Montag, 29. Juli 2019

Kälberwaage

Mal wieder ein Post basierend auf den Statistiken des Kuhblogs. Und zwar war letztens ein weitergeleiteter Suchbegriff "Haase KW" - die Kälberwaage. Was für mich jetzt ein Anlass ist nach mittlerweile schon drei Jahren Einsatz einen kleinen Erfahrungsbericht zu schreiben.

Zur Firma Haase selber: Ein sehr traditionsreicher Metallbaubetrieb aus Bieberach in Sachsen. Internetseite --> www.haase-traenken.de
Früher stellten sie die Tränkebecken vom Typ "Haase Ideal" her, die Standard in den Anbindeställen waren. Damals sagte man Selbsttränken dazu, weil die Kuh selber entscheiden konnte wann sie saufen wollte, zu einer Zeit als bei meinem Urgroßvater im tiefsten Westen die Kühe noch warten mussten bis jemand ihnen einen Wassereimer brachte - heute unvorstellbare Zustände.
Die Tränkebecken von Haase kenne ich auch noch und zwar aus dem ältesten Boberower Kuhstall, Baujahr 1962. Das war ursprünglich ein 80er Anbindestall, die Hälfte ist heute der alte Kälberstall und von der anderen Hälfte noch gut 25 der ursprünglichen Anbindungen vorhanden. Wenn man auf in den Grundzügen solch alten Anlagen arbeitet gibt es doch mitten drin aufgegebene Bereiche; "Lost Place" passt trotzdem nicht, die Stallgasse ist ein sauberer und halbwegs heller Durchgang zum neuen Kälberstall, auch wenn es direkt nebendran seit Jahrzehnten nicht mehr benutzt wird. Wäre was für die Überbleibsel-Serie gewesen. (vgl. Post vom 03.10.2015):



























Als auch Boberow Anfang 2016 ins RBBplus-Testherdenprogramm aufgenommen wurde (siehe Post vom 13.02.2016) musste ein Waage angeschafft werden um die neugeborenen Kälber zu wiegen. Das war davor nicht gemacht worden. Im Testherdenprogramm ist die genaue Erfassung der Geburtsgewichte wichtig für die Zuchtwertschätzung des Kalbeverlaufs. Wir hatten bis dahin die Kälber mit einem alten Handwagen vom Abkalbestall zum Kälberstall bzw. den Iglus gefahren und das war alleine als etwas mühsam (vgl. Post vom 28.01.2014). 
Daher lag es für mich nahe einen vernünftigen Kälberwagen mit integrierter Waage zu beschaffen. Auf die Kälberwaage von Haase war ich schon auf der Eurotier 2010 aufmerksam geworden, als sie dafür eine Silbermedaille der DLG gewonnen hatten.

Seit Juli 2016 (siehe Post vom 16.07.2016) ist die Waage nun in Betrieb und hat schon über 1.000 Kälber gewogen.

Ablauf der Wiegung: Man fährt zur Abkalbebucht, aber nur daneben bzw. auf den Futtertisch weil auch die Variante mit den großen Rädern nicht durch die eingestreute Buchte fahren kann. Dann schaltet man die Waage ein und kippt die Karre nach vorne in Aufladeposition, die Waage zeigt  - 13,4 kg an. Man zieht das Kalb drauf, kippt die Karre zurück, fährt an eine waarechte Stelle, klappt die Wiegestütze aus und wiegt das Kalb. Danach schaltet man die Waage aus und bringt das Kalb zum Iglu bzw. Kälberbox.

Meine Erfahrungen aus dem alltäglichen Betrieb:
Vorteile:
- günstiger als separate Karre und Plattformwaage
- man braucht wirklich nur eine Person
- die Wiegung erfolgt nebenbei beim Transport
- leicht zu reinigen
Nachteile:
- die Befestigungsschrauben der Waage haben sich schon paarmal gelöst
- bei Kälbern über 50 kg wird es etwas eng und man muss die Waage für das Wiegen länger ausbalancieren
- die Ladezustandsanzeige des Akkus leuchtet viel zu spät auf
- für die alten Hochboxen ist die Waage etwas zu breit um die Kälber "abkippen" zu können; zeitgemäße Boxen sind da aber die bessere Lösung

Trotz der vielen hier aufgezählten Nachteile bin ich mit der Waage zufrieden und kann sie weiterempfehlen.

Benjamin



Freitag, 26. Juli 2019

Ohrmarken

Nun kommt der schon angekündigte Post über die Ohrmarken.

