Montag, 18. November 2019

Labmagenverlagerung - Teil 3

Nun zur Operation von Labmagenverlagerung wo es die verschiedensten Varianten gibt, mit Öffnung der Bauchhöhle oder minimalinvasiv unter anderem auch mit Endoskopen.

Am meisten Erfahrung habe ich mit der minimalinvasiven Methode mit Toggeln, die ich auch als meine "bevorzugte" Methode ansehe, da recht schnell geht und wenige Komplikationen verursacht.

Meine erste Labmagenoperation die ich mit gemacht habe war ein solches Toggeln, im Mai 2008 in der Abkalbebuchte des damaligen Neumühler Kuhstalls. Die Kuh wurde sediert und wie sie sich abgelegt hatte für die Operation auf den Rücken gedreht:




 
















Seitdem habe ich immer ohne Sedierung gearbeitet. Die Kuh wird aufgehalftert und an das Gatter festgebunden, dann werden die Fußfesseln angelegt. Die üblichen Fußfesseln gegen Ausgrätschen, jeweils eine für die Vorder- und Hinterbeine mit einem Strick daran zum Ziehen. Außerdem das Seil zum Niederschnüren. Ein Ende wird am Halsband befestigt, einmal um dem Brustkorb hinter den Ellbogen und einmal um den Bauch vor dem Euter mit je einem Halbschlag, sodass das Ende vom Seil neben dem Schwanz liegt. Auf der Kuh muss das Seil links von der Wirbelsäule verlaufen. Ursrünglich verwendeten wir dafür ein Familienerbstück meines ehemaligen Kollegen Berthold, das ursprünglich das Seil zum Festbinden des Baums auf der Ladung des Leiterwagens war. Wie man das genau nennt weiß ich nicht, aber es war von einer Qulität die es heute nicht mehr gibt und trotzdem haben wir es irgendwann doch zerrissen und danach drei normale Halfterstricke aneinandergeknotet. Wenn alle Stricke angelegt sind werden die Eutervenen mit rotem Fettstift markiert, da man diese bei der auf dem Rücken liegenden Kuh nicht besonders gut sieht und ein Treffer mit dem Trokar äußerst ungünstig wäre.
Wenn alles fertig vorbereitet ist wird die Kuh noch einmal abgehorcht, ob der Labmagen noch verlagert ist. Es kommt teilweise vor, dass der alleine wieder in seine richtige Position gerutscht ist.

Vor der eigentlichen Operation muss die Kuh niedergeschnürt werden. Das ist eine aufwändigere und stressige Prozedur, sodass ich von der Lehrbuchmeinung kalbende Kühe zur Geburtshilfe niederzuschnüren gar nichts halte. Gefährlich ist es bisweilen auch; so habe ich mal eine Fuß unter die fallende Kuh bekommen und musste ins Krankenhaus.
Eine Person zieht hinten am Seil zum Niederschnüren, dieses zieht sich zusammen und drückt der Kuh die Luft ab, wenn sie dann "in die Knie" geht werden mit den Stricken an den Fußfesseln die Füße nach links weggezogen und die Kuh nach rechts umgestoßen, dass sie auf der rechten Seite zu liegen kommt. Die Richtung ist ganz wichtig, denn damit wird die Kuh um den gasgefüllten "Ballon" Labmagen herum in die richtige Position gedreht.
Dann springt eine Person auf den Kopf der Kuh um sie herunterzudrücken und eine andere fährt mit dem bereitstehden Hoflader heran um daran die Hinterfüße anzubinden und in die Höhe zu ziehen. Die Kuh wird in der Höhe der Hinterbeine und der Lage auf der Schulter ausgerichtet.

Der Tierarzt sucht mit dem Stethoskop und dem Hammer zum Klopfen das Echo des gasgefüllten Labmagens, ob dieser zur richtigen Position gewandert ist an der er fixiert werden soll:





 














Die Stellen für die Einstiche werden rasiert und mit Jodlösung desinifziert. Mit dem Skalpell wird die Haut angeschnitten wo mit dem Trokar eingestochen wird. Die Einstiche gehen durch die Bauchdecke und die Wand des Labmagens:



 















Nach dem Einstechen des Trokars wird der Stift im Inneren heraugezogen und durch die Hülse der eigentliche Toggel eingefädelt. Das ist ein ca. 30 mm langes und 3 mm dickes Edelstahlstück mit einem 30 cm langen Faden in der Mitte, das als Knebel vor dem Loch in der Labmagenwand liegt. Die Fäden müssen unbedingt festgehalten werden, es kam schon vor, dass ein dritter Toggel benötigt wurde weil einer ganz in der Kuh verschwand... Zunächst wird auf dem Bauch herumgedrückt, um das Gas das sich im Labmagen gesammelt hat ausströmen zu lassen, was man deutlich hört und riecht:


 
















Die beiden Fäden werden mit einer Binde als Druckverband festgezurrt und verknotet. Über die Toggel ist der Labmagen an der Bauchwand fixiert und wächst dort an. Auf die Wunden kommt noch Blauspray gegen Infektionen. Nach zwei Wochen ist der Labmagen soweit angewachsen und die Binde kann abgeschnitten werden:





 













Die Kuh wird dann nach rechts weitergedreht und alle Fesseln entfernt, dass sie aufstehen kann. Damit hat sie eine 360-Grad-Drehung vollzogen, wobei der Labmagen in seine normale Position gelangt ist, das Gas abgelassen und fixiert wurde.
Beim Wälzen ist der Ablauf des Niederschnürens, Zurechtdrehens und wieder Austehen der gleiche ohne dass die Toggel gesetzt werden. Dann besteht aber eine größere Gefahr, dass sich der Labmagen wieder verlagert.

Fortsetzung folgt!

Benjamin

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