Samstag, 30. Dezember 2023

Neumühle 2023/2 - Teil 1

Heute früh war ich auf meinem Stammbetrieb LVAV  Hofgut Neumühle zum Jahresendbesuch. Braunies Familie besuchen, die Neuerungen begutachten und fachsimpeln. Dort sind sie ja absolute Profis beim BCS, das sie nicht nur zum Fütterungscontrolling machen sondern regelmäßig über alle Kühe. Und dabei kemnen sie die individuellen Eigenheiten der Kühe, wie die Erstlaktierende die mit 40 kg Leistung bei BCS 2,0 immer schlecht aussieht. So haben wir auf dem Futtertisch gestanden und spaßeshalber ganz unsachlich von vorne die fressenden Kühe eingestuft. Was ohne Anspruch auf sinnvoll nutzbare Ergebnisse doch erstaunlich gut funktioniert.

Eine Überraschung gabs für mich mit dem Abschluss des Milchkontrolljahrs 2022/23. Zur Leistungsentwicklung wie ich sie so in Erinnerung habe: 2005 gab es mal 10.000 kg, 2007 (also 2008 zu meiner Praktikumszeit) 9.300, 2010 zu Zeiten meiner Bachelorarbeit fiel es wegen dem Q-Fieber auf 8.500 und stieg in den 2010ern wieder deutlich an. 2016 waren es rund 11.500 kg, wo die Kennzahlen der Jahresauswertung jahrelang vor dem Melkstand aushingen.

Jetzt sind es glatt 12.500 kg mit 3,83 % Fett und 3,45 % Eiweiß, macht 910 FEK. Bei der letzten Milchkontrolle war es ein Melkdurchschnitt von 40,8 kg mit 3,91 % Fett und 3,65 % Eiweiß. Die Zellzahl war durchschnittlich bei 128.000 und was wichtiger für die Eutergesundheit ist bei 77 % der Kühe unter 100.000.

Im HERDEplus nachgeschaut war der gleitende 12-Monats-Schnitt im März sogar bei 920 FEK gewesen. Damit sind sie jetzt die Versuchsanstalt mit der höchsten Milchleistung, noch vor Iden. Bei der Lebensleistung aber nicht ganz mit 43.054 kg, 3,7 Laktationen und 44,6 Monate Nutzungsdauer. Das sind dann 20,1 kg Lebenstagsleistung, 30,8 kg Futtertagsleistung und 35,9 kg Melktagsleistung.
Im lebenden Bestand sind es 28,8 Monate Lebensleistung und 25.806 kg. Das sind nur so 60 % der Werte von den abgegangen Kühen was heißt dass überwiegend ältere Kühe abgehen und nur wenige in den ersten beiden Laktation.

Foto von der Empore oberhalb des Melkstands, dass es mit der LED-Beleuchtung jetzt weißes LIcht ist und nicht mehr orange wie bei den Natriumdampflampen. Rechts die traditionelle Dekoration mit Weihnachtsbaum:



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fortsetzung folgt!

Benjamin
 

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Donnerstag, 21. Dezember 2023

Keine Steuererhöhung!

Im Kuhblog bin ich ja sehr unpolitisch unterwegs, aber nun zum dritten Mal mache ich es trotzdem.

Und zwar wegen den Plänen der deutschen Bundesregierung die Agrardieselrückvergütung abzuschaffen und die Kfz-Steuer auf land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge auszudehnen.

Die Agrardieselrückvergütung dient dazu die Wettbewerbsverzerrungen für die Landwirtschaft durch die hohe Energiesteuer auf Diesel zu verringern. Die 44 ct/l Energiesteuer müssen beim Kauf voll mit bezahlt werden und davon können zum Beginn des nächsten Jahres auf Antrag 21 ct/l zurückerstattet.

Für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge muss keine Kfz-Steuer bezahlt werden, da sie nur selten auf öffentlichen Straßen fahren. 

Die Rückvergütung soll jetzt abgeschafft und die Kfz-Steuer ausgedehnt werden um Geld für die Löcher im Bundeshaushalt zu bekommen.

Wie viele andere habe ich kein Verständnis dafür, dass gerade die Landwirtschaft für die Verschwendungssucht unserer Politiker aufkommen soll.

