Montag, 5. Juli 2021

Milchharnstoff

 
Im Pansen entsteht beim Proteinabbau Ammoniak, der von den Pansenmikroben unter Energieaufwand in Mikrobenprotein umgewandelt wird. Steht nicht genügend Energie zur Verfügung wird der Ammoniak in der Leber zu Harnstoff umgewandelt, der über den Speichel wieder in den Pansen zurückgeführt und auch über die Milch und den Urin ausgeschieden wird. Somit kann man anhand des Harnstoffgehalts in der Milch eine Aussage über den Stand der Proteinverdauung im Pansen treffen. Vorteil dabei ist auch, dass der Harnstoff kuhindiviudell bei der Milchleistungsprüfung und bei der Milchgüte bei der Milchabholung regelmäßig gemessen wird. Daraus kann man das auf das Mittel der Herde beziehen.
 
Der Harnstoffgehalt wird in ppm (parts per Million, entspricht 0,0001 %) angegeben. Eine Mindestmenge Harnstoff soll trotzdem in der Milch vorhanden sein, denn wenn sämtliches Protein im Pansen in Mikrobenprotein umgewandelt wird ist eigentlich schon wieder zu wenig vorhanden. Als untere Grenze zum Proteinmangel gelten 150 ppm (= 0,015 %), nach oben zum Proteinüberschuss 300 ppm (= 0,03 %), wobei die Tendenz zu einer deutlich niedrigeren oberen Grenze geht, weil man so effizienter wird. Denn wenn weniger Stickstoff über den Harnstoff in der Milch ausgeschieden wird so dann auch weniger im Urin.
 
Eine Übersicht über den Stand der gesamten Herde gibt die 9-Felder-Tafel. Nach ihrem Milcheiweiß- und Milchharnstoffgehalt in der Milchleistungdprüfung nach wird jede Kuh als Punkt eingetragen. Es ergibt sich eine Punktewolke, von der die meisten Punkte im mittleren Feld liegen sollten.
Die x-Achse mit dem Harnstoffgehalt zeigt an wie viel Protein im Pansen zur Verfügung steht; zu wenig, passend oder zu viel.
Auf der y-Achse ist der Milcheiweißgehalt, der aus der verfügbaren Energie im Pansen resultiert. Wenig Energie = wenig Mikrobenprotein kann gebildet werden = niedriger Eiweißgehatlt; viel Energie = viel Mikrobenprotein kann gebildet werden = hoher Eiweißgehalt:
 
 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Da die 9-Felder-Tafel schon Anfang der 1990er Jahre entwickelt wurde passt sie nicht mehr immer zu den deutlich gestiegenen Milchleistungen. So liegt eine Kuh mit einer Tagesleistung von 60 kg Milch nicht selten unterhalb von 3,2 % Eiweiß ohne einen Energiemangel im Pansen zu haben. So wurde 2016 von der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern die 6-Felder-Tafel entwickelt, bei der der absolute Eiweißgehalt durch den Fett-Eiweiß-Quotient ersetzt ist. Mit dem FEQ, dem Verhältnis von Milcheiweiß zu Milchfett lässt sie besser die Energieversorgung beurteilen als mit dem reinen Eiweißgehalt. Die Grenze ist ein FEQ von 1,4, darunter ist eine ausgeglichene Energieversorgung darüber ein Mangel, weil normal Milchfett und -zucker gebildet wird, aber zu wenig Eiweiß. Z.B. 2,9 % Eiweiß, 3,7 % Fett, FEQ =  1,28; kein Energiemangel. 3,6 % Eiweiß, 5,3 % Fett, FEQ = 1,47, Energiemangel. Die oberste Zeile ist weggefallen, weil man alleine aus den Milchinhaltsstoffen nur noch schwer einen Energieüberschuss ableiten kann.
 
Benjamin 



Freitag, 2. Juli 2021

Perle - Teil 14

Mal wieder ein aktuelles Foto von Perle. Sie ist nun knapp 8 Monate alt. In der alten Einteilung nach Aufzuchtabschnitten (siehe auch Post vom 05.02.2021) ist sie damit in der Färsenproduktion, JR1 (Jungrind).

In ihrer Gruppe gehört sie zu den eher kleineren, ihre Zuchtwerte Größe 78 und BCS 111 (siehe Post vom 11.01.2021) sieht man an ihrem mittlerweile doch ausgeprägterem kompakten Typ schon. Ihr Gewicht würde ich mal auf 240 kg schätzen.

Das struppige Fell ist bei ihr noch nicht ganz rausgewachsen. Sie hat aber eine lustige Frisur bekommen. Die geht schon ein wenig in die Richtung die einer Jungkuh, die bei uns Tingeltangel-Bob genannt wird.

Benjamin
 


Dienstag, 29. Juni 2021

Statistiken 8. Kuhblog-Jahr

Ein Rückblick auf die Statistiken im 8. Kuhblog-Jahr.

Die beliebtesten Posts:
 
Auf den Kuhblog weitergeleitete Suchbegriffe die ich dann zu Posts zuordnen konnte:
- "Preis Doro Liegebox" - zu den neuen Doro-Liegeboxen auf dem St. Wendelin-Hof der TH Bingen (siehe Post vom 02.10.2020). Den Preis kenne ich nicht; die Doro-Box gibt es in verschiedensten Ausführungen dazu bestimmt auch Mengenrabatte ob 30 oder 3.000; zumindest gehört sie aber zu den teureren Boxenbügeln weil extrem massiv gebaut.
- "Kühe Drenchen" - die Posts zum Drenchen: 10.05.2019, 13.05.2019 und 16.05.2019
- "wie Kalb rausziehen" - Post vom 17.08.2017 und der Post über den neuen Geburtshelfer (17.01.2018). Über Geburtshilfe schreibe ich wenig im Kuhblog, weil ich das für ein sehr heikles Thema halte wenn sich dafür jemand aus dem Internet Informationen holen will.

Weitergleitete Suchbegriffe die ich nicht zuordnen konnte:
- "Deutz-Fahr Tandemschwinge Ladewagen" - bei uns wird das Gras gehäckselt
- "Hansano Registriernummer" - 2014 habe ich mal Hansa-Milch (siehe Post vom 01.06.2014) geschrieben als damalige Genossenschaft, vor paar Jahre aber komplett in der Arla Amba aufgegangen. Hansano ist nur noch eine Marke, bei der die Kunden einfach nicht einverstanden waren die sterben zu lassen.
- "Verschissene Euter" - hat man ab und zu bei Spalten-/Gangliegern, die kommen aber nicht in den Kuhblog weil das unfair gegenüber den 99,5 % der Kühe wäre die sich ordentlich in die Boxen legen und sauber bleiben.
 
Und zwei Suchanfragen waren genau umgekehrt Anlass dazu passende Posts zu schreiben:
- "Drencherschlauch für Kälbereimer": Post vom 19.01.2021
- "Pläne für Abkalbeboxen" : Posts vom 29.03.2021 und 31.03.2021

Benjamin

Samstag, 26. Juni 2021

8 Jahre Kuhblog

Heute gibt es wieder ein kleines Jubiläum, denn vor genau acht Jahren ist der Kuhblog gestartet! Dass dieses Projekt so lange laufen würde dachte ich damals noch gar nicht, 2014 nach einem Jahr rum sagte ich mir, dass ich langfristig die Aktivität nach und nach reduzieren will und vielleicht 2020 oder 2021 nach 1000 Posts aufhören. 
Das ist heute mittlerweile der 1.278. Post und der 1.000. ist schon zweieinhalb Jahre her (siehe Post vom 18.11.2018).
Das achte Jahr war für den Kuhblog nicht leicht, weiterhin die ganze Beschränkungen wegen der Corona-Pandemie haben mein übliches Themengebiet eingeengt: Keine Veranstaltungen draußen mehr und keine Exkursionen mehr. Auf ganze vier kleinere Besuche auf Betrieben von Bekannten bin ich gekommen.
Auf alternative Themen bin ich umgeschwenkt mit Perles Serie zur Kälber/Jungviehaufzucht (siehe Post vom 15.11.2020) und der Fütterungsserie (siehe Post vom 06.05.2021) .
Vom Blog selbst gab es paar Veränderungen im Hintergrund: Mit der neuen Benutzeroberfläche (siehe auch Post vom 21.10.2020) und den Labels unter den Posts. Und relativ neu die terminierte Veröffentlichung um 18:00 möglichst alle drei Tage, nachdem ich die zugehörige Funktion entdeckt habe. Damit will ich mehr Kontinuität und Planbarkeit für die Leser erreichen.

Das neunte Kuhblog-Jahr beginnt dann am nächsten Dienstag mit den aktuellen Statistiken.

Benjamin


Dienstag, 22. Juni 2021

Pansensynchronisation

Bei der Pansensynchronisation kommt noch eine zeitliche Komponente zur Proteinverdauung im Pansen hinzu. 

Mit dem RNB kann man eine Ration ausgeglichen bei der Protein- und Kohlehydratversorgung im Pansen gestalten. Aber er sagt dann noch nicht aus, ob es auch zu jeder Zeit ausgeglichen ist, ob ständig das richtige Verhältnis von Protein zu Kohlehydraten für die Pansenmikroben vorliegt.
So kann teilweise Proteinmangel herrschen und die Bildung von Mikrobenprotein ist verringert, andererseits kann zu einer anderen Zeit Energiemangel herrschen und es muss dann vermehrt Harnstoff ausgeschieden werden.

Es wird zwischen Abbaubarkeit und Abbauraten sowohl bei Kohlehydraten als auch Protein unterschieden. 

Abbaubarkeit ist im Gesamten, dabei ist die Spannweite bei Protein größer als bei Kohlehydraten. Hohe Abbaubarkeit bei Kohlehydraten haben vor allem Getreide (Stärke), niedrige z.B. Stroh (Cellulose) und Körnermais (pansenbeständige Stärke). Beim Protein hohe Abbaubarkeit bei Gras/Grassilage, niedrige bei Biertreber und Rapsextraktionsschrot (UDP). 

Die Abbauraten sind pro Zeiteinheit, das wird unterteilt in sehr schnell, schnell, mittel und langsam.Bei den Futtermittel korreliert es mit der jeweiligen Abbaubarkeit. Das ist nicht überraschend, denn im Gegensatz zu einer Biogasanlage ist die Verweildauer im Pansen im Stundenbereich recht gering und da kann von einem Futtermittel mit geringer Abbaurate auch nicht so viel abgebaut werden.

Für die Ration werden in den Abbauklassen langsam, mittel, schnell und sehr schnell aus Tabellenwerten (oder Analysewerten) der jeweiligen Futtermittel die abbaubaren Mengen an Kohlehydraten und Protein berechnet.

Dabei soll dann in jeder Abbauklassen 32 g Stickstoff pro kg abbaubarer Kohlehydraten im Pansen vorliegen. Es wird mit 16 % Stickstoff im Protein gerechnet; das unterscheidet sich zwar zwischen verschiedenen Proteinen, aber nur im Promillebereich.
Je nachdem wieviel g Stickstoff pro kg abbaubaren Kohleydraten in den einzelnen Abbauklassen vorliegt ist es dann mehr oder weniger asynchron. Entweder zu wenig Protein/zuviel Energie g N/kg < 32 oder zu viel Protein/zu wenig Energie g N/kg > 32. 
Entsprechend sollte dann die Ration angepasst werden.

Benjamin

Samstag, 19. Juni 2021

THI

Aus aktuellem Anlass geht es um Hitzestress bei den Milchkühen.

THI steht für Temperature Humidity Index, auf deutsch Temperatur-Luftfeuchtigkeits-Index. Denn neben der Temperatur hat auch die Luftfeuchtigkeit einen Einfluss, ob die Kuh durch Schwitzen sich kühlen kann. Man kennt es selbst, dass trockene Hitze leichter zu ertragen ist als schwüle Hitze.

So berechnet sich der THI:
THI = 0,8 *  Temp. + Luftf. * (Temp - 14,4) + 46,4
Temperatur in °C und die Luftfeuchte von 0,0 (0 %) bis 1,0 (100 %).
 
Es ergeben sich dann 5 THI-Bereiche
bis 68: kein Hitzestress
69 - 71: leichter Hitzestress, die Kühe stehen mehr um von mehr Luft umstrichen zu
  werden und die Milchleistung beginnt schon zu sinken
72 - 79: starker Hitzestress, die Kühe saufen deutlich mehr und die Milchleistung sinkt weiter
80 - 89: sehr starker Hitzestress, die Kühe beginnen zu Hecheln und der Pansen reduziert 
  seine Tätigkeit um weniger Wärme zu produzieren
ab 90: die Kühe können ihre Körperwärme nicht mehr regulieren, das ist dann tödlich

Habe den aktuellen THI mal ausgerechnet, wie viel es tatsächlich ist. Und doch mehr als erwartet. Am Verhalten der Kühe merkt man es deutlich: Alle Tränken belagert, um die Verdunstungskälte über dem Wasser auszunutzen und es wird im Stall unübersichtlich weil viel mehr kühe auf den Gängen und in den Boxen stehen.

Mit den Wetterdaten vom Bayer Agrarwetter für die letzten 24 h:

18:00 33 °C 30 % 78 THI
19:00 32 °C 35 % 78 THI
20:00 30 °C 32 % 75 THI
21:00 27 °C 46 % 74 THI
22:00 26 °C 42 % 72 THI
23:00 26 °C 43 % 72 THI
00:00 25 °C 47 % 71 THI
01:00 24 °C 54 % 71 THI
02:00 23 °C 58 % 70 THI
03:00 20 °C 63 % 66 THI
04:00 18 °C 76 % 64 THI
05:00 17 °C 81 % 62 THI
06:00 20 °C 76 % 67 THI
07:00 22 °C 59 % 68 THI
08:00 25 °C 58 % 73 THI
09:00 25 °C 61 % 73 THI
10:00 28 °C 54 % 76 THI
11:00 30 °C 53 % 79 THI
12:00 32 °C 50 % 81 THI
13:00 34 °C 45 % 82 THI
14:00 34 °C 39 % 81 THI
15:00 34 °C 39 % 81 THI
16:00 33 °C 41 % 80 THI
17:00 32 °C 47 % 80 THI

Das ist für das freie Feld, nicht im Stall, dort ist zwar Schatten aber die Dächer mit den Wellfaserplatten haben eine Speicherfunktion: Tagsüber heizen die sich auf und geben die Wärme nachts wieder ab. 

