Sonntag, 1. Mai 2022

Nach Diera

Diese Woche war ich bei einer Veranstaltung des IVM (Interessenverband Milcherzeuger) und zwar eine Exkurion zur Milchhof Diera KG in Diera bei Meißen in Nordsachsen.

Landschaftlich bei strahlendem Sonnenschein und beginnender Rapsblüte sehr reizvoll, mit dem Weinanbau an der Elbe und auf der gegenüberliegenden Elbseite die Lommatzscher Pflege, ein Ackerbaugebiet mit Lössböden hat es mich schon an meine alte Heimat in Rheinhessen erinnert; aber halt mit Kühen.

Der Milchhof Diera ist recht bekannt (z.B. hier ein Artikel in der Elite); mit einer Jahresleistung von knapp 13.000 kg pro Kuh bzw. 968 Fett-Eiweiß-Kilo der zweitbeste Betrieb in Sachsen. Also ein Name den man kennt.
Entstanden ist der Betrieb nicht als LPG-Nachfolger sondern als Wiedereinrichter durch drei Familien in einer GbR und später von zwei der Familien in eine KG umgewandelt.
Der Betrieb ist über die letzten 30 Jahre schrittweise gewachsen, sodass der Hof deutlich breiter als lang ist mit vier Ställen mit fünf Futtertischen und insgesamt 25 Liegeboxenreihen nebeneinander.

Der neuste Stall von 2021 ist der Reprostall für Trockensteher und Abkalber. Auf der einen Seite des Hauptreibewegs der alle vier Ställe verbindet drei Reihen Liegeboxen für die Trockensteher und auf der anderen Seite zehn Abkalbeboxen.
Jede der Abkalbeboxen ist für sechs Kühe vorgesehen mit Platz für bis zu acht bei Abkalbespitzen. In den ersten beiden Boxen werden die gerade abgekalbten Kühe gesammelt bis sie in die Frischmelkergruppe können oder auch mal eine Kuh die nicht über das Karussell (Lemmer Fullwood 50er Außenmelker mit Inline-Milk-Analyser) gehen kann.

Von der Konzeption her die Umsetzung meiner perfekten Abkalbebox (siehe auch Posts vom 29.03.2021 und 31.03.2021). Von der Traufseite her voll befahrbar zum Ausmisten; zwischen zwei Boxen sind abwechselnd massive Mauern (rechts zu sehen) oder Abtrennungen mit integriertem Fangplatz für Geburtshilfe (links). Im Fressbereich ist durchgehend eine Rohrmelkanlage über dem Fressgitter und unten am Barren eine Sprühleitung um den Laufgang anzufeuchten dass sich kein Schmierfilm bildet. Im Fressgang sind keine Zwischentore sondern Hubschranken, das vereinfacht das Umstellen zwischen den Boxen:
 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Besonderheiten des Betriebs:
- Alle Liegeboxen als Tiefboxen die mit Strohpellets eingestreut werden. Vor dem Einstreuen werden die Pellets eingeweicht, quellen dann auf und zerbröseln. Von der Optik liegt das irgendwo zwischen feinem, sehr trockenem Gärrest, Sonnenblumenschalen und Sand.
- Alle Ställe sind mit Fressgittern ausgerüstet. Das ist bei der Herdengröße schon ungewöhnlich aber aus der Geschichte des Betriebs entstanden, dass immer mit Fressgittern gearbeitet und nie ein Selektionsbereich benötigt/gebaut wurde.
- Im Sommerhalbjahr wird Frischfutter gemäht und einmal am Tag in die Ration eingemischt und nicht sparat gefüttert um den Effekt der TMR nicht zunichte zu machen. Ursprünglich mal aus Futtermangel begonnen ist es heute auch wegen der positiven Effekte auf die Fruchtbarkeit (Art Flushfütterung).
- Ein kleiner Teil der Herde sind Jerseys, die genau wie die Altmelker nur zwei statt dreimal täglich gemolken werden und die Milch wird separat erfasst und unter einer eigenen Lieferantennummer an die Molkerei verkauft.
- Die tragenden Färsen sind auf einen Zweigbetrieb 45 km weit entfernt ausgelagert.
- Eine Milchtankstelle am Melkhaus. Original Dieraer Kuhmilch.
- Als Detail ist mir der intensive Einsatz von Karabinerhaken für verschiedenste Anwendungen aufgefallen wie verbiegesichere Sturmhaken an den Stalltoren und jerseytaugliche Lecksteinhalter.

Ein Foto mit gleich drei der Besonderheiten: Jerseys im Fressgitter und TMR mit eingemischtem Grünfutter:
 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Noch einmal vielen Dank an Hrn. Schlunke für die tolle Führung!
 
Benjamin

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen