Sonntag, 24. Februar 2019

Trockenstellen - Teil 1

Jetzt kommt der erste Post über das Trockenstellen. Hab das kurzerhand auf zwei Posts aufgeteilt, denn wie ich es fertig geschrieben hatte war es viel zu lang geworden - ist mir auch noch nicht passiert.

Das Trockenstellen bzw. das Trockenstehen gehört zum Jahresablauf der Milchkuh dazu. Vor dem nächsten Kalben werden sie zur Erholung in den "Urlaub" geschickt.
Der Hintergrund dafür:
Die Erholung des Stoffwechsels, die Kuh ist stoffwechseltechnisch ein 350-Tage-Ultramarathonläufer und da braucht es auch eine Phase der Erholung.
Die Regeneration des Euters und der Bildung der Biestmilch für das Kalb. Das Euter geht in eine Ruhephase, die noch enthaltene Milch wird resorbiert und danach mit der Einlagerung der Antikörper und Abwehrstoffe in die sich bildende Biestmilch begonnen. Das alles zusammen dauert ungefähr 30 - 35 Tage und gibt damit die Mindestdauer des Trockenstehens vor.
Es gab auch schon Forschungstendenzen des "Durchmelkens", dass die Kuh nicht trockengestellt wird sondern die ganze Zeit gemolken und zwischendrin dann kalbt. Der Gedanke dabei ist, dass die Kuh mit der zweimaligen Futterumstellung zum Trockenstellen und dann nach der Kalbung nicht belastet wird und es für den Pansen und die gesamte Verdauung mit der in der Fütterung immer wichtigen Koninuität weiterläuft. Die Nachteile überwiegen dabei aber, sodass es sich nicht durchsetzen konnte: Über mehrere Jahre fällt die Leistung der Kühe ab, weil die Erholung doch fehlt, trotz der Kontinuität für den Stoffwechsel. Und vor allem wird beim täglichen Melken keine Biestmilch gebildet, die von elementarer Bedeutung für die Immunisierung und  Gesundheit des Kalbes ist.
Daher also das Trockenstehen.

Das Trockenstellen ist an sich ein einfacher Vorgang: Die Kuh wird nicht mehr gemolken. Ist vergleichbar mit dem Wildrind, das im Herbst wenn das Futter knapp wird sein Kalb absetzt. Zudem kommt es manchmal vor, dass sich hochtragende Kühe von alleine Trockenstellen und keine Milch mehr geben, vor allem die, bei denen die letzte Kalbung schon länger her ist (> 400 Tage) und nicht die höchste Milchleistung hatten.
Die Milchbildung in den Drüsenzellen ist abhängig vom Druck im Euter, wenn schon viel Milch gebildet ist steigt der Druck und die Neubildung wird dadurch weniger, das ist ein kontinuierlicher, linearer Prozess. Beim Trockenstellen steigt der Druck soweit an bis nichts mehr gebildet wird. Aus gleichem Grund geben Kühe die dreimal statt zweimal am Tag gemolken werden mehr Milch, weil bei nur 8 h Zwischenmelkzeit statt 12 h die Stunden mit druckbedingt niedrigerer Milchproduktion wegfallen.

Bei Kühen die 15 Liter Milch am Tag geben ist das einfacher als welche die noch bei fleißigen 35 Liter liegen. Gängig ist solche Kühe "abzubremsen", indem man sie in die Altmelkergruppe mit nicht so energiereichem Futter stellt und sie die für die hohe Milchleistung nötige Energie nicht mehr aufnehmen können. Nur einmal am Tag zu melken und über die längeren Zwischenmelkzeiten (24 h) die Milchbildung zu verringern dehnt eher die Belastung des Euters über längere Zeit aus. Und das Wasser knapp halten, dass gar nicht so viel Milch gebildet werden kann geht halt überhaupt nicht. Dafür gibt es Möglichkeiten über den Mineralstoffwechsel anzusetzen z.B. mit Bovikalc dry.

Zur Dauer des Trockenstehens. Früher waren es mal zwei Monate. Daher stammt auch die 305-Tage Leistung als standardisiertes Vergleichsmaß für die Milchleistung. Jedes Jahr ein Kalb (365 Tage) minus 2 Monate (60 Tage) sind 305 Tage Milchgeben. Natürlich sind diese Zahlen nicht mehr aktuell - so liegen wir in Deutschland seit vielen Jahren bei durchschnittlich knapp 410 Tagen Zwischenkalbezeit.
Landläufig sagt man 6 bis 8 Wochen lang trockenstehen.

Mit folgenden Trockenstehdauern beim Trockenstellen alle zwei Wochen habe ich gute Erfahrungen gemacht:
Mehrkalbskühe - also die Kühe die vor dem dritten Kalb und mehr sind - 37 bis 50 Tage vor dem errechneten Kalbetermin.
Jungkühe - die vor dem zweiten Kalb sind - 10 Tage mehr weil sie noch nicht ganz ausgewachsen sind für eine längere Erholungsphase. Sind dann 47 bis 60 Tage vor dem errechneten Kalbetermin.
Dazu kommen noch die Kühe die sehr wenig Milch haben (unter 10 - 12 kg), wo man die Verfettungsgefahr abwägen muss, entweder energieärmere Trockensteherration oder energiereichere Altmelkerration und bisschen Milch geben und zum Melken laufen. Aber nicht mehr als 90 - 100 Tage lang Trockenstehen, weil sie dann doch den Kühen die die Erholung nötiger haben zu viel Platz wegnehmen.

Fortsetzung folgt!

Benjamin

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