Mittwoch, 16. Juni 2021

Kolostrumversorgung

Letztens haben wir eine Überprüfung der Kolostrumversorgung der Kälber gemacht. Das hat unser Tierarzt mitgebracht,; es war eine Werbeaktion eines Arzneimittelherstellers, die auch einen Mutterschutzimpfstoff im Angebot haben den wir neben einem anderen verwenden. Namen nenne ich hier keine, aber manch einer der Kuhblogleser wird es aus dem Kontext herauslesen wer das war. Denen ging es vor allem darum Daten aus der Praxis zu bekommen, welchen Einfluss die Mutterschutzimpfung (siehe auch Post vom 14.12.2019) auf die Kolostrumversorgung der Kälber hat.

Zur Bedeutung von Kolostrum und Immunglobulinen: Rinder haben eine evolutionär recht alte "Bauform" der Plazenta. So können zwar die ganzen Nährstoffe vom Blutkreislauf der Kuh in den des Kalbs wechseln, aber keine Antikörper des Immunsystems. Kälber haben daher kein angeborenes Immunsystem und müssen nach der Geburt eigentlich mit dem erworbenen bei Null anfangen. Die Natur hat dafür jedoch den Trick mit dem Kolostrum: Als erste Milch nach der Kalbung hat die Kuh vorher so drei Wochen Zeit Antikörper darin einzulagern. Das geht soweit, dass teilweise mehr als 10 % des Kolostrums aus Antikörpern besteht und die Kühe generell nach der Kalbung eine Immunsupression, ein geschwächtes Immunsystem haben weil sie so viele Antikörper hergegeben haben.

Das Kalb bekommt mit dem Kolostrum quasi eine Schluckimpfung. Der größte Anteil der Antikörper ist das Immunglobulin G, ein Makromolekül aus zig tausenden Atomen. Dass das Kalb das auch aufnehmen kann ist die Darmwand nach der Geburt besonders durchlässig. Um keine Krankheitserreger eindringen zu lassen reduziert sich die Durchlässigkeit aber sehr schnell, nach 24 h ist sie schon stark eingeschränkt und nach 48 h nicht mehr vorhanden. Daher ist die erste Mahlzeit auch die Allerwichtigste im gesamten Leben. Wie viel Liter innerhalb wie viel Stunden habe ich mir irgendwann nicht mehr gemerkt sondern: So viel so schnell wie möglich!
Die besten Erfahrungen habe ich gemacht wenn die Kälber zwischen 30 und 45 Minuten alt sind. Bis dahin ist die Atmung stabil und sie liegen in Brustlage und saugen gut. Danach fangen sie dann meistens an mit Aufstehversuchen und haben keine Geduld mehr beim Saufen.

Die Mutterschutzimpfung bewirkt wie jede Impfung eine verstärkte Bildung von Antikörpern, in diesem Fall gegen die wichtigsten Durchfallerreger Rotaviren, Coronaviren und Colibakterien. Also eine verbesserte Schluckimpfung für die Kälber.

Es wurden Blutproben von fünf Kälbern genommen und ins Labor der Ludwig-Maximilians-Universität in München geschickt. Dort wurde das Blutserum abgetrennt und darin der Gehalt an Immunglobulin G gemessen. Damit kann man eine Aussage treffen, wie gut die Kolostrumversorgung war und wie viele Antikörper zum Schluss im Kalb angekommen sind.

Es waren fünf Kälber 24 bis 72 h nach dem ersten Kolostrum und ich habe sie schon für mich rangiert, wer wie viel und wie schnell gesoffen hatte und meine Prognosen wer wahrscheinlich die beste Versorgung hat. Favorit war Kalb Nr. 2 gewesen, Nr. 4 eher so im Mittelmaß. Das Ergebnis hat mich schon überrascht, aber absolut im positiven Sinne. Ich sehe in der ganzen Kolostrumversorgung noch so viel Verbesserungspotenzial, aber es war tatsächlich keines unterversorgt:


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Benjamin

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen