Jetzt geht es weiter über die diesjährige Testherdentagung der RBB.
Den 3. Vortrag hielt Dr. Pott von der Masterrind über die internationalen Entwicklungen in der Holsteinzucht.
Erstaunlich fand ich, dass bei den Einschätzung aktueller und sich abzeichnender Trends die Verlängerung der Zwischenkalbezeiten und der Anstieg von Fleischrinderkreuzungen zur Mast aufgezählt wurden, was bisher von den Zuchtorganisationen eher klein geredet wurde.
Die Dominanz der Nordamerikaner nimmt seit Jahren stetig zu, weil diese deutlich früher mit der Typisierung weiblicher Rinder angefangen hätten und mittlerweile schon 3 Millionen hätten. Wie ich 2014 in Idaho war typisierte die Aardema Group routinemäßige ihre ganzen weiblichen Kälber (so 15.000 pro Jahr...) wo wir gerade mal mit ersten Projekten angefangen hatten (KuhL).Zudem würden sie die Spitze der Genetik intensiver nutzen und mehr Embryotransfer machen als ganz Europa zusammen.
Die Selektionsrate ist aber viel schärfer: Bei einer deutlich größeren Population ist es eine sehr vergleichbare Anzahl an Besamungsbulle damit auch mit höheren Zuchtwerten. Die haben halt eine größere Auswahl um sehr gute Bullen zu finden.
In Nordamerika gäbe es in den letzten Jahren eine starke Konzentration der Zuchtorganisationen, dass die sich nach und nach gegenseitig aufkaufen. Und auch in andere Bereiche der Rinderhaltung expandieren wie Futtermittellabore und Software. Und ganz extrem auch Zoetis, die ebenfalls an der Gesundheitszuchtwertschätzung arbeiten. Wenn die Bauern gesunde Kühe züchten wollen und dann die Pharmaindustrie nichts mehr hat wechseln sie einfach zuvor die Seite.
Daneben über diverse Entwicklungen, z.B. dass SexingTechnologies (die das Spermasexen entwickelt haben) jetzt ein Verfahren hat um Embryonen in der Kuh zu typisieren. Als Hintergründe vermutet, dass die Embryonen nicht mehr so empfindlichen sind und man nicht mehr alle typisieren muss sondern nur die die auch angewachsen sind.
Über das Gedankenexperiment eines niederländischen Wissenschaftlers warum man nicht 20 Millionen Embryonen typisiert statt 4 Millionen Kälber und nur noch die besten überträgt und daraus abgeleitet die Vision mit Embryotransfer die künstliche Besamung abzulösen. Was aber halt eine Kostenfrage sei. Neben den hohen Kosten und dem ganzen Aufwand halte ich davon nicht viel, weil man die Typisierung und Auswahl noch eine Stufe vorher machen könnte und zwar welche Kühe und Färsen man überhaupt als Mütter zur Zucht nimmt.
Außerdem habe ich den Eindruck, dass der Embryotransfer an sich in den letzten zehn Jahren mit der genomischen Zuchtwertschätzung eher an Bedeutung verloren hat weil man damit quasi überall genetisch wertvolle Tiere finden kann (die Legende vom Fleckviehbullen aus dem Mastbetrieb).
Anschließend gab es noch eine Diskussion darüber, warum es keine "extremen" Bullen mit herausragenden Einzelmerkmalen in die Besamung schaffen würden. Die läge auch an den Bauern, die Bullen mit einzelnen starken Schwächen ablehnen, dabei wäre es ja gar kein Problem einen Bullen der z.B. sehr kurze Zitzen vererbt mit dem Drittel der Kühe der Herde mit den längsten Zitzen anzupaaren. Da sehe ich ein großen Potential für die Herdentypisierung, dass man die Stärken und Schwächen sowohl auf Bullen-als auch Kuhseite kennt und entsprechende Anpaarung machen kann ohne dass was "Unbrauchbares" dabei rauskommt.
Als 4. Vortrag war von Dr. Simon von der RBB über betriebsindividuelle Zuchtstrategien auf der Basis der Herdentypisierung. Dass man mit den Daten des Betriebs einen Zuchtindex aufstellen kann wie es mit dem RZG als Gesamtzuchtwert für alle Kühe in Deutschland gemacht wird. Für die einzelnen Merkmale werden die Grenzgewinne genommen, z.B. was bringt ein Liter zusätzliche Milch (futterkostenfreie Erlöse), was kostet ein Tag Zwischenkalbezeit, was ein Totgeburt usw. Entsprechend dieser Zahlen werden im Zuchtindex die einzelnen Merkmale gewichtet. Dann kann man diesen Betriebs-Zuchtwert auch für die typisierten Färsen/Kühe berechnen und danach selektieren, wo man nochmal genauer die wirtschaftlichsten Kühe trifft weil direkt auf die betrieblichen Gegebenheiten abgestimmt. Den einzigen Nachteil sehe ich darin, dass man die ganzen ökonomischen Kennzahlen herausbekommen und auch aktuell halten muss.
Benjamin
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