Freitag, 26. Juli 2019

Ohrmarken

Nun kommt der schon angekündigte Post über die Ohrmarken.

Präziser gesagt sind es die Lebendohrmarken (LOM), da es auch andere Ohrmarken gibt (allgemeine Markierung, Transponderohrmarken usw.). Von den Lebendohrmarken hat in der EU jedes Rind sein Leben lang zwei zu haben - in jedem Ohr eine - zur eindeutigen Idetifizierung, quasi wie ein Personalausweis. Daneben hat jedes Rinder aber auch noch seinen Rinderpass, der im Büro aufbewahrt wird und bei jedem Verkauf mitgeht.

Im Kuhblog mache ich immer alle Ohrmarken unkenntlich, die Kuhblogleser wissen zwar zu wem die Kühe gehören, aber halt heutzutage mit den Geheimdiensten und ihren automatischen Bilderkennungen will man lieber nicht wissen wo sonst welche Information zum Schluss landet.

Daher als Beispiel eine Ohrmarke einer Kuh die schon lange nicht mehr lebt und klar sein dürfte woher sie stammte. Es war Nr. 1253 aus der Zeit wo die Kühe noch keine Namen von mir bekamen. Sie war eine frühe Laudan-Enkelin, also eine Nichte von Nr. 2054 Laura.
Da Rinder zwei Ohrmarken brauchen und mal eine abfällt oder (seltener) ausreißt muss die beim Landeskontrollverband als mit der Tierkennzeichnung beauftragte Organisation als Ersatzohrmarke nachbestellt werden. Und von diesen Ersatzohrmarken hatte ich einen ganzen Haufen geerbt, wo es die Kühe dazu nicht mehr gab oder doppelt bestellt worden waren. Die lagerte ich paar Jahre in meinem Schreibtisch und verarbeitete sie dann zu Schlüsselanhängern. Mein Vater hatte mal von meinem Bruder eine hessische Ohrmarke bekommen was ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen konnte und meine Familie und Bekanntenkreis mit brandenburger Ohrmarken als Schlüsselanhänger ausstattete. Auf der Rückseite ist der Name draufgeschrieben. Dafür habe ich die weiblichen Ohrmarken genommen, die männlichen für USB-Sticks, den Schlüssel vom Kälberauto usw.


























Auf beiden Ohrmarken auf den Vorder- wie Rückteilen steht das gleiche drauf, auf dem Vorderteil in größerer Schrift. Die Innenseiten, die zum Ohr hin zeigen sind leer, da nicht leicht abzulesen. Auf einem der Vorderteile und bei den Ersatzohrmarken generell ist ein Strichcode. Praktisch hat der keine Bedeutung, da das Rind zum Ablesen still halten müsste und meistens doch zu schmutzig. Der Strichcodeleser von meinem Handy zumindest konnte den Schlüsselanhänger nicht lesen. Einzige Anwendung könnte ich mir im Schlachthof vorstellen, um an den abgeschnittenen Ohrmarken die Rinder fehlerfrei aus der HIT-Datenbank abzumelden.
Auf der anderen Ohrmarke fehlt der Strichcode und die untere Ziffernreihe ist ein Stück nach oben verschoben oder bis an die oberen Zahlenreihe sodass unten dann ein Freiraum bleibt, auf den z.B. Stallnummer oder Geburtsdatum geschrieben werden können (Ohrmarke mit Beschriftungsfeld).

Ganz oben ist das Logo der vom jeweiligen Bundesland mit der Tierkennzeichnung beauftragten Organisation, bei uns der Landeskontrollverband Berlin-Brandenburg e.V. 

Dann kommt DE für Deutschland und zwei Ziffern für das Bundesland.
Die Vergabe der Codes ist aus historischen Gründen etwas ungewöhnlich.
Zuerst Westdeutschland in den Grenzen von 1949 von Nord nach Süd:
01 Schleswig-Holstein
02 Hamburg
03 Niedersachsen
04 Bremen
05 Nordrhein-Westfalen
06 Hessen
07 Rheinland-Pfalz
08 Baden-Württemberg
09 Bayern
mit der "kleinen Wiedervereinigung" 1957
10 Saarland
und 1990 die Neuen Bundeländer in alphabetischer Reihenfolge
11 Berlin
12 Brandenburg
13 Mecklenburg-Vorpommern
14 Sachsen
15 Sachsen-Anhalt
16 Thüringen

So kann man z.B. anhand der Ohrmarken-Nummern der Besamungsbullen nachvollziehen in welchem Zuchtgebiet die geboren wurden.

