Montag, 4. Juni 2018

Nach Görlsdorf - Teil 1

Der bei der Testherdentagung besuchte Betrieb war das Milchgut Görlsdorf. Allein deswegen war mir es die dreistündige Fahrt in den Spreewald wert: Dort steht nämlich das größte Roboterkarussell Europas, ein GEA DairyProQ mit 56 Melkplätzen.
Wie bei uns in Pinnow 2014 mit dem Bau des Melkhauses begonnen sagte ich schon, dass wir zwei Jahre zu früh dran sind, den da liefen vom DairyProQ erst die Prototypen in deutlich kleineren Größenordnungen. Umso ärgerlicher, dass dieser frühzeitige Bau gar nichts gebracht hat, wurde doch gerade erst mit dem ersten der zugehörigen Ställe begonnen.

Jetzt sah ich endlich mal eins in Betrieb. Erste Erkenntnis dabei: Kleiner als gedacht. Mit dem Roboterarm an jedem Platz hatte ich erwartet, dass es deutlich größer baut als ein konventioneller Außenmelker. An der Krümmung der Plattform (vgl. Post vom 01.02.2016) konnte ich keinen großen Unterschied zu unserem Karussell ausmachen. Ungewohnt war aber die Drehrichtung gegen den Uhrzeigersinn. 

Auf dem Foto sieht man hinten rechts am Augang den Kran, der dazu dient die Robotermodule schnell auszutauschen gegen zwei bereitstehende als Reserve; weil wegen der Komplexität der Robotertechnik nicht alles schnell zwischendurch repariert werden kann:



















Das Karussell läuft im 14 Sekunden-Takt, macht einen theoretischen Durchsatz von gut 260 Kühen pro Stunde, effektiv sind es zur Zeit 200. Pro Schicht sind es zwei Personen, eine am Karussell für die Überwachung des Melkprozesses und ggf. manuellem Eingreifen und vor allem Saubermachen - siehe die glänzenden Kabinette auf dem zweiten Foto. Und eine weitere Person im Stall zum Pflegen der Liegeboxen und Saubermachen der Tränken, denn es ist ein automatisches Treibesystem eingebaut, das die Kühe mit Treibegattern alleine aus den Gruppen holt. Das automatische Treiben und Melken sorgt für eine stets gleichbleibende Arbeitsqualität über alle Schichten hinweg und ist vor allem ruhig für die Kühe, sodass die alle extrem entspannt sind. Die Plastiküberzieher über den Schuhen sind da immer ein guter Test dafür und sie waren desinteressiert bis neugierig.

Das Karussell hat zwei komplette Milchleitungen, daran zu erkennen, dass an jedem Platz zwei grüne Silikonschläuche nach unten gehen. Eine Leitung fürs normale Melken und eine zweite für "Abfallmilch", wenn z.B. die Leitfähigkeitsmessung eine Kuh mit Euterentzündung gefunden hat oder auch für Kühe in der 5-Tage-Sperre, wenn die Milch nicht für die Kälber gebraucht wird:



















Am meisten Eindruck hat das Ansetzen gemacht: Wenn die Kühe auf der Plattform standen dauerte es selten mehr als 45 Sekunden und die Zitzenbecher waren angesetzt und das Vormelken begann. Das Ansetzen hätte von Anfang an so gut geklappt, innerhalb von vier Tagen wären alle Kühe vom alten auf das neue Karussell umgestellt gewesen. Neue Kühe müssen nicht vermessen werden bei der ersten Melkung, das klappt auch so. Und es hätte keine einzige Kuh gehen müssen, weil sie nicht robotertauglich war! Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass in Görlsdorf in der Zucht seit Jahrzehnten Wert auf melkerfreundliche Euterformen Wert gelegt wird. Beim Roboterkarussell zahlt sich das jetzt voll aus.

Ich wurde in meiner Meinung bestätigt: Das ist die Zukunft des Melkens!

Fortsetzung folgt!

Benjamin

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