Am Dienstag wurde Perle abgesetzt und in das nächste Stallabteil gebracht. Und wie es sich für ein Lieblingskalb gehört lief sie ganz vorbildlich nach leichtem Anschieben auf den Kälberanhänger und als erste auch beim Absteigen wieder runter.
Wir betreiben die Automatenabteile im Kälberstall nach dem Rein-Raus-Prinzip. Einer meiner Lehrlinge sah in dem Begriff mal eine anzügliche Doppeldeutigkeit... In der Langversion heißt es Alles-rein-Alles-raus-Prinzip. Alle Tiere der Gruppe werden auf einmal ein- und später auf einmal ausgestallt. Das hat den hygienisch großen Vorteil, dass man so Infektionsketten unterbrechen kann, weil keine neuen Tiere dazu kommen oder Tiere in andere Gruppen gehen und man nach dem Ausstallen komplett Ausmisten, Saubermachen und Desinfizieren kann. Das Gegenteil ist die dynamische Gruppe, in der ein Kommen und Gehen herrscht: Jüngere Kälber kommen hinzu und ältere gehen raus. In unserer Größenordnung hat das Rein-Raus-Prinzip dazu den Vorteil, dass man nicht dreimal die Woche Kälber absetzen muss sondern nur so alle zwei Wochen eine komplette Gruppe mit einem routinierten Ablauf von Ausstallen, Ausmisten, Kärchern, Desinfizieren, neu Einstreuen, Einstallen.
Der Nesting Score ist zwar für kleine Kälber (-> siehe auch hier), aber hier sieht man es auch schön, vielleicht 2,5, bloß dass man halt bei einem Kalb von gut 110 kg natürlich die Beine besser sieht:
Jetzt ohne Halsband, man ist schließlich ein großes Kalb, das keine Milch mehr braucht. Bisschen verwackelt weil hinter mir einige sehr durstige Kälber standen, die an meine Kapuze und Kappe wollten. Perle ist das zwar Alles recht egal und sie liegt da und kaut wieder, aber fast alle anderen Kälber ihrer Gruppe brüllen wenn jemand in den Stall kommt, derart vermissen sie die Milch. Dabei kann man denken, dass das langsame Abtränken über 6 Wochen hinweg von 14 auf 2 Liter zu abrupt war. Gerne würde ich das Abtränken noch länger ziehen, bloß dann bliebe von den rund 13 Wochen Gesamttränkedauer nicht viel übrig. Der Trend geht von 14 zu 18 Wochen, aber da fehlt uns wie vielen anderen Betrieben der Platz dafür. In den 1990er wurden Kälberställe arg knapp bemessen. Wahrscheinlich mit der berüchtigten Frühentwöhnung mit bereits 8 Wochen und einer abartig hohen Totgeburtenrate/Kälbersterblichkeit gerechnet und dass es im Mittel reicht und nicht auch in den Spitzen.
Jetzt ist sie in unserem K2-Bereich.
Das ist ein alter Fachbegriff, in der DDR wurden die Kälber, Färsen und Kühe in Produktionsstufen und -abschnitte eingeteilt. Landesweit einheitlich und so wussten alle sofort welches Alter gemeint ist und nicht so ein regionales Wirrwarr wie heutzutage.
Es fing mit K0 an, was auch heute noch ein weit verbreiteter Begriff für die "Iglukälber" ist. Das sind die Kälber bis 14 Tage Alter, also die übliche Einzelhaltung.
K1 geht bis 12 Wochen Alter, also grob drei Monate und die Tränkephase.
K2 geht bis 17 Wochen Alter, also bis vier Monate alt, die abgesetzten Kälber.
K3 dann bis 26 Wochen Alter, also bis sechs Monate.
Danach folgt die Stufe Färsenproduktion mit den Abschnitten JR1 bis JR4 bis zur hochtragenden Färse.
Quelle: KLEIBER et al. (1980): Verfahren der Milchproduktion. VEB Deutscher Landwirtschaftsverlag, Berlin.
Benjamin
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