Montag, 28. Januar 2019

Demonstration Enthornung

Der letzte  Programmpunkt des Milchrindtags war eine praktische Vorführung auf der LVAT in Groß Kreutz zum Thema Enthornung.

Zuerst die Theorie: Das Enthornen von Rinder ist praktizierter Arbeits- und Tierschutz, weil die Hörner nunmal Waffen sind. Arbeitsschutz, weil der Umgang mit behornten Rindern ein zusätzliches Gefahrenpotential bietet; so hatte ich damals Angst davor, dass die 1326 - das letzte Boberower Zweihorn - nach der Kalbung Milchfieber kriegt und man nicht rankommt um eine Infusion zu legen. Und dann Tierschutz, weil die Hörner auch gegen anderen Kühe eingesetzt werden, sei es auch nur um eine schönere Liegebox frei zu räumen. Zu meinem Kieler Zeiten erzählte Prof. Schallenberger immer gern, dass man die ganzen Narben und Verwachsungen bei der Beschau am Schlachtkörper unter der Haut wiederfindet. Solange der Prozess der Zucht auf Hornlosigkeit noch nicht abgeschlossen ist führt kein Weg am Enthornen vorbei!

Haben lange Zeit mit Kaliumhydroxid enthornt, einer Paste die auf die Hornknospen aufgetragen wird und diese wegätzt. Also nicht rauchend und zischend sondern so unauffällig, dass das gemacht wurde wenn die Kälber am Tränkeautomaten angelernt wurden und beim Saufen den Kopf still hielten. So viel zur Beeinträchtigung! Das Verfahren hat lauter Vorteile: Einfach zu handhaben, schnell, stört die Kälber nicht besonders und sehr effektiv. Wäre damit erste Wahl wenn da nicht ein gravierender Nachteil wäre: Das ist nicht mehr erlaubt.
Bleibt nur die Variante übrig das Gewebe rund um die Hornknospe mit einem Brenner zu veröden.

Früher hätte man die LVAT als "Schrittmacherbetrieb für die Überführung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts in die Praxis" bezeichnet, heute in diesem Zusammenhang schlicht als Demonstrationsbetrieb: Stehen rund um die Kälberbuchte so 30 Leute und schauen zu und diskutieren.
Demonstriert wurde das Verfahren wie es in Groß Kreutz aktuell nach vielem Ausprobieren und ständiger Weiterentwicklung angewandt wird.
Die Kälber werden meist in der dritten Lebenswoche enthornt, weil dann die Hornknospen noch recht klein sind und nicht die Gefahr besteht, dass der Kopf des Brenners nicht mehr draufpasst. Zwei Stunden vorher wird der Tränkeautomat gesperrt und sämtliches Festfutter aus den Trögen und Raufen entfernt um die Kälber auszunüchtern, dass es während der Schlafphase zu keinen Aufblähungen kommen kann. Eine Stunde vorher bekommen sie Schmerzmittel gespritzt. Dann werden sie sediert, mit relativ hoher Dosis, weil es Probleme gab, dass manche mittendrin schon aufgewacht sind. 
Wenn sie tief schlafen werden die Hornknospen freigeschnitten und dann noch geschoren, dass man sie auch genau sieht und es sind dann so wenig Haare dabei dass es auch kaum noch stinkt. Zum Enthornen selber wird ein gasbetriebener Brenner (Gas-Buddex) verwendet. Danach wird die Wunde mit Zinksalben-Spray, Zeolith-Pulver zur Aufnahme von Wundsekreten und Blauspray behandelt. Zum Schluss bekommt es noch eine Kälberdecke angezogen, dass es bei den Temperaturen um den Gefrierpunkt rum während der Aufwachphase nicht auskühlt:

Benjamin


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