Präziser gesagt sind es die Lebendohrmarken (LOM), da es auch andere Ohrmarken gibt (allgemeine Markierung, Transponderohrmarken usw.). Von den Lebendohrmarken hat in der EU jedes Rind sein Leben lang zwei zu haben - in jedem Ohr eine - zur eindeutigen Idetifizierung, quasi wie ein Personalausweis. Daneben hat jedes Rinder aber auch noch seinen Rinderpass, der im Büro aufbewahrt wird und bei jedem Verkauf mitgeht.

Im Kuhblog mache ich immer alle Ohrmarken unkenntlich, die Kuhblogleser wissen zwar zu wem die Kühe gehören, aber halt heutzutage mit den Geheimdiensten und ihren automatischen Bilderkennungen will man lieber nicht wissen wo sonst welche Information zum Schluss landet.

Daher als Beispiel eine Ohrmarke einer Kuh die schon lange nicht mehr lebt und klar sein dürfte woher sie stammte. Es war Nr. 1253 aus der Zeit wo die Kühe noch keine Namen von mir bekamen. Sie war eine frühe Laudan-Enkelin, also eine Nichte von Nr. 2054 Laura.
Da Rinder zwei Ohrmarken brauchen und mal eine abfällt oder (seltener) ausreißt muss die beim Landeskontrollverband als mit der Tierkennzeichnung beauftragte Organisation als Ersatzohrmarke nachbestellt werden. Und von diesen Ersatzohrmarken hatte ich einen ganzen Haufen geerbt, wo es die Kühe dazu nicht mehr gab oder doppelt bestellt worden waren. Die lagerte ich paar Jahre in meinem Schreibtisch und verarbeitete sie dann zu Schlüsselanhängern. Mein Vater hatte mal von meinem Bruder eine hessische Ohrmarke bekommen was ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen konnte und meine Familie und Bekanntenkreis mit brandenburger Ohrmarken als Schlüsselanhänger ausstattete. Auf der Rückseite ist der Name draufgeschrieben. Dafür habe ich die weiblichen Ohrmarken genommen, die männlichen für USB-Sticks, den Schlüssel vom Kälberauto usw.


























Auf beiden Ohrmarken auf den Vorder- wie Rückteilen steht das gleiche drauf, auf dem Vorderteil in größerer Schrift. Die Innenseiten, die zum Ohr hin zeigen sind leer, da nicht leicht abzulesen. Auf einem der Vorderteile und bei den Ersatzohrmarken generell ist ein Strichcode. Praktisch hat der keine Bedeutung, da das Rind zum Ablesen still halten müsste und meistens doch zu schmutzig. Der Strichcodeleser von meinem Handy zumindest konnte den Schlüsselanhänger nicht lesen. Einzige Anwendung könnte ich mir im Schlachthof vorstellen, um an den abgeschnittenen Ohrmarken die Rinder fehlerfrei aus der HIT-Datenbank abzumelden.
Auf der anderen Ohrmarke fehlt der Strichcode und die untere Ziffernreihe ist ein Stück nach oben verschoben oder bis an die oberen Zahlenreihe sodass unten dann ein Freiraum bleibt, auf den z.B. Stallnummer oder Geburtsdatum geschrieben werden können (Ohrmarke mit Beschriftungsfeld).

Ganz oben ist das Logo der vom jeweiligen Bundesland mit der Tierkennzeichnung beauftragten Organisation, bei uns der Landeskontrollverband Berlin-Brandenburg e.V. 

Dann kommt DE für Deutschland und zwei Ziffern für das Bundesland.
Die Vergabe der Codes ist aus historischen Gründen etwas ungewöhnlich.
Zuerst Westdeutschland in den Grenzen von 1949 von Nord nach Süd:
01 Schleswig-Holstein
02 Hamburg
03 Niedersachsen
04 Bremen
05 Nordrhein-Westfalen
06 Hessen
07 Rheinland-Pfalz
08 Baden-Württemberg
09 Bayern
mit der "kleinen Wiedervereinigung" 1957
10 Saarland
und 1990 die Neuen Bundeländer in alphabetischer Reihenfolge
11 Berlin
12 Brandenburg
13 Mecklenburg-Vorpommern
14 Sachsen
15 Sachsen-Anhalt
16 Thüringen

So kann man z.B. anhand der Ohrmarken-Nummern der Besamungsbullen nachvollziehen in welchem Zuchtgebiet die geboren wurden.