Zusammenfassung: Kühlung mit Lüftern und Kuhduschen als Lösung.

Benjamin

Mittwoch, 16. Juni 2021

Kolostrumversorgung

Letztens haben wir eine Überprüfung der Kolostrumversorgung der Kälber gemacht. Das hat unser Tierarzt mitgebracht,; es war eine Werbeaktion eines Arzneimittelherstellers, die auch einen Mutterschutzimpfstoff im Angebot haben den wir neben einem anderen verwenden. Namen nenne ich hier keine, aber manch einer der Kuhblogleser wird es aus dem Kontext herauslesen wer das war. Denen ging es vor allem darum Daten aus der Praxis zu bekommen, welchen Einfluss die Mutterschutzimpfung (siehe auch Post vom 14.12.2019) auf die Kolostrumversorgung der Kälber hat.

Zur Bedeutung von Kolostrum und Immunglobulinen: Rinder haben eine evolutionär recht alte "Bauform" der Plazenta. So können zwar die ganzen Nährstoffe vom Blutkreislauf der Kuh in den des Kalbs wechseln, aber keine Antikörper des Immunsystems. Kälber haben daher kein angeborenes Immunsystem und müssen nach der Geburt eigentlich mit dem erworbenen bei Null anfangen. Die Natur hat dafür jedoch den Trick mit dem Kolostrum: Als erste Milch nach der Kalbung hat die Kuh vorher so drei Wochen Zeit Antikörper darin einzulagern. Das geht soweit, dass teilweise mehr als 10 % des Kolostrums aus Antikörpern besteht und die Kühe generell nach der Kalbung eine Immunsupression, ein geschwächtes Immunsystem haben weil sie so viele Antikörper hergegeben haben.

Das Kalb bekommt mit dem Kolostrum quasi eine Schluckimpfung. Der größte Anteil der Antikörper ist das Immunglobulin G, ein Makromolekül aus zig tausenden Atomen. Dass das Kalb das auch aufnehmen kann ist die Darmwand nach der Geburt besonders durchlässig. Um keine Krankheitserreger eindringen zu lassen reduziert sich die Durchlässigkeit aber sehr schnell, nach 24 h ist sie schon stark eingeschränkt und nach 48 h nicht mehr vorhanden. Daher ist die erste Mahlzeit auch die Allerwichtigste im gesamten Leben. Wie viel Liter innerhalb wie viel Stunden habe ich mir irgendwann nicht mehr gemerkt sondern: So viel so schnell wie möglich!
Die besten Erfahrungen habe ich gemacht wenn die Kälber zwischen 30 und 45 Minuten alt sind. Bis dahin ist die Atmung stabil und sie liegen in Brustlage und saugen gut. Danach fangen sie dann meistens an mit Aufstehversuchen und haben keine Geduld mehr beim Saufen.

Die Mutterschutzimpfung bewirkt wie jede Impfung eine verstärkte Bildung von Antikörpern, in diesem Fall gegen die wichtigsten Durchfallerreger Rotaviren, Coronaviren und Colibakterien. Also eine verbesserte Schluckimpfung für die Kälber.

Es wurden Blutproben von fünf Kälbern genommen und ins Labor der Ludwig-Maximilians-Universität in München geschickt. Dort wurde das Blutserum abgetrennt und darin der Gehalt an Immunglobulin G gemessen. Damit kann man eine Aussage treffen, wie gut die Kolostrumversorgung war und wie viele Antikörper zum Schluss im Kalb angekommen sind.

Es waren fünf Kälber 24 bis 72 h nach dem ersten Kolostrum und ich habe sie schon für mich rangiert, wer wie viel und wie schnell gesoffen hatte und meine Prognosen wer wahrscheinlich die beste Versorgung hat. Favorit war Kalb Nr. 2 gewesen, Nr. 4 eher so im Mittelmaß. Das Ergebnis hat mich schon überrascht, aber absolut im positiven Sinne. Ich sehe in der ganzen Kolostrumversorgung noch so viel Verbesserungspotenzial, aber es war tatsächlich keines unterversorgt:


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Benjamin

Sonntag, 13. Juni 2021

RNB

 - zur Übersicht der Fütterungsserie -> hier -  

 - zur Proteinverdauung im Pansen -> hier -

RNB ist die ruminale Stickstoffbilanz. Sie gibt an ob bei der Proteinverdauung im Pansen Stickstoff fehlt oder zu viel vorhanden ist. Angegeben wird die RNB in g Stickstoff pro kg Futtertrockenmasse.

Die einzelnen Futtermittel haben eine negative oder postive RNB, je nach Gehalt an Protein und Kohlehydraten.
Die RNB wird aber immer auf die ganze Ration bezogen, da die Futtermittel im Pansen zusammenwriken. In der gesamten Ration soll die RNB möglichst ausgeglichen sein, allenfalls leicht positiv. Zwischen 0 und 1, dass bei 20 kg Trockenmasseaufnahme z.B. ein Stickstoffüberschuss von 0 bis 20 g im Pansen vorliegt.
 
Je nach Inhaltsstoffen schwankt die RNB bei den einzelnen Futtermitteln stark, grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass die proteinreichen Futtermittel (Gras, Extraktionsschrote, Biertreber...) positive RNB haben und die energierreichen (Maissilage, Getreide...) negative.

Paar Beispiele mit Tabellenwerten, ohne jegliche weitere Gesichtspunkte in der Rationsgestaltung.

Grassilage RNB + 6,6
da fehlt nun Energie, um den überschüssigen Stickstoff aus dem pansenverdaulichen Protein für die Bildung von Mikrobenprotein zu nutzen.
könnte man dazu nehmen:
Gerstenschrot RNB - 6,4
Verhältnis 1 : 1, wäre ein RNB von 0,2; aber nicht sinnvoll, weil mehr Gerste als die Kuh verträgt

Maissilage RNB - 8,5
mit dem hohen Gehalt an pansenunbeständiger Stärke fehlt den Mikroben dann Protein im Pansen
dazu passt
Rapsextraktionsschrot RNB + 25,7
Verhältnis 3 : 1 wäre ein RNB von + 0,05.
 
Würde man wie in einer üblichen Mischration alle vier Komponenten zusammennehmen, z.B.  je 8 kg Gras und Maissilage und je 2 kg Gersten- und Rapsschrot wäre es eine RNB von + 1,2. Durch Verschieben der Anteile der Futterkomponenten kann man die RNB dann absenken.

