Freitag, 2. Oktober 2020

Neue Liegeboxen

Bei meinem Bruder auf dem St.Wendelinhof der Technischen Hochschule Bingen war ich dieses Jahr noch gar nicht gewesen. Eine große Neuerung gab es dort letzte Woche, die ich zwar selbst bisher nicht gesehen habe, aber mit ausführlichen Erklärungen und gelieferten Fotos kann ich hier im Kuhblog darüber berichten.
 
Der Kuhstall wurde Ende der 1960er Jahre gebaut, damals als 40er-Anbindestall mit einem schmalen Futtertisch zwischen den Standreihen wo ein Futterband das Futter von den Hochsilos am Stallende zu den Kühen brachte. Solche Technik gab es auch in Westdeutschland! War das Allermodernste.
2001 dann wurde auf Laufstall umgebaut und es gab den ersten Melkroboter (Lely Astronaut A2). An der Längsseite des Stalls wurde ein Futtertisch mit Fressgang angebaut und aus den Anbindeständen wurden Liegeboxen. Ausgeführt als Hochtiefbox mit einer Holzbohle hinten und mit Häckselstroh eingestreut.
So sah es bisher aus:

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Ich kann mich erinnern wie wir es im Studium über Qualitätssicherung hatten und ein HACCP-Protokoll für die Milchviehhaltung abgearbeitet haben. Da wurde auch die Liegeboxenbreite vermessen und die betrug 119 cm. Doch etwas schmäler und unser Professor der auch für den Umbau zuständig gewesen war erklärte uns, dass damit auf die ganze Reihe eine Box mehr hinpasste und somit alle Kühe der Herde Platz hatten.
 
Nun waren die Liegeboxen und der Kuhkomfort nicht mehr zeitgemäß, vor allem auch weil das zuständige Veterinäramt sehr streng ist. Mit dem vieharmen Rheinhessen sind die halt arg verwöhnt und wissen gar nicht welche Zustände noch in anderen Teilen Deutschlands herrschen. Mit denen will man sich aber eigentlich auch gar nicht vergleichen...
Jedenfalls wurde die Auflage gemacht die Liegeboxen umzubauen mit flexiblen Boxenbügeln.
 
Die Hochbox war gesetzt, weil man noch das alte Betonpodest der Anbindestände hat und man das nicht für einen Umbau im laufenden Betrieb einfach mal wegstemmen und Tiefboxen hinbauen kann.
 
Bei der Hochschule als staatlicher Einrichtung muss ein ordentliches Ausschreibungsverfahren durchgeführt werden. Von drei Herstellern wurden Angebote für Matratzen und Liegeboxenbügeln eingeholt und dann mit Zustimmung des Amtstierarztes das passende ausgewählt.
 
Es wurden Doro-Flex-Bügel und ZIMsoft-Matratzen der Firma Zimmermann-Stalltechnik (Link siehe hier).

Ein Foto zur Zimmermann Doro-Box. Die "Urversion" der Doro-Box auf der LVAV Hofgut Neumühle im Versuchsabteil des Kuhstalls. Vor langer Zeit zusammen mit meiner Braunie:
 


















Doro steht für Doppelrohr, der Boxenbügel hat keinerlei Schweißstellen sondern ist aus einem einzigen Rohr gebogen und am Fuß laufen beide Rohrenden zusammen und sind vor der Bugschwelle verankert und somit aus dem Feuchtigkeitsbereich der Einstreu. Vorne ist der Bügel etwas nach hinten eingezogen, dass die "Kühe beim Liegen und Aufstehen den Kopf frei haben". Statt Nackenrohr gibt es eine flexible, kunststoffummantelte Kette. Das Rohr oben ist nur zur seitlichen Aussteifung und heute auch noch mal etwas höher ausgestellt.
Die Doro-Box war für mich seit meinen Erfahrungen auf der Neumühle die beste Liegebox, weil sie die Kuh nicht behindert sondern nur die Richtung in ihrer Bewegung vorgibt. Und zudem extrem massiv gebaut.

Die Doro-Box gibt es in den Ausführungen Doro, Doro2, Doro3, die sich in der Größe unterscheiden sowie Doro-Flex, bei der der eigentlich Bügel durch ein flexibel gelagertes Holzbrett ersetzt ist das in beide Richtungen um so 10 cm ausweichen kann wenn sich die Kuh dagegen lehnt.
 
So sieht es nun im Stall aus, durch die hohe Bauform (1,4 m) der Bügel wirkt es jetzt enger, ist es aber nicht:



















Beispielfoto für den Liegekomfort. Die ZIMsoft-Matratze ist keine Gummimatte sondern eine durchgehende Gewebebahn mit einer Schaumstoffmatratze darunter. Vorne die Bugschwelle heißt ZIMboard und ist aus Kunststoff, würde an die Recycling-Weidezaumpfähle erinnern, und hat abgerundete Kanten, dass die Kühe bequemer die Vorderbeine drüber strecken können. Die Boxen sind 125 cm breit und haben ein Liegelänge von der Hinterkante bis zur Bugschwelle von 190 cm:

Benjamin



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