Petition beim Bundestag 

Benjamin 


1455

Dienstag, 12. Dezember 2023

Vermeintliche Konkurrenz

In den letzten Wochen ging eine Meldung rum, dass Naturland den Kraftfuttereinsatz in der Milchkuhfütterung seiner Mitgliedsbetriebe halbieren will (-> Link).

Nach der ersten Verwunderung über die dünne Argumentation und bewusste Falschinformationen dabei dachte ich, das könnt was für die Fütterungsserie im Kuhblog (hier zur Übersicht) sein.

Es geht darum weniger Futtermittel zu verfüttern die in Konkurrenz zur menschlichen Ernährung stehen. Diese Argumentation hat aber erhebliche Lücken:
- ökologische Landwirtschaft ist aufgrund ihrer massiven Mindererträge selbst die größte Konkurrenz
- Stilllegungen und Extensivierungen ebenso
- Verwertungsmöglichkeit minderwertiger Getreidepartien durch Tiere
- Fruchtfolgeeffekte durch den Anbau von Futterpflanzen
- Veredlung in tierische Produkte mit höherer Wertigkeit, z.B. Gluten in Casein
- und im Kapitalismus zählt die Wirtschaftlichkeit
 
In der EU-Öko-Verordnung ist der Kraftfuttereinsatz auf 40 % beschränkt. Das wusste ich gar nicht, denn sieser ganze Zertifizierungs-Kram betrifft mich nicht.
Bei dieser ganzen Rechnung wird in Trockenmasse gerechnet. 40 % Kraftfutter in der Frischmasse würde der Pansen und damt dem Rind drumrum in den meisten Fällen (Ausnahme Trocken-TMR) auch gar nicht überleben.
 
Zu Grund- und Kraftfutter siehe hier.
Das Grundfutter-Kraftfutter-Verhältnis in Prozent liegt bei der Fütterung im deutschsprachigen Raum meist zwischen 50 : 50 und 70 : 30; als krasse Gegenbeispiele sind Israel bis zu 40 : 60 weil dort in der Halbwüste Grundfutter knapp ist und Vollweidesysteme in Irland oder Neuseeland mit 100 : 00. 
Die 60 : 40 sind also nix Besonderes.

Naturland reduziert das Kraftfutter auf 20 % der Gesamttrockenmasse. Dabei wird aber ein Hintertürchen gelassen, dass Kraftfuttermittel die nicht in Konkurrenz zur menschlichen Ernährung stehen ausgeklammert werden. Das sind die aufgeführten Nebenprodukte wie Biertreber oder Kleie.
 
Zum Vergleich habe ich mal die Hochleistungsration aufgegliedert:
 
Futtermittel             kg TM  %
Maissilage              9,43    41,2     Grundfutter
Anwelksilage          3,30    14,4     Grundfutter
Rapsschrot             2,85    12,4     Nebenprodukt
Getreideschrot       2,20      9,6      Kraftfutter
Sojaschrot              1,76      7,7     Nebenprodukt
Körnermais            1,32      5,8      Kraftfutter
Luzerneheu            0,87      3,8     Grundfutter
Melasseschnitzel    0,46     2,0      Nebenprodukt
Glycerin                  0,30     1,3      Nebenprodukt
Mineralfutter           0,39      1,7     Mineralfutter
Summe                 22,88 100,0      TMR

Wenn ich die Nebenprodukte und das Mineralfutter zum Kraftfutter dazuzähle komme ich auf ein Grundfutter-Kraftfutter-Verhältnis von 59 : 41. Präziser sind das 59,4 : 40,6 und wenn ich das Mineralfutter außenvor lasse 60,5 : 39,5. Damit würde das als Ration der konventionellen, intensiv gefütterten Milchproduktion mit über 10.000 kg/Kuh/a den Anforderungen der Öko-Verordnung in diesem Punkt entsprechen.
In Konkurrenz zur menschlichen Ernährung stünden danach 15,4 %. Also noch viel eindeutiger die Beschränkungen von Naturland eingehalten. Wobei das kein Brotweizen ist sondern Körnermais, Triticale und Futterroggen und wahrscheinlich allesamt nicht besonders backfähig.
 
Insgesamt ist das als PR-Aktion einzustufen bzw. gezielte Desinformation. Dazu zählt auch die Aussage, dass Dreiviertel des Sojas weltweit an Tiere verfüttert werden und dabei ganz verschwiegen wird dass das der Sojaextraktionsschrot ist und das letzte Viertel das Sojaöl als Speiseöl/-fett.

Benjamin

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