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Sonntag, 19. Juni 2022

Zelldifferenzierung

Die Zelldifferenzierung ist ein Analyseverfahren das der LKV mittlerweile im Rahmen der Milchkontrolle routinemäßig anwendet.

Dabei wird die Zellen in der Milch noch einmal differenziert um neben der Zellzahl an sich noch weitere Rückschlüsse auf die Eutergesundheit zu ziehen.

Es wird unterschieden in Makrophagen sowie Granulozyten und Lymphozyten. Die Makrophagen sind die Fresszellen die überall im Körper die erste unspezifische Immunabwehr gegen eindringende Erreger stellen. Im Euter machen sie die übliche Abwehr und erst bei größeren Infektion kommen die spezialisierten Granulozyten und Lymphozyten dazu, die die Euterenzündung als sichtbaren Teil ausmachen und in ihrer großen Anzahl für die Flocken in der Milch sorgen.

Mit der Zelldifferenzierung wird dieses Verhältnis zueinander ermittelt, angegeben im DSCC (Difference Somatic Dell Count), also Zellzahldifferenz. Das ist eine Prozentzahl wieviel % der Zellzahl Granulozyten und Lymphozyten sind. Über 65 gilt es als Entzündungsprozess.

Der DSCC wird in unter und über 65 % unterteil und die Zellzahl in unter und über 200.000, weil das der international üblichere Wert für eutergesunde Kühe ist als die 100.000 in Deutschland. Angesichts der Bandbreite der möglichen Zellzahlen bei Euterentzündungen ist dieser Unterschied aber nicht besonders relevant.
Es ergeben sich vier Felder:
A (grün): Zellzahl unter 200.000, DSCC unter 65%: eutergesunde Kühe
B (orange): Zellzahl unter 200.000, DSCC über 65 %:  beginnende Entzündungen
C (rot): Zellzahl über 200.000, DSCC über 65 %: akute Entzündung
D (blau): Zellzahl über 200.000, DSCC unter 65 %, abklingende Entzündung, chronische Mastitis, bei der mehr Makrophagen anwesend sind.
 

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
In der praktischen Anwendung kann man damit ableiten wo eine Kuh im Prozess einer Euterentzündung bei der Milchkontrolle ist.
Das finde ich schon etwas schwierig, da von den Kühen mit über 200.000 Zellen der Großteil in Feld C landet und von denen unter 200.000 auch ein Teil in Feld B. Da erscheint gut ein Viertel der Kühe als beginnend/momentan/abklingen/chronisch euterkrank. 

Als Schluss habe ich aber daraus nach mehreren Monaten Datensammeln gezogen das Schema des selektiven Trockenstellens (siehe auch Post vom 27.02.2019) anzupassen. Drei Mal unter 100.000 Zellen ist der Versuch eine stabile eutergesunde Kuh zu definieren. Wenn ich stattdessen eine Kuh aus dem Feld A nehme ist sie nach der Zelldifferenzierung eutergesund. Mit der Zellzahlgrenze von 200.000 dabei ergibt sich gegenüber den 3x 100.000 Zellen eine Einsparung von antibiotischem Trockenstellen von noch einmal einem Drittel. Bedenken habe ich dabei keine, denn wenn man sich die Zellzahlverläufe der Kühe anschaut sehen die in Ordnung aus, aber oft die 100.000 Grenze nicht alle drei Mal erreicht.

Benjamin

Freitag, 20. Mai 2022

Schalmtest

Die letzten Tage habe ich viele Schalmtests gemacht bei Kühen die in der letzten Milchkontrolle sehr hohe Zellzahlen hatten aber keine akuten Euterentzündungen.

Der Schalmtest heißt auch California Mastitis Test, kurz CMT, was eine schöne Abkürzung ist. Kann man gut auf eine voruntersuchte Kuh mit Fettstift draufschreiben "CMT iO".

Beim Schalmtest reagieren die Zellen in der Milch mit der Testflüssigkeit und anhand der Reaktion kann man die Zellzahl abschätzen. Nicht in absoluten Zahlen sondern in relativen Größenordnungen.

Zuerst wird die Kuh vorgemolken, um wie beim normalen Melken den Dreck aus den Strichkanäle rauszuspülen. Dann wird jedes Viertel auf die Schalmtestplatte gemolken, mit der Testflüssigkeit versehen und geschwenkt, dass es sich vermischt und reagiert.

Das Ergebnis unterteile ich in meiner Arbeit in vier Stufen:
CMT 0 = nur Farbänderung durch die Testflüssigkeit.
CMT + = Schlierenbildung, leicht erhöhte Zellzahl
CMT ++ = wird zäh, stark erhöhte Zellzahl
CMT +++ = verklummt, das sind Millionen Zellen und sieht man aber meist schon beim Vormelken.

