Mittwoch, 6. September 2023

Neumühle 1/2023

Am vergangenen Sonntag war ich mal wieder auf meinem Stammbetrieb LVAV Hofgut Neumühle.
Als nächstes steht dort die Maisernte an, normalerweise ist das meist Mitte September. Ob dieses Jahr die Maissilage bis zum Durchsilieren der neuen Ernte reicht kann ich nicht einschätzen. Es kam schon vor dass das nicht der Fall war und bei manchen Betrieben in Rheinland-Pfalz ist das prinzipiell so. 
 
Frühstück einer der Versuchsgruppen an den frisch gefüllten Wiegetrögen. Die werden morgens ausgekippt und dann frisch gefüttert. Dafür muss es auch immer ein Futtermischwagen mit Förderband sein. Ein Rückwiegen des Restfutters erübrigt sich mit den Wiegetrögen, da erfolgt es kuhindividuell:
 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Eine Neuerung ist die LED-Beleuchtung im Stall. Vorher waren es die orangen Natriumdampflampen, gut zu erkennen auf dem 2. Foto im Post vom 29.12.2013. Die Energieeinsparung ist trotzdem sinnvoll, auch wenn auf dem Dach die Photovoltaikanlage mit geschätzten 500 kW Leistung ist. Auch vorher war es damit schon ein Plus-Energie-Stall:
 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Eine weitere Neuerung ist das zweite Milchtaxi. Bisher war es ein Holm&Laue Milchtaxi 4.0 mit 80 l, jetzt ist ein Urban MilkShuttle 100 l hinzugekommen. Steht die Milchkammer gut voll und Betriebe mit zweien kenne ich nicht viele.
 
Benjamin
 
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Dienstag, 29. August 2023

Mal Feldtag

Heute war ich auf einem Feldtag bzw. Feldabend der Raiffeisen. Entsprechend der Jahreszeit ging es um Bodenbearbeitung auf einem Stoppelacker.

Die Traktoren waren ausschließlich Valtras; Serien G, N, T und Q; A war keiner dabei. Dazu Anbaugeräte von Lemken, Güttler und Alpego sowie Anhänger von Reisch und Rudolph.

Auf dem Acker beim Stoppesturz, von links:
- Valtra T235 mit Güttler Super Maxx 50-7 BIO, einem 7-balkigem Federzinkengrubber
- Valtra T215 Direct mit einem fünffurchigem Lemken Jewel 8 M V U, einem Volldrehpflug und alles hydraulisch: Arbeitsbreitenverstellung (Variopflug), Steinsicherung, Einstellung von Seitenneigung und Vorderfurchenbreite. Das ist eigentlich Vollausstattung und braucht bestimmt 250 ha pro Jahr Auslastung.
- Valtra Q305 mit einem Alpego Skat S2 7-300 Tiefenlockerer, 3 m breit und bis zu 65 cm tief, wobei dafür die 220 kW nicht ausreichen.
- Valtra T195 mit Lemken Karat 10/300, einem Grubber schlechthin. 3-balkig, 3 m Arbeitsbreite und Flügelschare.
- Valtra Q305 mit einer Lemken Rubin 10/600 KUA, einer aufgesattelten 6m-Kurzscheibenegge. Ist das Nachfolgemodell der Boberower Kurzscheibenegge (vgl. Post vom 21.04.2018):

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nochmal Grubber und Kurzscheibenegge. Auf dem Foto sieht man nicht wie die Reifen mit Erde geworfen haben, denn der Schlupf war etwas zu hoch nachdem es mittags noch mal geregnet hatte. Nicht optimale Bedingungen für die Stoppelbearbeitung:



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nur vorgestellt aber nicht vorgeführt wurde das Sägespann. Eine 3 m mechanische Drillmaschine. Als Traktor ein Valtra N155, mit einem Güttler Avant 30-45 als Frontpacker, Kreiselegge Lemken Zirkon 8/300 mit Trapezpackerwalze und der Lemken Saphir 9. Da habe ich das Foto gemacht, weil wir im Studium im Fach Praktische Landtechnik sas Vorgängermodell Saphir 7 als Anschauungsobjekt hatten. Damals bot Lemken als einziger Hersteller parallelogrammgeführte Doppelscheibenschare bei einer mechanische Drillmaschine an. Das ist eine Ausführung mit 15 cm Reihenabstand, ohne Nachzumessen daran zu erkennen, dass unten am Säkasten 4 Schieber fehlen. Also nur 20 Ausgänge gegenüber den 24 bei 12,5 cm Reihenabstand:



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Einen Valtra der A-Serie habe ich vermisst, weil das der Nachfolger vom Futter-Trecker ist. Der kleinste ausgestellte Traktor war ein Valtra G125, auch der einzige ohne schwarze Felgen. Mit Frontlader G4L und einer Güttler Mayor 640, die Prismenwalze in der Anhängeversion:

Benjamin 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Sonntag, 20. August 2023

1250 Jahre Hawei - Teil 2

Noch ein paar Fotos von letztem Sonntag aus Hangen-Weisheim, die mein Bruder aufgenommen hat. Wieder kein Kuhbezug, aber für mich als Agraringenieur aus technischer Sicht interessant und agrarhistorisch bezüglich der Entwicklung im Südwesten die ich von Mitte der 1990er bis Mitte der 2010er direkt mitbekommen habe.
Ich beziehe mit zu einem Teil auf die Erzählungen meines Großvaters.

Erstmal noch ein Blick von der Maus auf einen Teil der ausgestellten Maschinen - ca. der Hälfte. Im Vordergrund der charakteristische Gegengewichtsarm der Maus:
























Mähbinder mit dem die Garben für das Handdreschen gemäht wurden. Die Mähbinder mit Zapfwellenantrieb waren die letzte Entwicklungsstufe der Mähbinder und nur eine kurze Zeit lang Ende der 1940er und in den 1950er Jahren im Gebrauch. Vor dem 2. Weltkrieg gab es nicht viele Traktoren und wahrscheinlich noch weniger mit Zapfwelle. Mit der Währungsreform 1948 kam erst die Wirtschaft wieder in Schwung und es gab mehr Traktoren. Dann kamen auch langsam schon die Mähdrescher auf. Weder vom Traktor noch dem Mähbinder weiß ich den genauen Typ, der Traktor müsste ein Deutz 2-Zylinder sein wie ihn auch mein Großvater damals hatte (24 PS, Bj 1957).
