Benjamin

Donnerstag, 10. Juni 2021

Sonnenfinsternis 2021

Die letzte Sonnenfinsternis war schon über sechs Jahre her; siehe Post vom 20.03.2015.

Dieses Mal war es wieder eine partielle Sonnenfinsternis, sodass von hier im Nordosten Deutschlands aus gesehen der Mond nur einen Teil der Sonne verdeckte. Ingesamt dauerte die Finsternis rund zwei Stunden. Die Maximale Verdeckung gegen 12:30 Uhr MESZ waren um die 14 % am oberen Rand der Sonne. Unterschiede vom Sonnenlicht her das die Erde erreichte waren nicht zu bemerken.

Im Gegensatz zum letzten Mal habe ich ein halbwegs brauchbares Foto hinbekommen, das war um 11:50, deutlich vor der maximalen Verdeckung:

Benjamin


 

 


Montag, 7. Juni 2021

Roggenblüte

Über die Rapsblüte schreibe ich im Kuhblog jedes Jahr. Über die Roggenblüte noch nie. Im Vergleich zum Raps natürlich unscheinbarer, aber von außen zu sehen, denn im Gegensatz zu den anderen Getreidearten öffnet der Roggen zur Blüte seine Ährchen und die Pollen werden durch die Luft übertragen.

Roggen ist vom Anbauumfang her die wichtigste Getreideart in Brandenburg; 5 % der gesamten Roggenernte weltweit wächst hier. Auf dem Märkischen Sand (oder auch Karnickelsand oder 18er-Sandboden...) spielt er seine Stärke der Robustheit gegenüber strengen Wintern und Trockenheit aus.

Und die Brandenburger Kuh frisst Roggenschrot; dazu mehr in späteren Post der Fütterungsserie über Energie-Kraftfutter.

Weizenähren stehen in Reih und Glied, über die Grannen der Gerste laufen im Wind die Wellen und Roggen tanzt mit den unterschiedlich langen Halmen:

Benjamin

















Freitag, 4. Juni 2021

Proteinverdauung im Pansen

 - zur Übersicht der Fütterungsserie -> hier -  

Eine Besonderheit bei den Wiederkäuern ist die Proteinverdauung im Pansen. Denn auch den Großteil der Proteine bauen die Pansenmikroben ab und auch die NPN - Nicht-Protein Stickstofferverbindungen, die z.B. schon bei Proteinabbauprozessen in der Silage entstanden sind.

Die Mikroben zerlegen es in die einzelnen Aminosäuren und das meiste auch noch weiter zu Ammoniak als einfachste Stickstoffverbindung. Daraus bilden sie dann neue Proteine, in ihrer Gesamtheit Mikrobenprotein genannt. Dafür brauchen sie aber Energie und daher ist in der Rinderfütterung auch das Verhältnis von verdaulichen Kohlehydraten zu Proteinen im Pansen so wichtig.

Was die Mikroben nicht schaffen ist das  pansenunverdauliche Protein (UDP), auch (Pansen)Durchflussprotein genannt, das zusammen mit dem Mikrobenprotein das nXP ausmacht, das im Darm verfügbare Protein. nXP = nutzbares Rohprotein am proxymalen Duodenum = Beginn Dünndarm. 

Wenn für die Bildung von Mikrobenprotein aus Ammoniak nicht genügend Energie zur Verfügung steht bildet die Leber als zentrales Stoffwechselorgan daraus Harnstoff, um den giftigen Ammoniak aus dem Körper zu schaffen. Das findet ständig statt, entscheidend ist dann der Umfang.
Der Harrnstoff wird im Urin, in der Milch und mit dem Speichel ausgeschieden. Daher ist der Milchharnstoffgehalt ein guter Indikator für die Proteinverdauung im Pansen. Über den Harnstoff im Speichel kommt der zurück in den Pansen und wird quasi recycelt. Das heißt dann ruminohepatischer Kreislauf, in dem Wort stecken Pansen und Leber drin.

UDP ist gegenüber dem Mikrobenprotein effizienter, einmal weil die Bildung von Mikrobenprotein im Pansen verfügbare Kohlenhydrate und Proteine braucht, was im normalen Fütterungsbereich aber auch leicht erreichbar ist. Andererseits ist die Kapazität der Leber nicht unbegrenzt groß und bei zu viel Ammoniak kann es zur Lebervergiftung kommen. Mit dem UDP kann somit zusätzliches Protein am Pansen "vorbeigeschleust" werden. Die UDP-Gehalte sind abhängig von den eingesetzten Futtermitteln und es gibt auch speziell behandelte Futtermittel, z.B. pansengeschützter Raps bei dem die Proteinverdaulichkeit im Pansen herabgsetzt wurde, dass dann mehr als UDP statt Mikrobenprotein im Dünndarm ankommt.

Grobe Skizze dazu:








Benjamin

Dienstag, 1. Juni 2021

Endlich geimpft!

Endlich bin ich auch Corona-geimpft. Weil ich mit Fortschreiten der Herdenimmunität auf Lockerungen hoffe und ich endlich wieder draußen rumziehen kann für Veranstaltungen und Exkursionen und dann im Kuhblog auch darüber berichten. Die ganzen Online-Veranstaltungen sind zwar fachlich ein super Ersatz bzw. auch Ergänzung aber halt nicht zu 100 %.

Über die Corona-Impfung habe ich schon viele Witze gemacht, ist es als Mutterschutzimpfung für unsere Kühe und Färsen absolut alltäglich (siehe auch Post vom 14.12.2019). 

Seit Beginn der Corona-Pandemie haben wir bei den Rindern in der Zwischenzeit schon locker vierstellige Zahlen verimpft. 
Damals hieß es, dass die Entwicklung eines Impfstoffes für das Human-Corona gut anderthalb Jahre dauer würde. Für mich soweit kein Problem, denn in der Landwirtschaft denkt man eh in längeren Zeitspannen, im Pflanzenbau von Jahr zu Jahr, in der Rinderhaltung eher 1 (Zwischenkalbezeit) bis 2 (Erstkalbealter) Jahre.
Die Impfstoffe gab es schon nach einem dreiviertel Jahr, die Impfungen aber ziehen sich ja...
Da die Landwirtschaft jetzt in die dritte Priorisierungsgruppe fällt hat nun unser Betrieb eine interne Impfung für alle Mitarbeiter (auf freiwilliger Basis) organisiert.
Als gebürtiger Rheinhesse hatte ich schon lange den Comirnaty ins Auge gefasst, weil BioNTech halt aus Mainz kommt. Aber Janssen braucht nur einmal geimpft zu werden, also "Single Shot" und dann noch vor Ort mal schnell zwischendurch - besser geht es gar nicht!

Im Verwaltungsgebäude wurde ein Impfzentrum eingerichtet: Vor der Tür Bierbänke und auf den Fluren Stühle als Wartebereich, in einem der Büros die Impfungen und im Konferenzraum der Nachwartebereich. Top organisiert und lief dann im 3-Minuten-Takt.

