Samstag, 19. Dezember 2020

Online-Seminar - Teil 1

Was ich dieses Jahr besonders vermisse sind die Tagungsveranstaltungen die abgesagt wurden. Wo ich doch gerne "draußen rumziehe" und mir dabei neue Anregungen und Wissen hole um auf der Höhe der Zeit zu bleiben und auch viele Bekannte zu treffen.
Nach einem dreiviertel Jahr merkt man nun wie nach und nach auf Onlineangebote umgeschwenkt wird. 
So auch die RBB, die am Donnerstag ein Online-Seminar zum Thema "Milchrind-Fütterung im Blick" machte. Ursprünglich war die Veranstaltung bei der Bauern-AG Neißetal (siehe auch Post vom 20.05.2017) geplant gewesen, wo ich wahrscheinlich nicht hingefahren wäre bei drei Stunden Fahrzeit einmal quer durch Brandenburg.

Online-Veranstaltungen haben dann doch einige Vorteile: Nicht den ganzen Tag unterwegs sondern einfach eine halbe Stunde früher Feierabend machen, wobei es doch anstrengender ist am späten Nachmittag konzentriert zuzuhören.
Und daheim kann man auch schnell mal (öfters) in die Küche gehen um Verpflegung zu holen.

Der 1. Vortrag war von Hrn. Langehage von der Firma Ahrhoff mit dem Thema "Trockensteherfütterung - richtige Vorberereitung für einen reibungslosen Start in die Laktation".
Ahrhoff liefert auch das Mineralfutter für die Besamungsbullen der RBB.

Zuerst die Fütterung von sauren Salzen in der Transitration. Da waren für mich auch noch mal paar neue Aspekte dabei. Im Studium wurde das eher nur erwähnt und sich auf die klassische Variante mit der calciumreduzierten Fütterung konzentriert wie wir sie auch machen. Dabei kriegen die Kühe vor der Kalbung wenig Calcium um die Regelkreisläufe für die Aufnahme aus dem Darm und die Auslagerung aus den Knochen zu aktivieren wenn nach der Kalbung mit der einsetzenden Milchleistung der Calciumbedarf stark steigt.
Bei hohen Milchleistungen stößt das aber an seine Grenzen weil vor allem von den Futtermitteln her der Mindestcalciumgehalt und der Einfluss der anderen Mineralstoffe vorgegeben ist. Die Variante mit sauren Salzen ist da effizienter. Über den DCAB mit dem Verhältnis von Kationen zu Anionen wird das Blut angesäuert. Es werden größere Mengen der sauren Salze gefüttert die viele Anionen in Form von Chlorid enthalten, dadurch wird das Blut dann sauer und der Körper lagert Calcium (Kationen) aus den Knochen aus um das auszugleichen. Dass die Kühe keine Osteoporose bekommen wird ein normaler oder sogar erhöhter Calciumgehalt gefüttert. 
Dadurch wird nicht nur die Prophylaxe von akutem Milchfieber möglich sondern auch von subklinischem, einem leichteren Calciummangel, den man der Kuh direkt nicht anmerkt aber Einfluss auf andere Körperprozesse hat und die Kuh nicht optimal "rundläuft". Wie z.B. Calciumbefarf der Pansenmuskulatur für die optimale Verdauung.
 
Dann zum Einsatz von pansengeschützten Aminosäuren und pansengeschütztem Fett in der Frühlaktation, wenn die Futteraufnahme dem Bedarf nicht nachkommt und es in der Fütterung immer ein Gegensatz von geügend Eiweiß zu genügend Energie ist. Dann den benötigten Spitzenbedarf am Pansen vorbei, der erstmal alles klein macht, in den Darm zu liefern.

Als Praxisbeispiel davon eine Auswertung aus der Lübbinchener Milch & Mast, einem der größten und leistungsstärksten Betrieben in Brandenburg. Dort war ich auch schon mal gewesen, ist schon lange her - im April 2009 - damals noch in ihrem alten Stall und war der erste Betrieb überhaupt mit (knapp) mehr als 1.000 Kühen den ich gesehen habe.
Das Fütterungscontrolling ist für das Leistungsniveau sehr ausgefeilt, täglich wird bei allen Fütterungsgruppen die Trockenmasseaufnahme bestimmt und die Trockensubstanz im Vergleich zur Rationsberechnung. Bei den Trockenstehern und Transitkühen wird das Futter stündlich mit einem Futterschieberoboter angeschoben.
In der Herdenauswertung des RBB haben die Kühe ab der 3. Laktation in der 2. Milchleistungsprüfung im Durchschnitt über 50 kg Tagesleistung, was zeigt, dass sie sehr gut in die Laktation starten was erst die hohen Leistungen über die ganze Laktation möglich macht.

Der 2. Vortrag war von Dr. Peters vom IFN Schönow, die auch im Herdenmanagerlehrgang Dozentin für Fütterungscontrolling war (siehe auch Post vom 13.02.2018). Thema war "Fütterung & Fruchtbarkeit - Wie hängt das Zusammen."

Die Fruchtbarkeit leidet unter der negativen Energiebilanz nach der Kalbung. Dabei gibt es die metabolische Priorität des Euters und die Fruchtbarkeit wird hintenan gestellt. Biologisch absolut sinnvoll, das aktuelle Kalb ist wichtiger als das nächste. 
Als Ziel wurden angegeben, dass die Kuh innerhalb von 130 Tagen nach der Kalbung wieder tragend ist und zeitnah wieder in den Zyklus kommen. Bei mäßiger negativer Energiebilanz wäre die erste Brunst nach im Schnitt 32 Tagen. Da ist bei mir die Wahrnehmung vielleicht verzerrt, aber gefühlt rammeln unsere Kühe in der Frischabkalbergruppe ständig, sehr viele zwischen 25 und 35 Tagen nach der Kalbung. Müsste man mal den Anteil von allen bestimmen.

Sehr interessant dabei war im Detail der Energiebedarf bzw. Folgen von Energiemangel auf die einzelnen Organe. Wo es wieder mal das Erstaunen war, dass trotzdem noch die Fruchtbarkeit halbwegs funktioniert.
Sowie auf die elementaren Stoffwechselprozesse heruntergebrochen die Energiesituation in den einzelnen Laktationsstadien. Sehr anschaulich und ich habe mal ein Thema für den Kuhblog im nächsten Jahr, da werde ich mich mal einlesen.

Die erneute Trächtigkeit innerhalb von 130 Tagen bezieht sich auf eine amerikanische Studie, bei der rauskam, dass dann die nächste Laktation am besten verläuft. Weil weniger Kühe hintenraus verfetten was immer Probleme macht. Dazu meine Quellenkritik, weil ich mich ja schon intensiver mit verlängerter Laktation beschäftigt habe um die ganze Fruchtbarkeit in die Zeit einer stabilen Stoffwechsellage zu verschieben. Da vermute ich, dass unter den amerikanischen Verhältnissen hohe Energiekonzentrationen über die ganze Laktation gefüttert wurden mit entsprechendem Verfettungsrisiko für Kühe die später tragend wurden sowie genetisch bedingt schlechter Persistenz der Milchleistung. Das Problem haben wir bei uns ja auch durch den starken amerikanischen Einfluss in der Zucht mit deren Ausrichtung auf die Spitzenleistung.

Fortsetzung folgt!

Benjamin

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