Dann als nächster Entwicklungsschritt die Mähdrescher. Ein Lanz von Mitte der 1950er, Selbstfahrer mit Absackstand. An Mähdrescher mit Absackstand kann ich mich nicht erinnern, die waren zu meiner Zeit bereits ausgestorben. Die ältesten waren von Anfang der 1970er Jahre. Gezogene Mähdrescher gab es noch viele bis Anfang der 2000er. Vor allem die (Deutz-)Fahr M66TS warn in den kleinen Strukturen weit verbreitet. Und in meiner Straße gab es einen Betrieb der mit zwei Claas Garant mähte, im Komplex gezogen von Deutz-Fahr D 5207 und AgroPrima 4.51. Die wurden 2002 rum durch einen Claas Dominator 48 ersetzt:













Heute üblich sind mittelgroße Mähdrescher wie dieser New Holland CR960 aus den 2000ern. Der wurde aber gebraucht aus einer anderen Gegend gekauft. In den letzten 10 Jahren hat da ein deutliches Größenwachstum auch über 200 kW und 6 m Arbeitsbreite hinaus stattgefunden, sehr oft über Gebrauchtmaschinen aus größer strukurierten Gebieten:

Benjamin















1439

Donnerstag, 17. August 2023

1250 Jahre Hawei

Hawei ist die umgangssprachliche Kurzform von Hangen-Weisheim, drei Dörfer weiter gelegen von meinem alten Heimatdorf.

Die Dörfer in Rheinhessen sind deutlich früher erstmals erwähnt worden als die in der Prignitz im 12. und 13. Jahrhundert (siehe auch Post vom 11.05.2016). Dort war es meistens in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts, als die Dörfer in Schenkungsurkunden an das südhessische Kloster Lorsch genannt wurden. 
So auch Hangen-Weisheim im Jahre 773. 
 
Am letzten Wochende gab es ein großes Jubiläumsfest. Neben dem üblichen Bierzelt und Imbiss auch Kunsthandwerkermarkt und ein Bauernfest rund um die landwirtschaftliche Tradition. Der in Rheinhessen übliche Schwerpunkt des Weinbaus nicht, da ist es im August noch zu früh. Und die Viehhaltung auch nicht, die ist in den 1970ern aufgegeben worden und vor der flächendeckenden Einführung von Melkmaschinen sind da nur Mistgabeln übergeblieben die in der Weiterverwendung aufgebraucht wurden. Also keinerlei Kuhbezug.

Dafür Landmaschinen in großen Mengen: Oldtimer ab 1950, fast alles was noch fahren konnte, Youngtimer und moderne Maschinen, dazu von den Lohnunternehmern und dem Landtechnikhandel.

Von einem Lohnunternehmer ein John Deere S680i mit 9 m-Zürn-PowerFlow-Schneidwerk und als Besonderheit ein angebauter Zwischenfruchtstreuer mit Verteilgestänge, wo direkt nach der Mahd das Saatgut ausgebracht und dann mit dem Stoppelsturz eingearbeitet wird. Eine interessante Lösung, weil in der Gegend Zwischenfrüchte eigentlich erst mit den Greeningvorschriften aufkamen und die klassische Streutechnik nicht vorhanden ist:



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nur ein Teil der ausgestellten Maschinen, in der mittleren Reihe die Youngtimer, darunter in Rheinhessen natürlich die Dexheimer. In der vorderen Reihe Neumaschinen von der Raffeisen und da musste natürlich auch ein Fendt Ideal 7 (Singlerotor) dabei sein, der sonst als Vorführer läuft:



 

 

 

 

 

 

 

 

 


Rheinhessen gilt als Land der Reben und Rüben. Und wenn schon kein Weinbau vertreten war dann der Zuckerrübenanbau. Rechts ein Ropa Tiger 6 eines Lohnunternehmers, was eher unüblich ist weil die meisten Rübenvollernter in Rodegemeinschaften laufen. Die Kombination 3-Achser mit sechsreihigem Rodeaggregat ist dagegen üblich. In der kleinstrukturierten Landschaft kann die Schlagkraft von Neunreihern nicht ausgeschöpft werden und sind zudem im Transport zu unhandlich. Den 3-Achser mit 45 m³-Bunker braucht es dann um bei allen Feldern ohne Abfahrer einmal hoch und runter zu kommen.
Links eine fabrikneue Ropa Maus 6, die hatte ich noch nicht mal auf der Messe gesehen. Die kommt dann im September in der Abfuhrgemeinschaft zu ihrem Ersteinsatz:
 

 



 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Vorführung im Handdreschen mit Dreschflegeln. Die Garben wirken recht kompakt, weil bei modernen und eingekürzten Weizensorten die Halme sehr kurz und stabil sind. Anschließend wurde nicht geworfelt sondern mit einer Windfege gereinigt, die rechts im Bild zu erkennen ist. Davon habe ich kein Foto gemacht wegen Kinderarbeit und von der Arbeitssicherheit her:

Benjamin 


 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Samstag, 12. August 2023

Photovoltaikanlage

Letzte Woche wurden auf der Scheune meiner Mutter die Module der Photovoltaikanlage montiert. Ans Netz ist sie aber noch nicht angeschlossen. 

Die Ausrichtung ist sehr gut, nach Südsüdost, die Dachneigung mit ca. 40° für die geographische Lage von 50° Nord aber etwas zu steil. Es gibt keine Beschattung durch andere Gebäude oder Bäume; der Kirschbaum auf dem Bild ist nicht so hoch wie er aus diesem Blickwinkel wirkt.

Die Leistung beträgt 22,5 kWel peak, die dann über zwei Wechselrichter und zwei Anschlüsse eingespeist werden.

Bei allerproduktivstem Wetter:

Benjamin














1437

Samstag, 5. August 2023

RZÖko

Mit der August-Zuchtwertschätzung wurde ein neuer Zuchtwert eingeführt, der RZÖko - Relativzuchtwert für ökologisch wirtschaftende Milchviehbetriebe.
 
Der Zuchtwert war schon länger in Arbeit, ich kann mich da an eine Anekdote aus den Kreisen der RinderAllianz 2017 erinnern. Da hatten Vertreter der Zuchtverbände ein Treffen mit Öko-Funktionären bezüglich einem Ökozuchtwert. Die Berücksichtigung der Hornlosigkeit wegen dem Enthornungsverbot war da wichtig bis die Hörner-Fanatiker dagegen schossen und manch einer hatte von deren Existenz gar nicht gewusst.