Eigentlich hatte ich auf eine Ampulle spekuliert als Andenken, wenn ich irgendwann mal von den "Corona-Zeiten damals" erzählen kann. Aber gab es leider nicht, die Spritzen waren schon aufgezogen.
Also für den Blog nur ein Foto vom Aufkleber im Impfpass:

Benjamin


 

Donnerstag, 27. Mai 2021

Verschluss

Gusty ist in der 4. Laktation und steht aktuell trocken, in 3 Wochen soll sie zum 5. Mal kalben.
 
Jetzt hatte sie einen Scheidenvorfall (Prolaps Vaginae), wobei die Scheide auf "links" ein Stück weit rausgedrückt wird. Das ist quasi die kleine Variante des Gebärmuttervorfalls (Prolaps Uteri; siehe Posts vom 28.08.2014, 09.07.2016 und 24.11.2019). Beim Gebärmuttervorfall ist es aber lebensgefährlich, weil die ganzen Blutgefäße abgedrückt werden und zudem extreme Verletzungsgefahr besteht. Beim Scheidenvorfall ist nur die Verletzungsgefahr wenn eine andere Kuh direkt drauftritt. Der Vorfall geht auch nur bis zum Gebärmutterhals, was dann rauskuckt ist ungefähr so groß wie ein Volleyball. 
 
Bisher hatte ich in meiner Laufbahn zwei Scheidenvorfälle mitbekommen: Einmal im Sommer 2013 bei einer nicht tragenden Kuh, die deswegen später auch wegging und vor genau zweieinhalb Jahren ein schwerwiegender Fall (siehe Post vom 24.11.2018), bei dem dann ein Kaiserschnitt notwendig war.
 
Bei Gusty war es schon einige Zeit gewesen, dass man immer wieder mal ein Stück sah, wurde aber am Wochenende schlimmer. Die letzten Tage war es dann nicht, trotzdem hat unser Tierarzt gestern sicherheitshalber einen Verschluss gemacht. 
Dafür wird die Kuh unter Epiduralanästhesie gesetzt. Das wird zwischen die Schwanzwirbel in den Rückenmarkskanal gespritzt und wirkt auf das Rückenmark. Dadurch gibt es eine lokale Betäubung und die Kuh spürt von der Maßnahme nichts. Das gleiche wird beim Gebärmuttervorfall gemacht und bei der Schwanzamputation (siehe Post vom 09.01.2016).
 
Durch beide Schamlippen werden zwei Löcher gestochen und mit einem sterilen Band - vergleichbar mit einem Schnürsenkel - zusammengebunden.
Wenn sie anfängt zu kalben muss der Verschluss natürlich wieder aufgeschnitten werden, dass es nicht ausreißt. Das sollte dann eigentlich problemlos verlaufen, die nicht problemlose Ausnahme wäre der letzte Fall damals gewesen.

Benjamin



Montag, 24. Mai 2021

XP, XF usw.

- zur Übersicht der Fütterungsserie -> hier - 

In der Rinderfütterung hat man es viel mit mit Abkürzungen zu tun, die genau definiert sind und man so bei der Rationsgestaltung oder Futtermittelanalysen einen gemeinsamen Nenner hat, der allgemein verständlich ist. Als Beispiel bei Vorträgen über Fütterungsversuchen die Angaben der Rationsparameter.

Mal eine Auswahl; es gibt aber noch weitere:

TS - Trockensubstanz
XA - Rohasche; Mineralstoffe und Sand
om - organische Masse; da wird die Rohasche rausgerechnet
 
XL - Rohfett

XF - Rohfaser
sXF - strukturwirksame Rohfaser; z.B. die Faser von Heu und die von Gerstenschrot nicht
NDFom - neutrale Detergenzien Faser der organischen Masse; wenn in neutralerLösung gekocht wurde, dabei lösen sich bestimmte Inhaltsstoffe (Protein, Zucker, Stärke...)
peNDF - pyhsikalische NDF, NDF mal den Anteil der Partikel größer 8 mm (Schüttelbox), was im Pansen zur Bild der Schwimmschicht beiträgt
ADFom - Saure Detergenzien Faser (a für acid) der organischen Masse; wenn in saurer Lösung gekocht wurde, da löst sich mehr als in neutraler
SW - Strukturwert 
 
XZ - Rohzucker
XS - Rohstärke
bXS - beständige Rohstärke, die im Pansen nicht verdaut wird
uXS - unbeständige Rohstärke, die im Pansen verdaut wird
 
XP - Rohprotein, wird aus dem Gesamtstickstoffgehalt berechnet
UDP - pansenunverdauliches Protein
nXP - nutzbares Rohprotein; "nutzbares Rohprotein am proximalen Duodenum", der Satz schlechthin aus dem Studium. Das ist UDP plus das von den Pansenmikroben gebildete Mikrobenprotein
RNB - ruminale Stickstoffbilanz; Verhältnis von Stickstoff zu Energie bei der Pansenverdauung
NPN - Nicht-Protein-Stickstoff, wie Ammonium das beim Proteinabbau im Silo entsteht
 
GE - Gesamtenergie, wenn es im Bombenkalorimeter verbrannt wird
ME - Metabolisierbare Energie, damit wird für Kälber, Mastrinder und Schweine gerechnet
NEL - Nettoenergie Laktation, Energie für die Milchbildung, darin ist der "Wirkungsgrad" mit eingerechnet; für Milchkühe
HFT - Hohenheimer Futterwert Test; dabei wird die Gasbildung von Pansenmikroben gemessen, ein Wert für die Verdaulichkeit
 
GF - Grundfutter
KF - Kraftfutter
TMA bzw. DMI - Trockenmasseaufnahme bzw. dry matter intake
 
Benjamin

Freitag, 21. Mai 2021

Trockensubstanz

 
Seit Mittwoch wird der erste Schnitt gehäckselt. So spät wie selten, der April war ja gefühlt ausgefallen. Daher bin ich momentan wieder viel mit der Bestimmung der Trockensubstanz des amgelieferten Anwelks beschäftigt, dass man den Anwelkprozess steuern kann, also die Feldliegedauer verkürzen oder verlängern.

Die Trockensubstanz ist eine der grundlegenden Dinge der Fütterung, weil Wasser ist zwar das wichtigste Lebensmittel hat aber keinen Nährwert. Deshalb wird für die Rationsberechnung immer mit der Trockenmasse gerechnet und dafür ist die Trockensubstanz wichtig.

Trockenmasse und Trockensubstanz werden als Synonyme verwendet aber ich habe mir ziemlich schnell die Unterscheidung angewöhnt, dass Trockenmasse (TM) absolut ist für Mengen und Trockensubstanz (TS) relativ für den Gehalt.

Für die Bedeutung der Trockensubstanz am Beispiel von Gras: Junges, frisches Gras hat eine TS von so 18 %, wenn es älter wird und mehr Faser bildet geht es über die 20 % TS hinaus. Angewelkt für Silage sollte es schon über 28 % TS haben, weil darunter Sickersaft aus dem Silo austritt, wenn das Gewicht des Silostocks im unteren Bereich Flüssigkeit rausdrückt. Nach oben geht es bis über 40 % TS, für Siloballen oder in Hochsilos auch an die 50 %. Und Heu hat dann das Minimum an Wasser mit so 88 % TS.
Wenn eine Kuh 10 kg frisches Gras frisst sind 1,8 kg Trockenmasse. Frischmasse mal Trockensubstanz ist Trockenmasse. FM x TS = TM. 10 kg Anwelksilage sind dann irgendwo im Bereich 2,5- 5 kg TM, 10 kg Heu 8,8 kg TM. Entsprechend unterschiedlich ist der Nährwert.

Aber das Wasser ist trotzdem immer dabei, auch wenn man es rausrechnet für die Rationsberechnung. Und der Futtermischwagen wird in Frischmasse beladen. Daher muss die in Trockenmasse berechnete Ration in Frischmasse umgerechnet werden. Bei den Kraftfutterkomponenten ist es relativ konstant, die liegen alle so zwischen 86 und 91 % TS. Die Silagen schwanken aber recht stark, abhängig von Silo zu Silo, bei Gras ob es im Hochsommer geerntet wurde oder Ende Oktober usw. Daher sollte man regelmäßig die aktuelle Trockensubstanz bestimmen um die Ration nach Frischmasse anpassen, dass die Trockenmasse gleich bleibt und die Kühe ihre gewohnte Mischung bekommen.
Eine Ausnahme ist der Nahinfrarot-Sensor (NIR) von Dinamica Generale, wie es ihn bei Siloking gibt: Dieser bestimmt in der abgefrästen Silage die Trockensubstanz und kann dann nach der Trockenmasse beladen.

Um die Konstanz in die Fütterung zu bekommen habe ich 2014 begonnen die Trockensubstanz zu bestimmen und die Rationen dann in der Frischmasse anzupassen. Zunächst mit dem Koster-Tester (siehe Post vom 02.07.2014). Den gibt es seit den 1940ern und wird seit 75 Jahren scheinbar unverändert gebaut; der ist extrem amerikanisch-primitiv. Anfang 2018 hatte der einen kapitalen Schaden an der Heizspirale und ich bin auf einen Drogestof Tester von Bakhuis umgestiegen (siehe Post vom 02.04.2018).

Zusammenfassung:
Trockenmasse + Wasser = Frischmasse
Trockensubstanz + Wassergehalt = 100 %
In Trockenmasse wird gerechnet und verdaut, in Frischmasse gefüttert und gefressen.

Die grobe Richtung hat man irgendwann im Handgefühl, hier schätzte ich es "über 40 %" ein, waren dann 45,2 %:

Benjamin



Dienstag, 18. Mai 2021

Hausbau - Teil 3

Was so zur Zeit in der alten Heimat los ist. Der Hausbau schreitet mehr oder minder schnell voran, gerade ist aber Zwangsstopp wegen fehlendem Material.

Vorletzte Woche ging es aber sehr schnell, sodass ich jetzt noch paar Fotos dazwischen schiebe bevor ich wahrscheinlich im Juli wieder da unten bin und dann der Rohbau schon fertig sein fürfte. Geht alles viel schneller als beim Stallbau. An einem Stall mag nicht viel dran sein, aber der ist halt viel größer.

27. April, die Gründung am rechten Bildrand ist fertig und es werden Leitungen gelegt:


 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

4. Mai, Betonieren der Bodenplatte:


 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

5. Mai, gleich am nächsten Tag begannen die Maurerarbeiten:

Benjamin


 


Samstag, 15. Mai 2021

Anatomie Verdauungstrakt

 
Als Grundlegendes zur Fütterung geht es um das Verdauungssystem der Rinder. Die Wiederkäuer besetzen mit ihrem Vormagensystem eine ökologische Nische, denn in Symbiose mit den Mikroben im Pansen können sie Pflanzen verdauen, die die Monogastrier mit nur einem Magen nicht verdauen können. Die Vormägen Pansen, Netzmagen und Blättermagen sind dem eigentlichen Magen vorgelagert, danach ist es anatomisch gleich; wie mein Tierernährungsprof immer sagte: "Ab dem Labmagen ist die Kuh ein Schwein".
 
Meine behelfsmäßige Skizze, nicht maßstabsgetreu, die Längenverhältnisse stimmen gar nicht. Der rote Strich soll verdeutlichen, dass der Darm eigentlich nach hinten weiter geht:
 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Die einzelnen Abschnitte mit ihren lateinischen Namen kursiv geschrieben. Die deutschen Begriffe kenne ich nicht alle...
1. Speiseröhre Oesophagus; bei den Wiederkäuern ganz regulär im Zweirichtungsbetrieb. Zum Wiederkauen siehe Post vom 02.05.2014.
2. Pansen Rumen; die große Gärkammer mit den Pansenmikroben die die Nahrung großteils abbauen. Viele Nährstoffe werden direkt über die Pansenwand schon aufgenommen. Im Pansen gibt es unten eine flüssige Phase, darauf eine schwimmende Fasermatte und oben die Gasphase, die regelmäßig abgerülpst wird (Ruktus). Durch die Pansenkontraktionen wird der gesamte Inhalt regelmäßig durchmischt.
3. Netzmagen Reticulum, auch Haube. Hat eine Siebfunktion, längere Partikel werden zum Wiederkauen hochgewürgt, kürzere gehen in den Blättermagen weiter.
4. Blättermagen Omasum; entzieht der Nahrung Wasser
5. Labmagen Abomasum; der eigentliche Magen, in dem wie bei den Monogastriern die enzymatische Verdauung beginnt. Beim Kalb findet hier die Dicklegung der Milch mit dem Lab statt, es macht quasi seinen eigenen Käse. Wenn erwachsene Rinder Milch saufen (Nuckler) wird die schon im Pansen verdaut. Der Labmagen kann sich auch innerhalb der Bauchhöhle verlagern: Siehe Posts vom 10.11.2019, 14.11.2019, 18.11.2019 und 21.11.2019.
6. Zwölffingerdarm Duodenum; erster Abschnitt des Dünndarms, beim Rind schon länger als zwölf Fingerbreit. Hier geht die enzymatische Verdauung weiter und es kommt auch Galle dazu.
7. Jejunum, zweiter Abschnitt des Dünndarms in dem Nährstoffe absorbiert werden.
8. Ileum, dritter Abschnitt des Dünndarms in dem auch Nährstoffe absorbiert werden.
9. Blinddarm Caecum; erster Abschnitt des Dickdarms, hier findet die Dickdarmfermentation der noch vorhandenen Faserstoffe statt. Bei Rindern nicht so bedeutet im Gegensatz zu Pferdeartige, wo ohne Pansen die gesamte Faserverdauung hier stattfindet.
10. Colon; zweiter Abschnitt des Dickdarms, hier werden noch mal Wasser und Mineralien zurückgewonnen.
11. Enddarm Rectum; letzter Abschnitt des Dickdarms, der den Kot zwischenspeichert und eigentlich immer was drin ist.
 