Dann folgen noch mal drei Ziffern und unten groß fünf Ziffern.
Die letzten fünf Ziffern (hier 51430) werden 5-Steller genannt und sind das was wir im Alltag als Ohrmarkennummer bezeichen und damit in Herde, Herde mobil oder auf Listen arbeiten. 
Die beiden ersten Ziffern der unteren Zeile (hier 51) nennt man umgangssprachlich Serie, weil die Ohrmarken immer in Serien zu tausend Stück produziert werden (also hier von 51001 bis 52000); Rinder mit der gleichen "Seriennummer" stammen aus dem gleichen Jahrgang, wenn auch oft auf zwei Kalenderjahre verteilt.
Die zehn Ziffern (hier 1270451430) werden 10-Steller genannt und unter anderem in der HIT-Datenbank verwendet, weil es schon ab und zu Tiere mit gleichem 5-Steller gibt.
Bei der zwölfstelligen Variante ist das Länderkürzel dabei; sie wird z.B. bei den Urkunden des LKVs verwendet. Hier wäre das DE1270451430.
In Herde und Herde Mobil ist in den Tierkarteien die vollständige Variante eingetragen; der 14-Steller hat zwei zwischengestellte Nullen für Rinder zur Unterscheidung von Ziegen und Schafen. Schafe haben da 01. Hier wäre das DE001270451430.
Und dann gibt es zur elektronischen Datenverarbeitung eine fünfzehnstellige Variante nach ISO-3166-1, die meist nur im Hintergrund läuft, bei der das DE durch den Kode "276" für Deutschland ersetzt ist. Hier wäre das 276001270451430.


Ohrmarken bestehen aus einem Vorder- und Hinterteil. Wegen des Verschlussmechanismus werden die größeren Vorderteie weiblich genannt und die kleineren Hinterteile männlich. Das ist genauso bei den Transponderohrmakren oder den Stanzen für KuhVision (siehe auch Post vom 04.10.2016). In eine der beiden Ohrmarken ist die Stanze für die Gewebeprobe auf BVD (Bovine Virusdiarrhoe) integriert. Beim Durchstechen des Ohres wird eine kleine Gewebeprobe ausgestanzt und mit der grünen "Knete" im Verschluss versiegelt. Die Ohrstanze wird von der Ohrmarkenzange aus der eigentlichen Ohrmarke herausgezogen, es kommt eine Plastikkappe drauf und wird zur Untersuchung ins Labor geschickt (bei uns das Landeslabor in Frankfurt). Bei den KuhVisons-Stanzen funktioniert es genauso, bloß ist da noch eine Konservierungsflüssigkeit in der Plastikkappe:





















Die Ohrmarken in die Ohrmarkenzangen eingespannt. Links die rote Zange hat einen Dorn, auf den die männliche Ohrmarke gesteckt wird und so durch das Ohr gestochen werden kann. Rechts die gelbe Zange ist für die Ohrmarke mit der Stanze, die selber als Dorn funktioniert. Unter der Feder sieht man das Endstück des Wechseldorns, den man statts der Stanze einklinken und dann auch normale Ohrmarken einziehen kann. Bei unsrer Anzahl an Kälbern die markiert werden müssen haben wir aber zwei separate Zangen. Die Ohrstanze ist auch nicht so zuverlässig wie der Dorn, ab und zu verrutscht die schon beim Zudrücken und verschliesst sich dann nicht mehr. Daher ziehe ich die Ohrmarke mit der Stanze prinzipiell als erste ein, denn die geht statistisch häufiger schief und dann muss man nicht erst die andere Ohrmarke rausschneiden bevor man ein neues Ohrmarkenpaar nimmt:


