Benjamin


Sonntag, 8. November 2020

Eutergesundheitsbericht - Teil 2

Nun zur zweiten und dritten Seite des Eutergesundheitsberichts.

Hier noch mal der Link zur Podcastfolge im Kuhverstand

Die ganze zweite Seite des Eutergesundheitsberichts nehmen die Kennzahlen zur Trockenstehphase ein. 
Während des Trockenstehen besteht die Möglichkeit das subklinische Euterentzündungen, also erhöhte Zellzahlen, ausheilen auch mit der Unterstützung durch einen antibiotischen Trockensteller (siehe auch Post vom 27.02.2019). Aber es besteht auch die Möglichkeit, dass sich die Kuh während des Trockenstehens mit einem Eutererreger infiziert. Dies kommt am häufigsten in den Tagen vor der Kalbung vor, wenn sich der Kreatinpropf der während des Trockenstehens den Strichkanal verschließt auflöst und Keime eindringen können und es gleichzeitig die "Spülwirkung" des Melkens noch nicht gibt. Außerdem Infektionen im Zeitraum zwischen der Kalbung und der ersten Milchkontrolle, das sind als zwischen 5 und 33 Tage (in Sonderfällen mehr). Dass die Infektion schon beim Trockenstellen selber durch Schmutzeintrag mit dem Trockensteller oder Zitzenversiegler herrührt ist von geringerer Bedeutung.
Letzte Milchkontrolle vor dem Trockenstellen > 100.000 Zellen, erste Milchkontrolle nach der Kalbung < 100.000 Zellen -> Ausheilung.
Letzte Milchkontrolle vor dem Trockenstellen < 100.000 Zellen, erste Milchkontrolle nach der Kalbung > 100.000 Zellen -> Neuinfektion.
 


 

 

 

 

 

 

 

Die Zahlen noch mal im Einzelnen, mit dem 12-Monats-Durchschnitt und dem Vergleich zum oberen Viertel: 


 

 

 

 

 

 

  

 
Die Effizienz der Trockenperiode in den letzten zwölf Monaten. Da haben wird im Podcast nicht drüber gesprochen. 
Dafür werden die Kühe in vier Gruppen aufgeteilt:
Nicht geheilt in der TP: Letzte Milchkontrolle vor dem Trockenstellen > 100.000 Zellen, erste Milchkontrolle nach der Kalbung > 100.000 Zellen.
Neuinfiziert in der TP: Letzte Milchkontrolle vor dem Trockenstellen < 100.000 Zellen, erste Milchkontrolle nach der Kalbung > 100.000 Zellen.
Geheilt in TP: Letzte Milchkontrolle vor dem Trockenstellen > 100.000 Zellen, erste Milchkontrolle nach der Kalbung < 100.000 Zellen.
Eutergesund geblieben: Letzte Milchkontrolle vor dem Trockenstellen < 100.000 Zellen, erste Milchkontrolle nach der Kalbung < 100.000 Zellen.
In Brandenburg haben wir da Prozent-Angaben und alle Balken zusammen ergeben dann 100 %:
 







 
Die Mastitisrate 1. Laktation bezieht sich nur auf die erste Milchkontrolle nach der 1. Kalbung, mit welcher Zellzahl die Kuh in ihre Laufbahn startet.
Hier ist auch sind die Hauptinfektionsmöglichkeiten vor und nach der Kalbung. Mein erwähntes Beispiel aus Boberow mit der Trennung der Abkalbebuchten von Kühen und Färsen. Der Hauptgrund war das wegen der Eutergesundheit gewesen, der Anlass aber glaube doch einfach zu viele Tiere und die mussten dann irgendwie aufgeteilt werden:










 
Die chronisch Euterkranken sind Kühe, die zwar meistens keine akuten Euterentzündungen haben aber dann eigentlich doch schon häufiger als die Durchschnittskuh der Herde und auch nicht die beste Eutergesundheit. Zumindest werden sie so definiert, dass sie in drei Milchkontrollen hintereinander über 700.000 Zellen hatten. Da könnte man meinen, dass das doch schnell der Fall ist, aber die 1 bis 2 % Anteil beim oberen Viertel finde ich da schon als normal.
Darunter werden die betroffenen Kühe aufgelistet und die kennt man dann eigentlich schon, weil die in der Regel nicht einfach nur hohe Zellzahlen haben sondern meist mehrfach oder langwierig euterkrank waren:
 











 

Benjamin

Mittwoch, 4. November 2020

Eutergesundheitsbericht - Teil 1

Bisher habe ich hier im Kuhblog wenig über Eutergesundheit geschrieben, weil man im Alltag dann doch am meisten in Form von Euterkrankheiten damit zu tun hat. Und mit Krankheiten schlägt man sich gefühlt den halben Tag rum, auch wenn da die Wahrnehmung zum Glück doch recht verzerrt ist.