Benjamin

Mittwoch, 12. Mai 2021

N/P-reduzierte Fütterung

 
Jetzt gibt es den ersten Post der Fütterungsserie mit "richtigem" Inhalt. Bisschen außerhalb der geplanten Reihenfolge, aber gerade aktuell.
Heute habe ich an einer Online-Veranstaltung der Phönix-Group zur Stickstoff- und Phosphor-Reduzierten Fütterung teilgenommen. Dabei geht es darum, die Menge der Stickstoff- und Phosphorausscheidung über die Gülle zu verringern. 
Mein erster Gedanke dazu war, warum die Phönix-Group dazu was veranstaltet, denkt man doch sofort an die viehstarkern Regionen Elbe-Weser-Dreieck, Oldenburger Münsterland und Emsland, aber zur RUW gehört auch Nordrhein-Westfalen mit dem Niederrhein und dem Münsterland, die auch hohe Nährstoffüberschüsse haben.
Sind bei uns im Nordosten die allermeisten Betriebe (weit) unter 1 Großvieheinheit pro ha, ist dort eher über 2 üblich. Dann kommt die Nährstoffe aus der Gülledüngung über die gesetzlich erlaubten Grenzen. Der Weg ist dann die Nährstoffe in der Gülle über die Fütterung zu reduzieren und den Rest was die Pflanzen brauchen als mineralischen Dünger zu geben. So ist das halt in Deutschland...
Das Thema ist aber nicht neu. 2008 gab es schon auf meinem Stammbetrieb LVAV Hofgut Neumühle im Verwaltungsgebäude ein Schaubild zur stickstoffreduzierten Fütterung. Und Anfang 2018 haben wir in Boberow auf Mineralfutter mit weniger Phosphor umgestellt, denn nach einem Jahr rumprobieren für die GVO-frei (zertifizierte) Fütterung mit pansenstabilem Rapsschrot, Lupinen ist es zum Schluss weiterhin noch etwas gvo-frei-zertifiziertes Soja und vor allem deutlich mehr Rapsschrot gewesen. Wobei Rapsschrot recht viel Phosphor enthält und man daher nicht mehr so viel über das Mineralfutter zuführen braucht.
 
Dr. Göres von der Firma Sano referierte über die Möglichkeiten zur Reduktion der N- und P-Ausscheidungen über die Rationsgestaltung.
 
Beim Stickstoff ging um das CNCPS-Modell zur Rationsberechnung. Das ist das amerikanische Verfahren und 2017 nach Deutschland geschwappt und wird von einem Teil der Betriebe genutzt. Die Erfahrungen die man darüber hört reichen von keinen Unterschieden in der Zusammensetzung der damit errechneten Rationen bis zu einigen kg Mehrleistungen an Milch. Ich habe micht damit nicht tiefergehend beschäftigt und weiß bloß, dass Faser und Eiweiß in verschieden schnell abbaubare Fraktionen eingeteilt werden. Das ist die Umsetzung der Pansensynchronisation von Kohlenhydrat- und Eiweißabbau.
Ziel ist es dabei das unabbaubare Protein und für das gerade nicht passend Energie verfügbar ist und dann beides hinten wieder ausgeschieden wird zu reduzieren. 
Ein wichtiger Baustein dabei, der mir gar nicht bewusst war, ist die Faserverdaulichkeit, da ein erheblicher Teil des Proteins an der Faser gebunden ist. Dass in Grundfutter mit hoch verdaulicher Faser auch mehr Protein verdaut werden kann und so zur Verfügung steht und nicht über Kraftfutter bereitgestellt werden muss. 
Zur weiteren Reduktion von Protein können die Aminosäuren die zuerst limitierend wirken zugesetzt werden. Statt alle Aminosäuren über das Futterprotein in ausreichender Menge zur Verfügung zu stellen wird weniger Protein gefüttert und die Aminosäuren die fehlen im Mineralfutter zugesetzt
Das ganze Modell ermöglicht über die Berechnung der einzelnen Stickstoffströme im Stoffwechsel die Vorhersage der Stickstoffausscheidung in Kot und Harn und besonders interessant des Harnstoffgehalts in der Milch, der für mich über die Milchbeprobung das wichtigste Controlling-Instrument für die Fütterung ist.

Zum Phosphor gab es nicht so viel. Die Phosphorverwertbarkeit ist bei den Wiederkäuern sehr hoch, da im Pansen viele Phytasen vorhanden sind, die den Phosphor aus dem Futter freisetzen.
Auch hier wurde der mir bekannte Weg genannt den nach den Grund- und Kraftfuttermitteln noch bestehenden Bedarf an Phosphor über das Mineralfutter dann einzustellen. Mit der Berechnung des genauen Proteinabbaus im Pansen und die Nutzung des Aminosäurezusatzes kann die Fütterung von Rapsschrot ein gutes Stück heruntergefahren werden und dann sinkt damit auch die Phosphorausscheidung.

Benjamin

Sonntag, 9. Mai 2021

Rapsblüte 2021

Lieber spät als nie. Heute gibt es das traditionelle Foto zur Rapsblüte. 

Nach dem langen, kalten Winter ist die Vegetation geschätzte zwei Wochen hintendran. Der April ist gefühlt ausgefallen, in vielen Nächten gab es Frost. Die Rapsblüte ist üblicherweise in den letzten Apriltagen, dieses Jahr geht es eher Richtung Mitte Mai.

Aufgenommen am gestrigen Samstag, sind noch paar Tage bis zu Vollblüte.

Benjamin

 



Donnerstag, 6. Mai 2021

Start Fütterungsserie

Heute beginnt die große Fütterungsserie im Kuhblog.

Dieser Post ist nur eine Übersicht und eine Art Inhaltsverzeichnis für die weitere Serie, der dann dynamisch an die Entwicklung angepasst und in jedem folgenden Post rückverlinkt wird.

Wie so mancher Posts ist die Idee aus irgendeiner Erläuterung für meine Lehrlinge entstanden wo ich mir danach dachte: Das wäre doch auch mal was für den Kuhblog! Im Fokus mehr den Teil der Leserschaft, der mit der Rinderfütterung nicht tagtäglich zu tun hat. Über Monate im Hinterkopf hat sich das immer weiter ausgedehnt bis hin zu einer ganzen Serie.

Fütterungsthemen die schon mal im Kuhblog vorkamen:

Futteraufnahme ("Wie viel frisst eine Kuh"): Posts vom 10.12.2015; 08.09.2019 und 30.01.2020
Energieaufnahme: Post vom 03.02.2020
Wasserzusatz/Kompakt-TMR: Posts vom 23.02.2017, 27.02.2017, 04.03.2017 und 16.08.2018
 
Was ich jetzt für die kommende Zeit geplant habe:
Anatomie des Verdauungssystems Post vom 15.05.2021
Stickstoff/Phosphorreduzierte Fütterung Post vom 18.05.2021
Trockensubstanz/Trockenmasse Post vom 21.05.2021
Abkürzungen Post vom 24.05.2021
Proteinverdauung im Pansen Post vom 04.06.2021
Ruminale Stickstoffbilanz (RNB) Post vom 13.06.2021 
Pansensynchronisation Post vom 22.06.2021
Milchharnstoff Post vom 05.07.2021
Kohlenhydrate und Fasern Post vom 20.07.2021
Fettsäuren im Pansen Post vom 23.07.2021
Methanbildung Post vom 13.08.2021
Einteilung Futtermittel Post vom 25.08.2021
Futterkonservierung Post vom 19.09.2021
Anwelksilage Post vom 20.10.2021
Maissilage, GPS Post vom 01.11.2021
Stroh und Heu Post vom 04.11.2021
energiereiches Kraftfutter Post vom 22.11.2021
proteinreiches Kraftfutter Post vom 29.11.2021
restliche Futtermittel Post vom 22.12.2021
Wachstum steuern Post vom 23.06.2022
DDR-Futterbewertungssystem Post vom 25.07.2022 

Habt ihr weitere Themenvorschläge zur Fütterung? Dann schreibt einen Kommentar oder eine E-Mail an kuhblog(at)gmail.com.