Von der Einstellung "am liebsten negativer Milchzuchtwert" hatte ich auch mal gehört, was das zentrale Problem der ökologischen Milchproduktion trifft: Die bedarfsgerechte Ernährung der Milchkuh. 
Das fängt mit der nicht bedarfsgerechten Düngung der Futterpflanzen an durch den Verzicht auf schnell verfügbare Mineraldünger. Die dann so großgehungerten Pflanzen haben niedrigen Futterwert und die Kühe können daraus auch nicht so viel machen, wenn sie zu wenig Energie und Eiweiß bekommen. Das sieht man schön an den niedrigen Milchinhaltsstoffen die die Öko-Kühe erreichen. Solch dünne Milch ist eigentlich nur bei Herdenleistungen über 12.000kg üblich.

Prinzipiell war ich dem RZÖko aufgeschlossen gegenüber, in eine so viel andere Richtung dürfte der nicht gehen. Mit der Milch rückwärts züchten will ich aber doch nicht...
Der RZÖko ist dem RZ€ sehr ähnlich, Nutzungsdauer (RZN) und Gesundheit (RZGesund) sind stärker gewichtet. Der RZM ist nicht drin, dafür Fett-kg und Eiweiß-kg bei gleichzeitiger negativen (!) Gewichtung der Milchmenge. Das ist der Versuch züchterisch die futterbedingt niedrigen Inhaltsstoffe anzuheben.
Töchterfruchtbarkeit (RZR) und Kälberfitness fallen raus und dafür kommt der BCS rein, auch wieder um züchterisch die futterbedingt schlechte Kondition zu verbessern.
 
Die Zusammensetzung des RZÖko:
 


 
 
Zum Vergleich die Zusammensetzung des RZ€:
 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Benjamin
 
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Montag, 31. Juli 2023

Entwicklung - Kälberaufzucht

In der Kälberaufzucht hat sich die letzten zehn Jahre auch einiges getan.
 
- Kälber-Trocken-TMR. Die begleitet mich seit 15 Jahren schon in meiner ganzen Rinder-Laufbahn. In den letzten zehn Jahren hat sie sich doch schon recht weit verbreitet, von komplett selbst gemischt bis im Bigbag als Handelsware.
 
- Ad-libitum-Tränke und intensive Tränke. Vor zehn Jahren war da Dr. Kunz aus Futterkamp ein Vorkämpfer, damals noch empfohlen vier Wochen ad libitum und dann sechs Wochen eine etwas höhere Kurve als üblich. Über die Jahre wurde die Dauer der hohen Tränkemengen und auch die Gesamttränkedauer immer länger. Aktuell geht es bis vier Monate.
 
- Das Verbot von Kaliumhydroxid zum Kälberenthornen, das viel schonender war als das Sedieren und Ausbrennen. 

- Das Lex-Otte-Kinast, dass seit diesem Jahr die Bullenkälber erst mit vier Wochen verkauft werden dürfen. Ein riesiger Aufwand und Millionenverluste für die deutsche Milchviehhaltung, mit negativen Auswirkungen auf die Tiergesundheit. 
 
- Pärchenhaltung von Kälber in den ersten Lebenswochen. Was vor zehn Jahren noch undenkbar war, weil sich zwei Kälber in einem Iglu immer wieder gegenseitig mit Durchfall anstecken funktioniert inzwischen bei vielen Betrieben gut, wahrscheinlich auch weil mit moderen Tränkesystemen die Kälber bei intensiver Fütterung mehr Energie und damit ein stärkeres Immunsystem haben. Probleme sind da eher die spätere Neigung zum gegenseitigen Besaugen und dass in ein übliches Einzeliglu halt keine zwei Kälber passen nach Quadratmeter-Vorgaben.
 
Nachtrag: Das ist unser Otte-Kinast-Gedächtnisstall für die Bullenkälber in der 3. und 4. Lebenswoche: 



 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
- Die muttergebunde Kälberaufzucht, was mehr ein Medienhype ist. Ich kenne keinen einzigen Milchviehbetrieb der das macht. Und was man so hört wäre eigentlich nur eine Ammenkuhhaltung mit altmelkeden Kühen praktikabel.

Benjamin

1435

Donnerstag, 27. Juli 2023

Entwicklung - Trockenstellen

Ein Bereich bei dem ich mehr meine eigene Entwicklung in den letzten zehn Jahren wahrgenommen habe als die allgemeine ist das Trockenstellen.
Prinzipiell hat sich da nicht viel verändert.
Anfang der 2010er gab es einen Trend zu verkürzten Trockenstehzeiten bis runter auf 4 Wochen, das ist inzwischen auch wieder rum.
Medikamente kann ich mich nur an einen neuen Zitzenversiegler erinnern und ansonsten häufige Lieferschwierigkeiten, auch schon vor Corona und den ganzen Lieferkettenproblemen.

Das beherrschende Thema war und ist das selektive Trockenstellen. Wie es aber als in der Presse als immer noch neues Thema behandelt wird scheint es sich doch noch nicht so weit verbreitet zu haben.

Vom Studium und meinem Stammbetrieb Hofgut Neumühle kannte ich das antibiotische Trockenstellen mit Zitzernversiegler, wie ich es dann auch in Boberow antraf.

2015 wurde für das Zertifizierungsprogramm Arlagarden von Arla das selektive Trockenstellen vorgeschrieben. Da hatte ich schon arge Bedenken, denn bei Allem was man so las war eine top Eutergesundheit die Vorraussetzung. Wir waren damals um die 300.000 Zellzahl. Ich sagte trotzig dass wenn es schief geht ich es mit Verweis auf den Tierschutz beenden werde. Das war rückblickend recht naiv mit der Annahme das Schiefgehen rechtzeitig zu bemerken. Ich hätte auch Arla beim Veterinäramt angeschwärzt, bei immer so schlechten Milchauszahlungspreisen hält sich die Loyalität halt sehr in Grenzen. 
Aber es ging nicht schief. Auch in einer Herde mit schlechter Eutergesundheit sind immer
eutergesunde Kühe, die fürs selektive Trockenstellen in Frage kommen.