Zur Positionierung der Ohrmarke. Da habe ich leider nur ein einziges Foto davon, wo es um die Transponderohrmarken ging. Das Einziehen der Ohrmarken lässt sich alleine schwer Fotografieren: Die linke Hand hält das Ohr, die rechte die Ohrmarkenzange und halt keine die Kamera. 
Das ist meine Herangehensweise, wie ich sie auch in der Ausbildung unterweise, manche Leute machen es auch genau umgekehrt. Für Rechtshänder: Mit der linken Hand greife ich das Ohr und drehe es nach unten, sodass die Rückseite nach oben zeigt, dann ziele ich mit der männlichen Ohrmarke (ist das Hinterteil!) zwischen die beiden Knorpelstränge im Ohr und drücke die Ohrmarke rein, öffne die Zange wieder und ziehe die zurück, dass auch die weibliche Ohrmarke aus der Klemme rutscht. Zwischen die Knorpelstränge, weil da die Gefahr, dass die Ohrmarke irgendwann mal ausreißt am niedrigsten ist.
Auf dem Foto sind die Knorpelstränge braun markiert, der rote Kreis ist die gewünschte Position für die Lebendohrmarke, der blaue für die Transponder-Ohrmarke (linkes Ohr) bzw. die KuhVisions-Stanze (rechtes Ohr). 
Beim Beispielfoto war die Lebendohrmarke etwa ungünstig getroffen, was aber ab und zu vorkommt bei den kleinen und oft noch klitschigen Kälberohren und man es erst richtig sieht wenn das Ohr ausgewachsen ist. Habe jetzt mal im Computer nachgeschaut, wer die Ohrmarke eingezogen hatte. Das ist zwar nicht im Herde hinterlegt, aber vom Geburtsort kann man darauf schließen wer es dort am häufigsten macht. Die Kuh ist Nr. 1637 Kitty, übrigens eine Tante von Hype und wurde vor Uwes und meiner Zeit in Pinnow geboren:

Benjamin


Dienstag, 23. Juli 2019

Ackerbau in Rheinhessen

Über die Milchviehhaltung im südlichen Rheinhessen gibt es nicht viel zu sagen: Kaum vorhanden; die paar Kühe könnte ich hier alle mit Namen aufführen und es wäre ein sehr überschaubarer Post.

Daher über den dortigen Ackerbau, der mich geprägt hat und ich mich daher immer noch nicht mit dem Brandenburger Sand anfreunden kann.
Klimatisch sind es ähnliche Verhältnisse: Etwas über 500 mm Niederschlag mit Frühsommertrockenheit (die letzten beiden Jahre halt nicht...). Dafür ist es da unten im Jahresschnitt aber 2 °C wärmer was entsprechend mehr Vegetationstage zur Folge hat; und auch mehr Sonnenstunden.

Die Böden sind vom Bodentyp her Löss-Parabraunerden, von der Bodenart her stark schluffiger Lehm bis schluffiger Ton. Vom wenigen Wasser abgesehen ein idealer Ackerbaustandort. Die Bodenpunkte liegen im Schnitt bei um die 80, bei einer Spanne von 60 bis an die 100. Mein Spruch dazu: "Unter 60 Punkte ist Weinberg."
Für Weinbau ist die Gegend durch das Klima und den Kalkgehalt des Löss bestens geeignet. Wie wir im Studium Bodenanalysen gemacht haben war der von mir mitgebrachte Boden (aus dem Weinberg) nicht nur der beste sondern es kam bei der Berechnung des Kalkbedarfes zur Erhaltungskalkung sogar ein negativer Wert (glaube waren 100 kg/ha/Jahr) raus.

Der Löss ist zudem sehr tiefgründig und steinarm. Steinelesen war für mich was ganz Neues, das ich erst in Brandenburg kennengelernt habe.

Zur Struktur: Recht kleinteilig mit Schlaggrößen von so 0,5 bis einige ha, über 5 ist selten, im Durchschnitt doch um 1 ha. Dazu ist die Verkehrslage mit der hohen Besiedlungsdichte auch nicht die Beste. Bewirtschafter der Flächen sind sowohl Weingüter, die noch Ackerbau in kleinerem Umfang als "Überbeibsel" aus Zeiten der Gemischtbetriebe mit Weinbau, Ackerbau und Viehhaltung betreiben. Daneben reine Ackerbaubetriebe, die meist in der Größenordnung von 150 bis 300 ha Fläche umfassen.

Die häufigsten Kulturen sind Weizen und Zuckerrüben, dann folgt zweizeilige Sommerbraugerste. Daneben gibt es auch Wintergerste und Hartweizen. Seltener sind Raps, Silomais für die einzige Biogasanlage in größerem Umkeis, mittlerweile Phacelia für das Greening, Kartoffeln und Aufzuchtreben, die letzten beiden häufig mit Bewässerung. Aber auch Roggen, Dinkel und Zwiebeln gibt es ab und zu.
Das ganze aber in einem recht kleinen Umkreis; sieben km weiter östlich auf den sandigeren Böden am Rhein sind es klassische Gemüsebaustandorte.

