen/zunehmen. 

Die Unterschiede zwischen den Energiegehalten liegen bei den melkenden Kühen im Kraftfutteranteil und die Trockensteher dann ohne Kraftfutter bzw. nur zum Ausgleich der Nährstoffe und deutlich mehr Stroh zum "Verdünnen".

Benjamin