So zwei Jahre lang habe ich als bei den Kühen die nach der Zellzahl für das Selektive Trockenstelln in Frage kamen Schalmtest gemacht und von den positiven Vierteln BU-Proben genommen und ins Mastitislabor ders LKV geschickt. Da es da aber nur äußerst selten ein Erregernachweis gab habe ich es aufgegeben und nur noch den Schalmtest gemacht und danach entschieden.
Der letzte Schritt in der Vorgehensweise für das Trockenstellen war die Einführung der Zellzahldifferenzierung, dass man noch einen weiteren Parameter zur Eutergesundheit hat und Kühe die unter B fallen trotzdem antibiotisch trockengstellt werden.

Allgemein hat mich in den letzten Jahren unser Tierarzt dazu gebracht den antibiotischen Trockensteller nicht als Mittel gegen Neuinfektionen in der Trockenperiode zu sehen (das macht der Zitzenversiegler). Er ist vielmehr eine Möglichkeit subklinische und chroniseh Euterentzündungen so zu behandeln wie es während der Laktation wegen den Sperrfristen nicht möglich ist.

Die Trockenstehdauer hatte ich mal auf 5,5 - 7,5 Wochen bei Mehrkalbskühen und 7 bis 9 Wochen bei Jungkühen abgesenkt, um nicht zu viel Milch durch langes Trockenstehen zu verschenken... Aber als ich mal dann mit den Daten aus 6 Jahren ausgewertet habe dass von der Leistung in der Folgelaktation her 8 bis 9 Wochen Trockenstehdauer das Optimum sind wurde es wieder verlängert.

Zukunftsthema ist das viertelindividuelle Trockenstellen. Auf der Neumühle wird das meines Wissens nach gemacht und es läuft auf Bundesebene auch ein Forschungsprojekt dazu.

Benjamin

1434

Freitag, 21. Juli 2023

Entwicklung - Zucht

Wenn ich über die Entwicklung des Fruchtbarkeitsmanagements schreibe liegt natürlich auch die Entwicklung in der Zucht nahe. Damit ist nicht der Zuchtfortschritt gemeint. In der Zucht hat sich gefühlt am meisten entwickelt, auch weil die Zucht und das Besamungswesen recht zentral organisiert sind setzen sich Neuerungen sehr schnell durch.

Wie ich vor zehn Jahren angefangen habe war die genomische Zuchtwertschätzung und die genomischen Jungbullen im Besamungseinsatz seit drei Jahren eingeführt und hatten sich durchgesetzt. Aus dem Studium hatte ich als Ziele in der Zucht mitgenommen, dass mittelfristig auch die Kühe typisiert werden und man eine Kuhlernstichprobe einführen muss für die genomischen Zuchtwertschätzung weil die Anzahl genetisch halbwegs aktueller Bullen mit Töchterzuchtwerten zu gering werden wird.

Zwar kann ich mich gar nicht erinnern, aber im August 2013 muss die Zuchtwertschätzung gewesen sein bei der die allerersten genomischen Bullen ihre ersten Töchterzuchtwerte bekommen haben. 

Für die Kuhlernstichprobe wurde im Projekt Kuh-L die Machbarkeit demonstriert, bei dem auch Pröttliner Kühe dabei waren. Die Kuhlernstichprobe wurde dann glaube ich 2018 als Basis der Genotypisierung eingeführt.

Seit Herbst 2016 gabs das Projekt KuhVision bei dem im größeren Stil Kühe genotypisiert wurden und die Strukturen für eine umfangreichere Datenerhebung geschaffen wurden, die es bei den Testherden von RinderAllianz und RBB ja schon gab. Nach Abschluss von KuhVision wird es von den Zuchtorganisationen als HerdScan im normalen Leistungsangebot fortgeführt.

Neue Zuchtwerte gab es über die Jahre viele:
Zuerst töchtergeprüfte anhand der Daten aus den Testherden: KalbungPlus zum Kalbeverlauf, KlauePlus für Klauengesundheit und MastitisPlus für Eutergesundheit.
Den Zuchtwert für Dermatitis Digitalis (Mortellaro).
Als großer Meilenstein die genomischen Gesundheitszuchterte.
Später zusätzlich den Zuchtwert für Kälberfitness.
Den ökonomischen Zuchtwert RZ€.
Die Überarbeitung des Gesamtzuchtwerts RZG.
Und als letzte Neuerung den Persistenzzuchtwert im April.
Die nächsten Zuchtwerte für Eignung zur ökologischen Milchproduktion (im August 2023) und für Futtereffizienz (2024) stehen in den Startlöchern. 
 
Der Anteil an hornlosen Bullen und folglich dann auch hornlosen Kälbern und Kühen hat stetig zugenommen. Vor zehn Jahren gab es einige heterozygote (Pp) Bullen, die aber von den Zuchtwerten nicht mithalten konnten, aber im Laufe der Zeit aufgeschlossen haben. Dann gab es die ersten homozygoten (PP) Bullen, die auch wieder einen Rückstand hatten. Über die Jahre ist der Anteil und das genetische Niveau der hornlosen Bullen immer weiter angestiegen. Von den Zuchtwerten ist mittlerweile kein Unterschied mehr zu den gehörnten Bullen. Die homozgoten werden inzwischen deutlich häufiger eingesetzt, weil sie zu 100 % hornlose Kälber machen. Der Anteil der Besamungen mit honlosen Bullen dürfte bei an die 40 % liegen (Rotbunt deutlich mehr).

Mastanpaarungen mit Fleischrinder haben zugenommen, ist aber genuso wie gesextes Sperma im einstelligen Prozent-Bereich geblieben.
A2A2 als Kasein-Haplotyp ist eine Nische geblieben.
Dominant Rotbunt (VRC) war nur eine Episode.
 
Benjamin

1433

Montag, 17. Juli 2023

Entwicklung - Fruchtbarkeit

Wie sich in den letzten zehn Jahren die Arbeit und das Management rund um die Fruchtbarkeit entwickelt haben. Die Fruchtbarkeit hat sich nicht groß verändert, die Kennzahlen sind trotz der rund 1.000 kg Leistungsanstieg über die Jahre recht konstant geblieben. Die Annahme das Fruchtbarkeit und Leistung gegenläufig sind wurde widerlegt. Eigentlich ist es logisch, weil auch auf Fruchtbarkeit gezüchtet wird und die gute Fruchtbarkeit sich quasi delbst selektiert und sich in der Population stärker durchsetzt.
 
Bei der Fruchtbarkeit fallen mit zwei Entwicklungen ein: Die verlängerte Laktation und der verringerte Hormoneinsatz.
 
Von der verlängerten Laktation habe ich 2016 erstmals gehört und seitdem damit rumexperimentiert und auch die Wartezeiten ein gutes Stück ausgedehnt.
2013 habe ich mit sportlichen 40 Tagen freiwilliger Wartezeit angefangen, wenn auch ich damals schon besonders "leistungsstarke" Kühe mal einen Zyklus laufen ließ. Heute sind leistungsschwache Kühe die Ausnahme, die schon vor 80 Laktationstagen erstmals besamt werden.
Das Gleiche mit den Sterilitätsuntersuchungen, da waren 65 Tage in Milch und noch nicht besamt das Kriterium. Weil es eh fast immer mehr Kühe für die Zuchthygiene waren als an die 38 nutzbaren Fressgitterplätze passen war selten eine unter 75 Tagen dabei.
Jetzt sind Sterilitäten "richtige" Fruchtbarkeitsprobleme, weil bis 100 - 120 Tage in Milch die allermeisten schon mehrere Brunsten hatten oder besamt wurden.
In der Milchviehbranche würde ich die verlängerte Laktation nicht als breit etablert bezeichnen, aber sie ist bekannt und viele wenden sie an. Oder haben ihre pauschale Wartezeit ein Stück verlängert. Die Einstellung "Jedes Jahr ein Kalb" und die Kühe möglichst schnell wieder tragend zu bekommen hört man kaum noch.

Mit der verlängerten Laktation hängt auch zum Teil der verringerte Hormoneinsatz zusammen. Wie viele Kühe als angespritzt wurden, Behandungen von Anöstrien, das Programm mit den Spiralen alle zwei Wochen nach der Steri... Wobei ich nie mit den strikten OvSynchs zu tun  hattte, da gabs ja einige Betriebe die die gesamte Fruchtbarkeit nach amerikanischem Modell komplett mit der Spritze gemacht haben.
Ein Aha-Erlebnis war Ende 2017 auf dem Herdenmanagerlehrgang, dass man die Spiralen doch gar nicht bräuchte wenn man die Grundlagen der Fruchtbarkeitsprobleme angehe. Und die haben sich mit dem längeren Warten fast komplett aufgelöst.
Und letztes Jahr sagte der Besamungstechniker, wir wären die Letzten in der Gegend die Kühe überhaupt anspritzen würden.
 
Noch was Internes: Heute Abend gibt es den 350.000. Kuhblog-Leser.
 
Benjamin

1432

Donnerstag, 13. Juli 2023

Entwicklung - Fütterung

Zur Entwicklung der Fütterung allgemein in den letzten zehn Jahren fallen mir vier Punkte ein: Kompakt-TMR, Shredlage, GVO-freie Fütterung und Rohfaser.

Kompakt-TMR. Das war 2014 rum ein Trend aus Dänemark. Zunächst war ich da skeptisch, weil mehr Wasser in der Mischung die Nacherwärmung fördern würde. Heute sehe ich das Problem durch instabilen Silagen und mangelnde Futterhygiene bedingt.
Bei der Kompakt-TMR ist es das Ziel das eigentliche Konzept der TMR mit jedem Bissen eine ausgewogene Ration zu fressen durch die Verminderung der Futtetselektion zu erreichen. Einmal die Verringerung der Partikellänge auf unter eine halbe Maulbreite, bei der Rinder nicht selektieren können. Und andererseits das Kraftfutter durch Wasserzugabe an das Grundfutter zu "kleben" damit die Kühe es nicht herausschütteln und separat fressen können.
Das Kraftfutter wird mehrere Stunden lang eingeweicht, Melasseschnitzel sogar 24 Stunden lang und die fertige Ration noch eine viertel Stunde nachgemischt. 
Dieses lange Einweichen machte es für uns schon uninteressant, weil wir ja mehrere Mischwagenladungen am Tag füttern. Mittlerweile halte ich das auch einfach für Show.
Mit Wasser in die TMR zu geben fingen wir wie gefühlt der gesamte Nordosten Anfang 2017 an, nachdem im September 2016 bei heißem Spätsommerwetter der Mais vertrocknet war. Dann hatte man in der Maissilage lauter leichte, trockene Blätter die sich schlecht untermischen bzw. leicht selektieren ließen.
Das Wasser wurde dann zum Einstellen der Trockensubstanz und damit einem weiteren Faktor für die Kontinuität in der Fütterung beibehalten.

Shredlage war auch ein regelrechter Hype, um den es mittlerweile wieder ruhig geworden ist. Ursprünglich wurde das System von einigen Bauern aus den USA entwickelt; ein spezieller Cracker für den Feldhäcksler, der nicht nur die Maiskörner aufbricht sondern auch Blätter und Stängel auffasert. Bei für Maissilage sehr großen Häcksellängen (so 25 mm) gibt es trotzdem gute Verdaulichkeit und höhere Strukturwirkung, was als Vorteil für maisbetonte Rationen ohne zusätzliche Rohfaserkomponente gesehen wurde. Das Erfolgsgeheimnis der Shredlage vermutete ich einzig und allein in den ordentlich gecrackten Körnern. Dazu passt dass mir ein Bekannter mal erzählte er hätte die Originalstudie zur Shredlage gelesen und da wäre ein Jaguar mit Shredlage-Cracker mit einer Hesston Field Queen verglichen worden. Das ist ein Häcksler aus den 1970ern ohne Cracker und damit das Ergebnis natürlich klar.
Claas als Weltmarktführer für Feldhäcksler kaufte die Technologie 2016 auf und bietet sie seitdem als Ausstattungsvariante bei den Crackern an. 
Eigene Erfahrungen mit Shredlage habe ich eigentlich nicht. Wir hatten zwar 2017 ein Silo voll Maissilage von einem Lohnunternehmer mit Shredlage-Häcksler häckseln lassen. Aber das wurde dann auf allen Anlagen verfüttert und auch den Biogasanlagen um genügend Vorschub zu bekommen und da konnte man gar nichts vergleichen und wegen der kurzen Dauer auch keine Vorher-Nachher-Effekte.