Aus pflanzenbaulicher Sicht eine tolle Gegend, agronomisch von der Struktur ungünstig und als Kuhbauer zu gut für Futterbau.

Rheinhessische Landschaft mit reifem Getreide, auf dem Foto sind es bis zur Allee (deutsche Alleenstraße!) ganze 14 Schläge:

Benjamin


Samstag, 20. Juli 2019

900 kg +

Die letzte Aktion während meines Urlaubs war eine Tour nach "Norden"; ins nördliche Rheinhessen bzw. den Hunsrück.

Zuerst zur Technischen Hochschule Bingen beim Team Tierernährung vorbeigeschaut; mal wieder an einer alten Wirkungsstätte gewesen.

Danach zu meinem Bruder auf den St. Wendelinhof. Dabei ist das Foto enstanden. Kuh Nr. 1411 ist die Größte der Herde. Bei den Melkrobotern hatten die Astronaut bis Modell A3 next die Waage um die Position der Kuh im Roboter zu bestimmen. Ab dem Astronaut A4 geht das über optische Sensoren, der Roboter hat aber trotzdem die optionale Waage, zur Gewichtsüberwachung und natürlich auch für den Forschungsbetrieb.
Jedenfalls wird im Computerprogramm (T4C - time for cows) max. 900 kg Lebengewicht angezeigt und 1411 liegt die Hälfte der Tage knapp darunter, die andere Hälfte darüber. Sie ist jetzt in der dritten Laktation kurz vor der Trockenstellen. Ihre älteste Tochter ist in der ersten Laktation und wurde da auch schon mit knapp 800 kg trockengestellt. Bei solch großen Kühen sind entsprechend groß dimensionierte Liegeboxen das Wichtigste, dass sie genügend liegen und wiederkauen und nicht zu viel rumstehen und die Klauen zu sehr belasten:




















Dritte Station war bei meinem ehemaligen Studienkollegen von der Bioenergie Hunsrück in Kappel; wie jeden Sommer in ungeraden Jahren. Auf knapp 500 m Höhe gelegen hatte die Getreideernte noch nicht begonnen und die Lager wurden ausgesaugt und vorbereitet. Die Woche davor war nach knapp acht Jahre Betrieb bei der Biogasanlage die erste Fermenterrevision gemacht worden: Der abgelagerte Sand ausgebaggert, den ausgefällten Schwefel entfernt und die Lager der Rührwerke ausgetauscht. Das Fermenterausbaggern habe ich schon mal in Pinnow mitbekommen. (siehe Post vom 08.06.2016).

Benjamin

Donnerstag, 18. Juli 2019

Jungvieh aufrücken

Bei meinem Urlaubsprogramm stand auch wieder ein Besuch bei meinem ehemaligen Studienkollegen in Südhessen an.
An dem Tag war Jungviehumstallen eingeplant, was dann ein Großkampftag ist vom Aufwand her. Läuft ganz anders ab wie ich es gewohnt bin: Die Rinder wurden aufgehalftert und einzeln zwischen Kuhstall bzw. Kälberstall und der Maschinenhalle wo auch ein Teil der Buchten sind geführt. Zuerst in der Buchte rum und irgendwie in eine Ecke gedrängt um das Halfter anzulegen, dann führt vorne einer am Strick und einer läuft hinterher. Ist sehr arbeitsintensiv, für 23 Kälber und Rinder mit 2 - 3 Leuten um die drei Stunden insgesamt. Dazu noch zwischendurch zwei der Buchten ausgemistet wenn sie schon mal leer waren und frisch eingestreut.
 

Wegen dem Arbeitszeitbedarf habe ich dann mal überschlagen wie lange es bei uns dauert. Am besten kann ich es im Boberower Jungviehstall einschätzen. Wenn da Jungvieh aufgerückt wird dauert es zu zweit mit "Auf- und Abbauen" - was im Schließen des Rolltores und einem Strohballen quer auf dem Futtertisch als Treibegasse besteht - so eine dreiviertel Stunde für gut 140 Tiere. Bis auf die Kälber die aus dem Iglu an den Tränkeautomat kommen laufen alle Tiere frei. Bei den tragenden Färsen und Kühen ist es mit Ballenschnur einfach, weil die das für Litzen halten und schon mal mit Strom schlechte Erfahrungen gemacht haben. Bei jüngeren Rindern werden Treibwege aus Strohballen oder Texasgittern gebaut. Beim eigentliche Treiben ist es vor allem die Gruppe laufen lassen und halt die Richtung vorzugeben. Prinzipiell wird nach den Grundsätzen des "Low Stress Stockmanship" vorgegangen, auch wenn es im Stall schwieriger ist als auf der Weide. Aber dazu müsste ich auch mal einen separaten Post schreiben...