Dann folgen noch mal drei Ziffern und unten groß fünf Ziffern.
Die letzten fünf Ziffern (hier 51430) werden 5-Steller genannt und sind das was wir im Alltag als Ohrmarkennummer bezeichen und damit in Herde, Herde mobil oder auf Listen arbeiten. 
Die beiden ersten Ziffern der unteren Zeile (hier 51) nennt man umgangssprachlich Serie, weil die Ohrmarken immer in Serien zu tausend Stück produziert werden (also hier von 51001 bis 52000); Rinder mit der gleichen "Seriennummer" stammen aus dem gleichen Jahrgang, wenn auch oft auf zwei Kalenderjahre verteilt.
Die zehn Ziffern (hier 1270451430) werden 10-Steller genannt und unter anderem in der HIT-Datenbank verwendet, weil es schon ab und zu Tiere mit gleichem 5-Steller gibt.
Bei der zwölfstelligen Variante ist das Länderkürzel dabei; sie wird z.B. bei den Urkunden des LKVs verwendet. Hier wäre das DE1270451430.
In Herde und Herde Mobil ist in den Tierkarteien die vollständige Variante eingetragen; der 14-Steller hat zwei zwischengestellte Nullen für Rinder zur Unterscheidung von Ziegen und Schafen. Schafe haben da 01. Hier wäre das DE001270451430.
Und dann gibt es zur elektronischen Datenverarbeitung eine fünfzehnstellige Variante nach ISO-3166-1, die meist nur im Hintergrund läuft, bei der das DE durch den Kode "276" für Deutschland ersetzt ist. Hier wäre das 276001270451430.


Ohrmarken bestehen aus einem Vorder- und Hinterteil. Wegen des Verschlussmechanismus werden die größeren Vorderteie weiblich genannt und die kleineren Hinterteile männlich. Das ist genauso bei den Transponderohrmakren oder den Stanzen für KuhVision (siehe auch Post vom 04.10.2016). In eine der beiden Ohrmarken ist die Stanze für die Gewebeprobe auf BVD (Bovine Virusdiarrhoe) integriert. Beim Durchstechen des Ohres wird eine kleine Gewebeprobe ausgestanzt und mit der grünen "Knete" im Verschluss versiegelt. Die Ohrstanze wird von der Ohrmarkenzange aus der eigentlichen Ohrmarke herausgezogen, es kommt eine Plastikkappe drauf und wird zur Untersuchung ins Labor geschickt (bei uns das Landeslabor in Frankfurt). Bei den KuhVisons-Stanzen funktioniert es genauso, bloß ist da noch eine Konservierungsflüssigkeit in der Plastikkappe:





















Die Ohrmarken in die Ohrmarkenzangen eingespannt. Links die rote Zange hat einen Dorn, auf den die männliche Ohrmarke gesteckt wird und so durch das Ohr gestochen werden kann. Rechts die gelbe Zange ist für die Ohrmarke mit der Stanze, die selber als Dorn funktioniert. Unter der Feder sieht man das Endstück des Wechseldorns, den man statts der Stanze einklinken und dann auch normale Ohrmarken einziehen kann. Bei unsrer Anzahl an Kälbern die markiert werden müssen haben wir aber zwei separate Zangen. Die Ohrstanze ist auch nicht so zuverlässig wie der Dorn, ab und zu verrutscht die schon beim Zudrücken und verschliesst sich dann nicht mehr. Daher ziehe ich die Ohrmarke mit der Stanze prinzipiell als erste ein, denn die geht statistisch häufiger schief und dann muss man nicht erst die andere Ohrmarke rausschneiden bevor man ein neues Ohrmarkenpaar nimmt:


























Zur Positionierung der Ohrmarke. Da habe ich leider nur ein einziges Foto davon, wo es um die Transponderohrmarken ging. Das Einziehen der Ohrmarken lässt sich alleine schwer Fotografieren: Die linke Hand hält das Ohr, die rechte die Ohrmarkenzange und halt keine die Kamera. 
Das ist meine Herangehensweise, wie ich sie auch in der Ausbildung unterweise, manche Leute machen es auch genau umgekehrt. Für Rechtshänder: Mit der linken Hand greife ich das Ohr und drehe es nach unten, sodass die Rückseite nach oben zeigt, dann ziele ich mit der männlichen Ohrmarke (ist das Hinterteil!) zwischen die beiden Knorpelstränge im Ohr und drücke die Ohrmarke rein, öffne die Zange wieder und ziehe die zurück, dass auch die weibliche Ohrmarke aus der Klemme rutscht. Zwischen die Knorpelstränge, weil da die Gefahr, dass die Ohrmarke irgendwann mal ausreißt am niedrigsten ist.
Auf dem Foto sind die Knorpelstränge braun markiert, der rote Kreis ist die gewünschte Position für die Lebendohrmarke, der blaue für die Transponder-Ohrmarke (linkes Ohr) bzw. die KuhVisions-Stanze (rechtes Ohr). 
Beim Beispielfoto war die Lebendohrmarke etwa ungünstig getroffen, was aber ab und zu vorkommt bei den kleinen und oft noch klitschigen Kälberohren und man es erst richtig sieht wenn das Ohr ausgewachsen ist. Habe jetzt mal im Computer nachgeschaut, wer die Ohrmarke eingezogen hatte. Das ist zwar nicht im Herde hinterlegt, aber vom Geburtsort kann man darauf schließen wer es dort am häufigsten macht. Die Kuh ist Nr. 1637 Kitty, übrigens eine Tante von Hype und wurde vor Uwes und meiner Zeit in Pinnow geboren:

Benjamin


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