GVO-freie Fütterung; darum ist es leider nicht still geworden. Vor 10 Jahren gab es das zwar schon, war aber die Ausnahme. Seit so 5 Jahren ist es eigentlich Standard und nur wenige Molkereien verzichten darauf.
Ich halte das Alles für Etiketten-Schwindel. GVO sind gentechnisch veränderte Organismen. GVO-frei bzw. das mittlerweile beliebte OGT - Ohne Gentechnik - bezieht sich ausschließlich auf die Futterpflanzen der Kühe, dass da keine gentechnisch veränderten dabei sind.  
Das hängt mit der "German Angst" vor Grüner Gentechnik zusammen, Rote (Medizin) und Weiße (Industrie) Gentechnik sind auf gesellschaftlicher Breite akzeptiert.
Der Lebensmittelhandel sah das als Möglichkeit mit einem vermeintlichen Mehrwert Gewinn zu machen, der natürlich weg war als es alle gemacht haben.
Insgesamt ist es eine reine Zertifizierungssache, dass nicht nur keine GVO enthalten sind sondern das es auch zertifiziert ist um die GVO-Freiheit belegen zu können. Ein riesiges Geschäft das nur aus Papier besteht und mittlerweile keine Wertschöpfung ergbringt; außer für die Zertifizierungsindustrie halt.
Knackpunkt ist Sojaextraktionsschrot, da in Süd- und Nordamerika viele gentechnisch verändert glyphosatresistente Sojabohnen in bodenschonenden und wassersparenden Direktsaatsystemen angebaut werden und dann bei zu den anderen Sojabohnen dazugekippt werden. Das stört ja auch niemanden, bis auf manche Europäer halt. Soja(schrot) ohne GVO-Anteil muss dann extra erfasst, transportiert usw. werden um als GVO-frei zertifiziert zu werden und ist entsprechend teuer. Daher die Absicht nicht GVO-frei zertifiziertes Soja durch andere Eiweißträger zu ersetzen. Nach Versuchen mit pansengeschütztem Rapsextraktionsschrot und blauen Lupinen sind wir um Schluss wieder bei Sojaschrot gelandet. Dann GVO-frei zertifiert, geringere Mengen und dafür mehr Rapsextraktionsschrot.

Bedeutung der Faser, was eigentlich schon die Zusammenfassung für diesen Post sein könnte. 
Weil ich die Bedeutung der Faser in der Rinderfütterung viel wichtiger ansehe als vor 10 Jahren.
Abgesehen von den Kälbern wird nicht das Rind gefüttert sondern sein Pansen. In der Fütterung des Pansens gibt es Eckpunkte die eingehalten werden müssen. Bei der Versorgung mit Faser ist die Menge von der Körpermasse abhängig. Eine schwere Kuh braucht mehr Faser als eine leichtere. Bei gleicher Körpermasse kommt eine Kuh die mehr frisst mit einem geringeren Fasergehalt im Futter aus weil sie in der Summe dann genügend Faser frisst.  
Nicht die relative Faser ist entscheidend sondern die absolute!
 
Benjamin 

1431

Sonntag, 9. Juli 2023

Entwicklung - Fütterungsgruppen

Meine Entwicklung zu Fütterungsgruppen in den letzten 10 Jahren.
Im Studium habe ich sowohl das Berechnen von Teil- als auch Totalmischrationen gelernt, die Teilmischrationen waren damals in Rheinland-Pfalz vorherrschend.
Wie ich nach Brandenburg kam gabs dann TMR mit Leistungsgruppen. Nicht klassisch mit der Aufteilung in Frischmelker-, Hochleistungs- und Altmelkergruppe sondern viergeteilt mit einer zusätzlichen mittleren Leistungsgruppe. 
Die melkenden Kühe also mit vier veschiedenen Rationen, die sich hauptsächlich im Kraftfutteranteil und -zusammensetzung unterschieden.
 
Mein Fütterungsberater hat mich lange versucht dazu zu überreden die mittlere Leistungsgruppe und Hochleistungsgruppe mit der gleichen Ration zu füttern. Er hatte damit Erfahrung bei mehreren Kleinbetrieben die aus arbeitswirtschaftlichen Gründen nur eine Ration fütterten. Und die Kühe würden im Laktationsverlauf ihre Futteraufnahme auch der Leistung anpassen. 
Grund dagegen war bei uns dass sich kein arbeitswirtschaftlicher Vorteil ergab, weil beide Gruppen eh eine eigene Ladung vom Mischwagen ergeben. Sowie die Vermeidung von Luxuskonsum von teurem Kraftfutter (20 Liter-Kuh) und Verfettungsgefahr. 
 
Vor drei Jahren wurden sie dann doch gleich gefüttert und nur noch zusätzlich die Altmelkergruppe. Hauptgrund war die Einsparung der monatlichen Gruppensortierung mit der damit verbundenen Arbeit und vor allem dem Stress für die Kühe. 
Seit einem dreiviertel Jahr werden alle melkenden Kühe mit der gleichen Ration gefüttert und es funktioniert tatschlich ohne Verfettung. Die durchschnittiche Leistung ist angestiegen, weil der Leistungseinbruch beim Umstellen in die Altmelkergruppe entfällt und die Tagesleistung zum Trockenstellen ist ebenfalls angestiegen. So wurde das Thema tierindividueller Besamungsstart jetzt wichtiger um da nicht zu hoch zu kommen bzw. die Laktationskurve zu früh abwürgen zu müssen.

Benjamin

1430

Freitag, 30. Juni 2023

Entwicklung - Jungkuhgruppe

In einer Jungkuhgruppe sind nur Kühe in der ersten Laktation. Es wird auch der Begriff Färsengruppe verwendet, der aber fachlich falsch ist. Färsengruppen sind Gruppen von Besamungsfärsen oder tragenden Färsen. Eine Färse ist ein geschlechtsreifes weibliches Rind das noch nicht gekalbt hat, eine Kuh hat schon mindestens einmal gekalbt Der Übrgang von Färse zur Kuh findet mit der ersten Kalbung in der Abkalbebucht statt, wie einer meiner Professoren mal sagte: "Kuhwerdung".
Nach der Laktationsnummer kann man die Kühe in Jungkühe (1.) und Mehrkalbskühe (ab 2.) einteilen. Dann gibt es noch Altkühe, wo der Begriff gar nicht definiert ist. Ab der 4. oder 5. Laktation würde ich mal sagen. Die PBK Schönhagen hat z.B. auch eine "Oma-Gruppe" für Kühe ab der 5. Laktation (siehe Post vom 09.02.2016)

Über Jungkuhgruppen hatten wir es im Studium nicht, auch weil in den kleinen Strukturen im Südwesten es unüblich ist die Herde in mehrere Gruppen zu unterteilen. Erstmals sah ich das bei der Besichtigung eines Großbetriebs in Mecklenburg 2012.