Strohballen haben sie aber trotzdem und da kann man eine Einzelbucht für das jüngste Kalb draus bauen, wenn wegen sehr wenigen Abkalbungen der Altersunterschied im Kälberstall zu groß ist:

Benjamin



Montag, 15. Juli 2019

Neumühle 3/2019

Im Urlaub war ich nach gerade mal drei Wochen wieder auf Hofgut Neumühle, aber dafür nach Ewigkeiten mal nicht sonntags sondern unter der Woche wo entsprechend was los war im Versuchsbetrieb.

Also erstmal normal Melken und da noch bisschen geholfen bei den verschiedenen Arbeiten.

Mai in der Versuchsgruppe; die Liegeboxen sind noch vor dem Einstreuen:




















Die Braunviecher im Jungviehbereich entwickeln sich ordentlich, von der Kondition her haben sie bisschen mehr als die Holsteins, wenn man es mal im Vergleich nebeneinander sieht. Und sie sind auch zutraulicher, was wahrscheinlich am Herkunftsbetrieb liegen mag:





















Neben Sortieren von Jungvieh fand auch die zweiwöchentliche Beurteilung der Kondition statt. Auch wenn die Daten nicht für alle Versuche benötigt werden läuft das immer routinemäßig mit, genau wie die wöchentliche Milchleistungsprüfung. Die Kühe werden im BCS (Body Condition Score) eingestuft und mit Ultraschall die Rückenfettdicke gemessen.
Dafür werden alle Kühe in den Fressgittern eingefangen; im auf dem Foto zu sehenden Bereich der Trockensteher und melkenden Kühe, in den Abkalbeboxen auf der einen Seite vom Melkstand (siehe Post 24.12.2017) und dem Selektionsbereich auf der anderen Seite vom Melkstand (siehe Post vom 31.01.2017). Die Versuchskühe haben ja keine Fressgitter sondern die Wiegetröge, dafür wurden dann in einer zweiten Runde die anderen Kühe in den Vorwartehof gekehrt und deren Fressgitter genommen. Parallel dazu, wenn die Kühe schon mal weg waren bzw. eingefangen wurden dann gleich die Liegeboxen nachgestreut.

Im Versuchsbereich wurde gerade über dem Fressgang die Kuhdusche montiert (vgl. Post vom 21.05.2019), auf der anderen Seite war sie schon im Betrieb. Das nimmt man kaum wahr, außer wenn einem mal der feine Sprühregen ins Gesicht weht. Die Düsen laufen alle 10 Sekunden für 4 Sekunden. Das Wasser wird sehr fein zerstäubt, sodass man es nur noch im Gegenlicht sieht. Die Kühe werden auch nicht nass, das Fell ist nur ganz leicht feucht, weil die Tröpfchen rasch wieder verdampfen. Wasserverbrauch usw. muss ich mal in Erfahrung bringen:

Benjamin




Samstag, 13. Juli 2019

Nach Septfontaines - Teil 3

Noch einige Fotos aus Luxemburg.

Schon letztes Jahr hatten wir darüber diskutiert und waren uns nicht einig geworden wo den der ganze Auflagenwahnsinn größer ist - in Deutschland oder in Luxemburg. Zumindest in einem Fall ging der Punkt eindeutig an Luxemburg: In der Maschinenhalle sind Bigbags aufgereiht für die vorschriftsmäßige Sortierung des Mülls. Früher wäre das auch einfach im Feld verbrannt worden; an die Zeiten kann ich mich auch noch erinnern.





















Die Ohrmarken in Luxemburg sind orange und nicht gelb wie gefühlt überall sonst auf der Welt (sofern es welche gibt), das schaut total ungewohnt aus, vor allem weil es sofort auffällt. Seit gut einem Jahr ist in eine Ohrmarke pro Kuh ein Transponder integriert, nicht für die betriebliche Tiererkennung (vgl. Post vom 07.05.2015) sondern zur elektronischen Identifikation staatlicherseits. Für die Tiererkennung kann man die wahrscheinlich aber auch nehmen, sind ja die ganz normalen Allflex-Transponder. Wie ich eine Ersatzohrmarke wegen diesen integrierten Transponders fotografiert habe war das zufällig eine für eine in Deutschland geborene Kuh die mal zugekauft worden war. Auf dem Foto ist es zwar unkenntlich gemacht sonst würde man den Unterschied sehen: In Deutschland haben Kühe zehnstellige Ohrmarkennummern - fünf kleine Ziffern oben und fünf große Ziffern unten, in Luxemburg nur neun Stellen - fünf kleine Ziffern oben und vier große Ziffern unten. Eine deutsche Kuh mit luxemburger Ohrmarke hat oben sechs kleine Ziffern und unten vier große Ziffern. Über Ohrmarken muss ich mal einen extra Post machen... Hier geht es mir jetzt aber nur um den integriertern Transponder im vorderen Teil der Ohrmarke; die Verdickung oben:




















Ein Foto von Bella, dem Hofhund, ein typisch aufgeweckter Border Collie, auch wenn ihr Arbeitseifer mit zunehmdem Alter etwas nachgelassen hätte. Steht man neben einem der Traktoren (Deutz-Fahr Agrotron TTV 1160) sitzt sie schon parat zum Aufsteigen, weil sie als immer mitfahren würde. Der Gitterdraht an den Trittstufen ist ein Sicherheitsmaßnahme nachdem sie mal als halbwüchsiger Hund darin stecken blieb und sich den Fuß gebrochen hatte:




















Schön war auch die ersten Veränderungen zu sehen, die Jeff nach seinem Praktikum bei uns bisher umgesetzt hat: Die Tränkemenge der Kälber wurde schon mal von 6 auf 8 l täglich gesteigert und die Kälber bekommen jetzt eine Kälber-Trocken-TMR als Festfutter, die sie sehr gut annehmen. Außerdem wurde dieses Jahr erstmals darauf verzichtet die noch nicht tragenden Färsen mit auf die Weiden zu bringen, weil sie dadurch immer einen so starken Wachstumsknick erlitten hatten.

Ein richtig toller Ausflug; in herzlicher Atmosphäre, mit regem Austausch und gutem Mittagessen.

Benjamin

Dienstag, 9. Juli 2019

Nach Septfontaines - Teil 2

Am Tag vor dem Beginn der Getreideernte war es die Ruhe vor dem Sturm und genügend Zeit für eine ausführliche Betriebsbesichtigung.
Der Kuhstall ist ein Dreireiher mit Vollspaltenboden und Hochboxen, die mit Häckselstroh eingestreut sind. Für Hochboxen sind die Kühe wirklich sauber und haben schöne Gelenke. 
Gefüttert wird eine partielle Mischration (PMR, "aufgewertet Grundration) - halb Gras, halb Mais - und dazu an einer Transponderstation bis zu 5 kg Kraftfutter für die hochleistenden Kühe. Die Kraftfuttermenge wird nach der monatlichen Milchkontrolle entsprechend festgelegt. Bei der Herdengröße ist es von der Arbeit und Stallaufteilung zu umständlich die Kühe in Leistungsgruppen einzuteilen.
Gemolken wird in einem 13er-Fischgrätenmelkstand von DeLaval. 13 Plätze daher weil es ein Doppel-Sechser ist, der auf der Seite ohne Ausgang noch einen siebten Platz hat.
Wie auch in der Eifel ein höherer Anteil an Rotbunten in der Herde, ungefähr ein Viertel:





















Gegenüber den Kühen ist ein Tiefstreustall für Jungvieh, im Winter die Trockensteher und momentan auch die letzten Mastbullen. Die Stufen sind recht hoch, sodass nur alle drei Monate ausgemistet werden muss. Auch die kleineren Kälber schaffen das problemlos. Auf dem Foto ist die jüngste Gruppe ab ca. 4 Monaten. Für den Winter gibt es eine Abdeckplane für ein besseres Mikroklima, die man hier nur schlecht sieht, da hochgeklappt und transparent:





















Die älteren Färsen sind im Jungviehstall, der ursprünglich in Kooperation mit dem Nachbarbetrieb geführt wurde. Dreiviertel mit Vollspalten und zwei Reihen Liegeboxen, ein Viertel als Zweiraumstall mit Spaltenboden im Fressbereich und Tiefstreu im Liegebereich; dort werden die Jungrinder an die Spalten gewöhnt. Darüber ist ein Podest, auf dem Stroh gelagert wird und wovon aus auch der Liegebereich per Hand eingestreut wird. Eine Bauweise die auch in Süddeutschland recht verbreitet ist.
Einen Güllebehälter gibt es auf dem gesamten Hof nicht. Der Lagerraum unter Kuh- und Jungviehstall reicht für die geforderte Lagerdauer aus. Wobei hier im Jungviehstall hauptsächlich Gärrest drunter ist, weil die Gülle aus dem Kuhstall zunächst in eine Biogasanlage geht:




















