Vorletzte Woche nahm ich an einer Online-Veranstaltung zum Thema Tierwohl des Netzwerks Fokus Tierwohl teil. Das Institut für Tierproduktion der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LFA) ist dabei für Mecklenburg-Vorpommern zuständig. Dummerstorf liegt normalerweise außerhalb meines Aktionsradius, deshalb sind die Online-Veranstaltungen für mich ein Vorteil und man kriegt auch wieder fachlichen Input, der ist ja seit mittlerweile mehr als einem Jahr ohne Präsenzveranstaltungen ziemlich auf der Strecke geblieben. Das hat sich aber in den letzten Monaten durch ein verstärktes Umschwenken in den digitalen Bereich verbessert.
Bisher war ich bei Online-Veranstaltungen der LFA nicht dabei gewesen weil die an ihrer gewohnten Uhrzeit um 09:30 festgehalten hatten, diesmal war es erst um 14:30, trotzdem für mich bisschen zu knapp für einen rechtzeitigen Feierabend, sodass ich den ersten Vortrag dann doch verpasst habe.
Tierwohl ist einer der arg überstrapazierten Schlagworte der letzten Jahre und wird von Politik, Handel und Medien als Universal-Heilmittel für alle möglichen Probleme präsentiert. Das geht teilweise in die blödsinnigsten Richtungen, wie dass eine Fütterung ohne Soja als Tierwohl beworben wird.
Das war dann natürlich auf einem ganz anderen Niveau. Den ersten Vortrag hatte ich wie schon geschrieben verpasst...
Der 2. Vortrag war von Fr. Harms, der Ökonomin des Insituts für Tierproduktion zu "Was kostet Tierwohl". Einen ähnlichen Artikel hatte sich schon einmal in der Bauernzeitung geschrieben (Ausgabe weiß ich nicht mehr).
Dabei wurden die Mehrkosten für diverse Maßnahmen zur Steigerung des Tierwohls berechnet und wieviel Mehrleistung an Milch pro Jahr nötig ist oder eine Verlängerung der Nutzungsdauer, dass es wirtschaftlich ist. Mit Mehrleistung an Milch amortisiert es sich schneller als mit längerer Nutzungsdauer, denn bei der höheren Milchleistung muss nur das zusätzliche Futter bezahlt werden, was die Hälfte der Kosten ausmacht und mit der anderen Hälfte kann das zusätzliche Tierwohl abbezahlt werden. Bei der längeren Nutzungsdauer muss alles bezahlt werden außer die schon bezahlten Nachzuchtkosten, aber die machen nur rund ein Sechstel der Produktionskosten aus. Daher ist es leichter über höhere Milchleistung das mehr an Tierwohl zu bezahlen als nur über längere Nutzungsdauer, weil wenn man die einzelnen Maßnahmen zusammenzählt ist man schnell Richtung einem Jahr mehr Nutzungsdauer unterwegs und das ist schon ambitioniert.
Einmal ging es um bauliche Maßnahmen zur Tiergerechtigkeit, um den Kühen mehr Platz zu geben ihre Ausweichdistanz untereinander einzuhalten: Breitere Laufgänge, mehr Fressplätze, Auslauf usw.
Dann zum Wohlergehen wie die Überdachung von Kälberiglus für besseres Klima, Resuzierung von Hitzestress oder die Arbeit mit dem BCS für eine Bedarfsgerechtere Energieversorung, was das Wirtschaftlichste überhaupt ist.
Wohlbefinden wie Kuhbürsten, dem Symbol schlechthin für Kuhkomfort.
Sowie Gratiseffekte auf das Tierwohl, z.B. durch die verlängerte Laktation mit der verringerten Krankheitshäufigkeit durch seltenere Frühlaktationen.
Zusammenfassend, dass Tierwohl Geld kostet, aber oft aus gratis gibt z.B. durch intesivierte Tierbeobachtung und finden von Stellschrauben. Das Management und der Umgang mit den Tieren hat den größten Einfluss und Umweltauflagen sind teilweise sehr kontraproduktiv, z.B. Emissionen bei Ausläufen.
Der 3. Vortrag war von Fr. Jahnel vom FBN Dummerstorf, die nebenberufllich noch auf einem Milchviehbetrieb bei Rostock arbeitet, würde das mal als ihr "Stammbetrieb" bezeichnen.
Es ging um die praktische Umsetzung von Tierwohl in der Kälberhaltung.
Erstmal die Reduktion der Kälber auf die nur benötigte Anzahl, bei 26 % Reproduktionsrate ergibt sich pro Kalb mehr Platz und eine bessere Betreuung.
Die Trockensteher sind für eine gute Vorbereitung der Kalbung großzügig untergebracht, mit Trennung von Färsen und Erstlaktierenden von den älteren Kühen. Dann noch für die Sanierung Paratuberkulose-positive separat. Mit der Anschaffung des Coloquick-Systems wurde die Kolostrumversorgung deutlisch verbessert.
Als Erfolgsfaktoren zur Steigerung des Aufzuchterfolgs und des Tierwohls der Kälber wurden benannt:
- Regelmäßige Messung und Auswertung von Parametern. So wurde mit ForFarmers zusammen die Tränkephase Schritt für Schritt optimiert um Einbrüche durch Futterumstellungen u.ä. zu reduzieren.
- Ad libitum-Tränke für hohe Lebenstagszunahmen und stabile Gesundheit
- Stressreduktion für Kälber und Mitarbeiter durch strikte Arbeitspläne und -strukturen. So sind im Kälberstall überall Spickzettel für die Arbeitsanweisungen angebracht, dass es in gleichbleibender Qualität gemacht wird.
- Kommunikation; so werden die Abkalbungen mit WhatsApp "vordokumentiert", dass alle Beteiligten auf dem aktuellen Stand sind und nichts vergessen wird.
- Fortbildung intern wie extern und die Bereitschaft neue Wege zu gehen.
Die Vorträge haben verdeutlicht, dass es vor allem kleine Dinge sind die das Tierwohl ausmachen und die Kuhsignale einem zeigen wo angesetzt werden muss.
Benjamin
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