Damit beschäftigt habe ich mich erstmals damit als auf mein Stammbetrieb LVAV Hofgut Neumühle mit einer extra Jungkuhgruppe gute Erfahrungen gemacht hatte. 
Bei der Gruppensortierung in Boberow habe ich dann die Jungkühe von der Frischmelkergruppe aus in die mittlere Leistungsgruppe umgestellt und die Mehrkalbskühe vorrangig in die Hochleistungsgruppe. Das zeigt schon die Problematik: Die Platzverhältnisse müssen zur Alterstruktur der Herde passen. Und es kommen noch weitere Kriterien dazu wie Besamungsgruppe und Trächtigkeit. Und den Jungkühen nur weil sie halt eine mittlere Leistung haben pauschal die mittlere Ration zu geben ist auch nicht so toll. Damals wollte ich aber nicht auf die gleiche Ration gehen, weil ich das als Luxus-Kraftfuttergabe für die mittleren Mehrkalbskühe ansah.

Die Lösung war dann wieder alle Laktationen zusammen und die beiden Gruppen Hochleistung und Mittel nach BCS (siehe Post vom 25.06.2017) einzuteilen, also Kühe die die volle Energiekonzentration bekommen und solche die schon etwas reduziert werden um hintenraus in der Laktation nicht zu verfetten.

Belastbare und ausgwertete Erfahrungen zu Jungkuhgruppen habe ich nicht, aber das sind Vor- und Nachteile:
Vorteile: 
- Weniger Verdrängung und Stress für die Jungkühe durch hochrangige Mehrkalbskühe (mein Fütterungsberater nennt die "Big Mamas").
- Jungkühe kommen alle in einer Gruppe zum Melken, die restlichen Gruppen sind ruhigere Mehkalbskühe.
Nachteile:
- Möglicherweise bringen Mehrkalbskühe in einer gemischten Gruppe Ruhe rein und die Jungkühe schaukeln sich mit ihrer Nervosität nicht auf. 
- nie passende Platz- bzw. Kuhzahl für die scharfe Trennung nach Laktationsnummer.

Benjamin

1429

Montag, 26. Juni 2023

10 Jahre Kuhblog

Heute wird der Kuhblog 10 Jahre alt!
Meine damaligen Beweggründe habe ich im allerersten Post beschrieben (siehe Post vom 23.06.2023). Die Idee zum Blog hatte ich einige Tage vorher, wie mir bezüglich dem "Auswandern" die E-Mail-Problematik bewusst wurde.
Der Kuhblog hat es trotz anderer Planungen (siehe im Post vom 19.11.2018) auf über 1.400 Posts und mittlerweile knapp 350.000 Leser gepackt.
In dieser Zeit hat sich einiges verändert, weniger, aber dafür längere und umfangreichere Posts, weniger Alltägliches und mehr Kuhthemen.
Wenn ich frühe Posts lese und mich daran erinnere was ich damals so gemacht habe wird mir bewusst wie ich mich doch fachlich in den letzten Jahren verändert habe.
Darüber wird es im Kuhblog in der nächsten Zeit gehen.

Benjamin 
 
1428

Donnerstag, 22. Juni 2023

Management-Award 2023

Dass es mal mit dem Kuhblog weitergeht.
Am vorletzten Wochenende fand in Alsfeld die German Dairy Show statt. Zum zweiten Mal nach 2019; 2021 war wegen Corona ausgefallen. 2019 war in Oldenburg gewesen wie zuvor als die DHV-Schau. DHV war der Deutsche Holstein-Verband, der im BRS (Bundesverband Rind und Schwein) aufgegangen ist. Und da Oldenburg ziemlich am A... der Welt liegt wurde das jetzt nach Alsfeld verlegt, das ist von den ganzen Standorten der Zuchtverbände der am zentralsten liegt.
 
Waren bei der DHV-Schau nur Holsteins Schwarzbunt und Rotbunt gewesen, hat man das bei der German Dairy Show auf alle bedeutenden Milchviehrassen in Deutschland ausgeweitet, als eine Schau für alle Rassen: Holstein Schwarz- und Rotbunt, Braunvieh, Milchfleckvieh, Angler/Rotvieh und Jersey.
 
Und da es Milchbauern wie mich gibt, die dem ganzen Schauwesen nichts abgewinnen können wurde der Management-Award eingeführt, um Betriebe mit Spitzenergebnissen auszuzeichen. Nicht nur auf reine Milchkilo bezogen sondern allgemein die Kennzahlen, die für ein exzellentes Management stehen.
2019 hab ich mich sehr drüber gefreut, dass der Management-Award nach Brandenburg ging an die Agrargenossenschaft Uckro, die jahrelang die höchste Lebensleistung erreichten und regelmäßig in der Liste der neuen 100.000-Liter-Kühe vertreten sind.
 
Dieses Jahr ging ich fest davon aus, dass dem Proporz wegen ein Betrieb aus Westdeutschland ausgezeichnet wird.
Aber die Verleihungskriterien wurden verändert: Für Braunvieh, für Milchfleckvieh und Holstein in drei Größenklassen bis 100, 100 - 500 und über 500 Kühe. Kriterien waren erreichte Lebenstagsleistung (LTL) und die Anzahl der 100.000-Liter-Kühe.
 
Über 500 Kühe hat die Milchproduktion Meyendorf aus dem Bördekreis in Sachsen-Anhalt gewonnen. Zumindest der Name sagte mir was. Nach den Indexpunkten die der LKV Sachsen-Anhalt anhand verschiedener Kennzahlen für die Hofschilder für Spitzenbetriebe vergibt der drittbeste Betrieb im Land und der beste über 500 Kühe. Der beste überhaupt ist (traditionell) die LLG Iden.
Die Zahlen der MP Meyendorf im Milchkontrolljahr 2021/22:
807,2 Kühe
896 FEK Jahresleistung
52.123 kg Lebensleistung abgegangene Kühe
51,5 Monate Nutzungsdauer
22,6 kg Lebenstagsleistung
 
Im Kontrolljahr 2021/22 erreichten 10 Kühe die 100.000-Liter Lebensleistung; und eine Kuh mit einer Lebensleiszung von 10.000 Fett+Eiweiß-Kilo.

Also wirklich eine Herde die die Auszeichnung verdient hat.

Benjamin
 
1427

Donnerstag, 8. Juni 2023

Zwangspause

Ob es eine richtige Zwangspause wird kann ich nicht sagen, zumindest bin ich in einer Situation wie ich sie im Blog noch nicht hatte. Für die Idaho-Exkursion 2014 hatte ich eine Pause angekündigt; doch dann gab es im Bus neben der primitiven Klimaanlage auch WLAN und diese Pause fiel damit aus. Dann natürlich die Blogpause letztes Jahr aus freien Stücken und jetzt zumindest die starke Rücknahme der Posthäufigkeit.
 
Die Stammleser werden es sicher bemerkt haben, dass es mitten drin bei der Raps-Webcam nicht weiter ging.
Der Grund ist nämlich Folgender: Ich habe aktuell arge gesundheitliche Probleme, bin nicht arbeitsfähig und damit auch nicht daheim.
Der Post über die TU2 hatte ich schon einige Wochen "in der Pipeline" und das Aktuelle über Lulu ging per Fernzugriff auf die Daten, den ich eh mache wenn ich sie nicht täglich sehen kann.

In nächster Zeit wird es wahrscheinlich weniger zu lesen geben im Kuhblog, zumindest kein alltäglichen Bezug sondern allgemeine Kuhthemen und Theoretisches.
Weil einschlafen lassen ist irgendwie keine Option, so knapp vor dem 10-Jährigen Jubiläum und in meiner Situation will ich dieses Hobby nicht aufgeben.
 
Benjamin 

1426

Freitag, 2. Juni 2023

Was macht Lulu?

Was macht meine Lieblingskuh Lulu momentan? Sie gibt Milch, wenn auch nicht so fleißig. Gestern waren es 36,8 kg, bisher ist sie in der Laktation nicht über die 40 kg gekommen. Das ist bei ihr genetisch bedingt, sie ist eine Kreuzungskuh F3 aus Holstein und Milchfleckvieh (3/16 Fleckvieh). Die können eigentlich nur groß und schwer sein.
 
Am 17. April hat sie zum zweitenMal gekalbt, am 18. kam sie vom Abkalbestall in die Kolostrumgruppe, in denen sich die Kühe während der Kolostralmilchsperre befinden solange die Milch nicht Verkauf werden darf und an die Kälber verdrängt wird (Mischkolostrum). Am 22. wurde sie in Gr. 1 ("Auffanggruppe") umgestellt in die die Kühe zunächst nach dem Ende der Kolostralmilchsperre kommen wenn die Milch als reif gilt.

Die ersten sieben Tage nach der Kalbung bekam sie täglich Fieber gemessen, was immer in Ordnung war. Einmal die Frühwarnfunktion der Körpertemperatur und auch um die Kühe komplett zu sehen und nicht nur von hinten auf dem Karussell.

Am 5. Mai war sie zur Puerperalkontrolle (PK), das gehört zu den zuchthygienischen Untersuchungen (ZHU). Das Puerperium ist die Rückbildung der Gebärmutter von Kälbergröße auf Faustgröße; das soll in 30 Tagen abgeschlossen sein. Bei der Puerperalkontrolle wird nach ca. 3 Wochen nachgeschaut ob es sich richtig entwickelt und nicht eine der diversen Gebörmutterentzündungen. Bei Lulu war da auch alles in Ordnung. Sie kam dann von der Selektion nicht zurück in Gr.1 sondern in Gr. 9, ihrer finalen Gruppe wo sie bis ins nächste Jahr bleiben soll wenn sie als tragende Kuh in die Altmelkergruppe wechselt. 

Momentan schaue ich täglich nach Ihrer Milchmenge und die Brunstbeobachtung. Zur Besamung ist sie noch zu früh, aber man muss jede Brunst erfassen, ganz nach dem Mitto "nur was man dokumentiert kann man auch managen". Man weiß dann dass der Zyklus schon in Gang gekommen ist und bei einer Brunst sieht man ob es zeitlich zu letzten (+/- 21 Tage) passt oder man noch mal genauer nachschauen muss. 
Lulu war bisher noch nicht in Brunst.
 
Und ich rechne häufig bei ihr den Tierindividuellen Besamungsstart (TBS) aus. Das Konzept stammt aus dem Projekt VerLak. Dass nicht im Rahmen der verlängerten freiwilligen Wartezeit die Wartezeit bis zur ersten Besamung pauschal nach oben gesetzt wird sondern für jede einzelne Kuh individuell.
Wir haben zunächst grob die Tagesmilchmenge mal zwei als Tage freiwillige Wartezeit genommen. Weil der berechnete TBS abschreckend hohe Zahlen ergab. Aber der geht nach simulierten Laktationskurven mit der üblichen angenommenen Persistenz von um -0,1 kg am Tag. Bei Kühen mit steiler abfallenden Kurven rückt der Besamungsstart nach vorne, bei Kühe mit flacheren Kurven nach hinten.
Da wir in letzter Zeit viele Kühe mit an und über 30 kg Milch zum Trockenstellen hatten sind wir zur Kenntnis gekommen dass diese Kühe trotzdem zu früh besagt worden waren und wir doch mehr in Richtung TBS arbeiten wollen.

Die Formel ist für Mehrkalbskühe 0.557 x Laktationstage + 5,8 x 7-Tage-Mittel Milch - 149. Dafür soll nach dem Ende des Projekts eine App veröffentlicht werden und ich habe es als mit Excel ausgerechnet aber es ist viel einfacher im Stall schnell auf dem Handy, wenn man das eh im der Hand hat um die Kuh im Herde Mobil nachzuschauen. 

Lulu liegt momentan beim TBS:
0,557 x 46 + 5,8 x 34,5 - 149 = 77 Tage. Ihre Kurve ist halt sehr niedrig und sie sollte doch zeitig wieder tragend werden. Ihr aktueller TBS liegt sogar unter der mittlerweile weit verbreiteten pauschalen Wartezeit von 80 Tagen.

Benjamin


1425