Eine Besonderheit bzw. sehr interessante Verfahrensweise ist die Abkalbekoppel. Während der Weidesaison sind die Trockensteher kurz vor der Abkalbung auf einer Koppel hinter der Futterhalle, wo sie auch mit der Transit-Ration gefüttert werden. Dort haben sie genügend Platz und vor allem liegt das an der Zufahrt zum Hof und ist damit besser im Blick als alle anderen Bereiche:






















Fortsetzung folgt!

Benjamin

Freitag, 5. Juli 2019

Nach Septfontaines - Teil 1

Eines der wichtigen Ereignisse für mich in diesem Jahr: Am Dienstag war ich in Luxemburg bei Jeff zu Besuch. In Septfontaines in der Nähe zur belgischen Grenze. Auf Luxemburgisch heißt der Ort Simmer, auf Deutsch Simmern. Die französische Variante leitet sich von den Sieweburen ab, sieben Quellen die am Burgberg oberhalb des Dorfes entspringen.
Von meiner alten Heimat aus gut 230 km entfernt, auch für brandenburger Verhältnisse zwar nicht gerade um die Ecke, aber für einen normalen Tagesausflug genau passend. Durch Rheinland-Pfalz, durch das Saarland, in Schengen ganz symbolisch über die Moselbrücke und fast noch mal durch ganz Luxemburg.

Das Dorf liegt mit einigen Wiesen im Tal, die Ackerflächen gut 90 m höher. Die innere Verkehrslage ist damit nicht so ideal. Zudem ist die Gegend, wie der Wasserreichtum mit den sieben Quellen vermuten lässt geologisch bedingt das Haupt-Trinkwassergewinnungsgebiet des Landes Luxemburg. 85 % der Betriebsflächen liegen daher im Trinkwasserschutzgebiet mit den einhergehenden Einschränkungen bei Düngung und Pflanzenschutz. So wird der Mais zweimal im Frühjahr gehackt und die Herbizidbehandlung beschränkt sich auf einen Durchgang mit der Bandspritze.

Der ursprüngliche Hof befindet sich mitten im Dorf. Dort stehen die Maschinen und einige momentan leerstehende Ställe. Neben dem ursprünglichen Kuhstall auch zwei Bullenmastställe. 2018 war auch in Luxemburg ein sehr trockenes Jahr und wo eigentlich immer Futter verkauft werden konnte musste welches zugekauft werden. Deshalb läuft die Bullenmast eigener Holsteinbullen und zugekaufter Fleischrindabsetzer auch wegen der hohen Absetzerpreise in den letzten Monaten aus.  Die letzten Limousinbullen wurden dann mit in den Kuhstall umgestallt um nicht an zwei Standorten füttern zu müssen. Im Gegensatz zur Milchviehhaltung lässt sich mit der Mast ja wieder bei sich verändernden Bedingungen schnell und recht unkompliziert anfangen.

Vom Hang herab an einer Stelle an der ein Sturm vor einigen Jahren eine Sichachse in den Wald schlug ein Blick auf den anderen Standort, rund 500 m entfernt außerhalb des Dorfes. Ein Luftfoto ohne in der Luft zu sein.
Rechts der Kuhstall mit dem angeschleppten Jungviehbereich und davor einem Teil der Fahrsilos. Links die Futterhalle mit der "Abkalbekoppel" davor, dahinter die zwei letztes Jahr gebauten Fahrsilos. Dahinter wiederum der Jungviehstall, der sich in räumlicher Nähe zu den Gebäuden des Nachbarn befindet mit dem der Stall ursprünglich in Kooperation betrieben wurde.
Für den Stallbau gibt es in Luxemburg optische Vorschriften: Die Dachneigung muss mindestens 25 ° betragen, die Dacheindeckung in dunklem Grau und die Fassaden zu 2/3 mit Holz verkleidet. Auch wenn ich auf weißen Dächern zur Lichtreflektion bestehe in die Landschaft fügen sich die Ställe doch schon gut ein:




















Das offizielle Besuchsfoto:




















Fortsetzung folgt!

Benjamin