Wichtige Kennzahl für die Eutergesundheit ist die Zellzahl. Sie wird in 1.000 pro ml Milch angegeben. Da die Zellen nur wenige Mikrometer groß und mit bloßem Auge nicht sichtbar sind, lässt sich eine Veränderung an der Milch auch erst bei Zellzahlen im Millionenbereich feststellen. Die Zellen sind einmal Drüsenzellen aus dem Euter, die dieses beim kontinuierlichen Erneuerungsprozess abstößt und der Großteile weiße Blukörperchen des Immunsystems. Daher kann man von der Zellzahl auf die Eutergesundheit schließen, was
gerade an Abwehrreaktionen stattfindet.
Und da man die Zellzahl in großem Stil bei der Milchleistungprüfung mit hunderte Proben pro Stunde im Labor routinemäßig bestimmen kann hat sie diese Bedeutung.

Es gibt viele Einflüsse auf die Zellzahl und unabhänigig ob eine klinische Euterentzündung vorliegt ist die Grenze von 100.000 Zellen/ml definiert: Darunter ist die Kuh eutergesund, darüber euterkrank.

Die durchschnittliche Zellzahl bezieht sich auf die ganze Herde, diese wird von den Millionären, also Kühen mit hohen Zellzahlen, meist über 1.000.000 nach oben verzerrt.
Daher hatte Christian die Idee mit der Median-Kuh (-> Link). Der Zellzahl-Median einer Herde lässt dann aber den Anteil der Millionäre unbeachtet, da er deren Einfluss verringert.
Bei meinem Beispiel umfasst eine Herde 50 Kühe, wovon 48 eine Zellzahl von 100.000 haben und zwei von 1.000.000. Die durchschnittliche Zellzahl beträgt 136.000 und die Median-Zellzahl 100.000. Beide Zahlen haben eine recht geringe Aussagekraft, wohingegen der Eutergesundheitsbericht der Milchkontrolle viel mehr bietet. Daher war ich im Kuhverstand-Podcast zu Gast und wir haben darüber diskutiert (-> Link).

Der Eutergesundheitsbericht wurde glaube 2015 deutschlandweit vom DLQ (Deutscher Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen) unter der Marke Die Milchkontrolle eingeführt. --> Hier eine Erklärung
Wie im Podcast erwähnt sind die Eutergesundheitsberichte in Deutschland auch nicht einheitlich.
-> die schleswig-holsteinische Variante
-> die thüringer Variante, die identisch mit der brandenburger Variante und der der meisten anderen LKVs ist; und auf die sich auch die nachfolgende Abschnitte beziehen, weil ich die halt kenne.
Die Grafiken sind aus einem Beispielbericht des LKV Weser-Ems; in Niedersachsen gibt es mehrere LKVs.

Zunächst die erste Seite:
 
Erster Teil ist ein Balkendiagramm über die letzten 13 Monate, mit der Unterteilung in Kühe der 1. Laktation und Kühe ab der 2. Laktation. Da die Kühe in der 1. Laktation fast immer niedrigere Zellzahlen haben und zudem ihr Anteil in den Herden auch unterschiedlich ist. An diesem Diagramm kann man Trends über die Monate erkennen.
 

 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Zweiter Teil ist der Anteil der Zellzahlklassen. Die Kühe werden in vier Zellzahlklassen unterteilt: Bis 100.000, 100.000 bis 200.000, 200.000 bis 400.000 und über 400.000 Zellzahl. Hier gibt es den Vergleich zu den Vormonaten und zum oberen Viertel der Betriebe. Mehr als die Hälfte bis hin zu über Dreiviertel der Kühe sollten in der ersten Zellzahlklasse sein  und nur jeweils paar Prozent in den beiden letzten.
Mit die wichtigste Zahl im Eutergesundheitsbericht ist der fett gedruckte Antei der eutergesunden Kühe unter 100.000 Zellen:
 

 
 


 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Dritter Teil ist die Neuinfektionsrate während der Laktation, unabhängig von tatsächlichen Eutererkrankungen. Dabei werden die Kühe betrachtet die in der letzten Milchleistungsprüfung unter 100.000 Zellen lagen und in der aktuellen über 100.000 und damit von eutergesund zu euterkrank geworden sind. Wieder Balkendiagramm über die letzten Monate und daneben zum Vergleich Balken für das obere Viertel der Betriebe.
Des Weiteren eine Aufschlüsselung der Neuinfektionen auf die Laktationsabschnitte 0 - 100, 100 - 200, 200 - 300 und ab 300 Laktationstage (= nach der Kalbung).
 

 
 



 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Fortsetzung folgt!
 
Benjamin