Benjamin

Montag, 3. Mai 2021

Über Tierwohl

Vorletzte Woche nahm ich an einer Online-Veranstaltung zum Thema Tierwohl des Netzwerks Fokus Tierwohl teil. Das Institut für Tierproduktion der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LFA) ist dabei für Mecklenburg-Vorpommern zuständig. Dummerstorf liegt normalerweise außerhalb meines Aktionsradius, deshalb sind die Online-Veranstaltungen für mich ein Vorteil und man kriegt auch wieder fachlichen Input, der ist ja seit mittlerweile mehr als einem Jahr ohne Präsenzveranstaltungen ziemlich auf der Strecke geblieben. Das hat sich aber in den letzten Monaten durch ein verstärktes Umschwenken in den digitalen Bereich verbessert.
Bisher war ich bei Online-Veranstaltungen der LFA nicht dabei gewesen weil die an ihrer gewohnten Uhrzeit um 09:30 festgehalten hatten, diesmal war es erst um 14:30, trotzdem für mich bisschen zu knapp für einen rechtzeitigen Feierabend, sodass ich den ersten Vortrag dann doch verpasst habe.
 
Tierwohl ist einer der arg überstrapazierten Schlagworte der letzten Jahre und wird von Politik, Handel und Medien als Universal-Heilmittel für alle möglichen Probleme präsentiert. Das geht teilweise in die blödsinnigsten Richtungen, wie dass eine Fütterung ohne Soja als Tierwohl beworben wird.
 
Das war dann natürlich auf einem ganz anderen Niveau. Den ersten Vortrag hatte ich wie schon geschrieben verpasst...
Der 2. Vortrag war von Fr. Harms, der Ökonomin des Insituts für Tierproduktion zu "Was kostet Tierwohl". Einen ähnlichen Artikel hatte sich schon einmal in der Bauernzeitung geschrieben (Ausgabe weiß ich nicht mehr).
Dabei wurden die Mehrkosten für diverse Maßnahmen zur Steigerung des Tierwohls berechnet und wieviel Mehrleistung an Milch pro Jahr nötig ist oder eine Verlängerung der Nutzungsdauer, dass es wirtschaftlich ist. Mit Mehrleistung an Milch amortisiert es sich schneller als mit längerer Nutzungsdauer, denn bei der höheren Milchleistung muss nur das zusätzliche Futter bezahlt werden, was die Hälfte der Kosten ausmacht und mit der anderen Hälfte kann das zusätzliche Tierwohl abbezahlt werden. Bei der längeren Nutzungsdauer muss alles bezahlt werden außer die schon bezahlten Nachzuchtkosten, aber die machen nur rund ein Sechstel der Produktionskosten aus. Daher ist es leichter über höhere Milchleistung das mehr an Tierwohl zu bezahlen als nur über längere Nutzungsdauer, weil wenn man die einzelnen Maßnahmen zusammenzählt ist man schnell Richtung einem Jahr mehr Nutzungsdauer unterwegs und das ist schon ambitioniert.
Einmal ging es um bauliche Maßnahmen zur Tiergerechtigkeit, um den Kühen mehr Platz zu geben ihre Ausweichdistanz untereinander einzuhalten: Breitere Laufgänge, mehr Fressplätze, Auslauf usw.
Dann zum Wohlergehen wie die Überdachung von Kälberiglus für besseres Klima, Resuzierung von Hitzestress oder die Arbeit mit dem BCS für eine Bedarfsgerechtere Energieversorung, was das Wirtschaftlichste überhaupt ist.
Wohlbefinden wie Kuhbürsten, dem Symbol schlechthin für Kuhkomfort.
Sowie Gratiseffekte auf das Tierwohl, z.B. durch die verlängerte Laktation mit der verringerten Krankheitshäufigkeit durch seltenere Frühlaktationen.

Zusammenfassend, dass Tierwohl Geld kostet, aber oft aus gratis gibt z.B. durch intesivierte Tierbeobachtung und finden von Stellschrauben. Das Management und der Umgang mit den Tieren hat den größten Einfluss und Umweltauflagen sind teilweise sehr kontraproduktiv, z.B. Emissionen bei Ausläufen.

Der 3. Vortrag war von Fr. Jahnel vom FBN Dummerstorf, die nebenberufllich noch auf einem Milchviehbetrieb bei Rostock arbeitet, würde das mal als ihr "Stammbetrieb" bezeichnen.
Es ging um die praktische Umsetzung von Tierwohl in der Kälberhaltung.
Erstmal die Reduktion der Kälber auf die nur benötigte Anzahl, bei 26 % Reproduktionsrate ergibt sich pro Kalb mehr Platz und eine bessere Betreuung.
Die Trockensteher sind für eine gute Vorbereitung der Kalbung großzügig untergebracht, mit Trennung von Färsen und Erstlaktierenden von den älteren Kühen. Dann noch für die Sanierung Paratuberkulose-positive separat. Mit der Anschaffung des Coloquick-Systems wurde die Kolostrumversorgung deutlisch verbessert.

Als Erfolgsfaktoren zur Steigerung des Aufzuchterfolgs und des Tierwohls der Kälber wurden benannt:
- Regelmäßige Messung und Auswertung von Parametern. So wurde mit ForFarmers zusammen die Tränkephase Schritt für Schritt optimiert um Einbrüche durch Futterumstellungen u.ä. zu reduzieren.
- Ad libitum-Tränke für hohe Lebenstagszunahmen und stabile Gesundheit
- Stressreduktion für Kälber und Mitarbeiter durch strikte Arbeitspläne und -strukturen. So sind im Kälberstall überall Spickzettel für die Arbeitsanweisungen angebracht, dass es in gleichbleibender Qualität gemacht wird.
- Kommunikation; so werden die Abkalbungen mit WhatsApp "vordokumentiert", dass alle Beteiligten auf dem aktuellen Stand sind und nichts vergessen wird.
- Fortbildung intern wie extern und die Bereitschaft neue Wege zu gehen.

Die Vorträge haben verdeutlicht, dass es vor allem kleine Dinge sind die das Tierwohl ausmachen und die Kuhsignale einem zeigen wo angesetzt werden muss.

Benjamin