Wo ich in den letzten Wochen es öfters über Zwicken hatte und angekündigt habe dass ich mal einen Post darüber schreiben werde.
Eine Zwicke ist das weibliche Kalb eines Zwillingspärchens. Zwicke ist ein umgangssprachlicher Begriff, den ich so in Rheinland-Pfalz gelernt habe und in Brandenburg auch verwendet wird. Einen hochdeutschen Begriff gibt es scheinbar nicht dafür, in Zeitschriften wird oft "weibliche Zwillingskälber" geschrieben, was fachlich nicht richtig ist denn nicht jedes weibliche Zwillingskalb ist auch eine Zwicke. Im Englischen ist der Begriff dafür "freemartin".
Zwicken treten bei Zwillingspärchen auf bzw. jetzt bei den Drillingen, wenn in einer Trächtigkeit sowohl ein weibliches wie auch ein männliches Kalb sind. Die Häufigkeit von Pärchen ist gefühlt bei fast allen Trächtigkeiten, aber da es bei den Kühen auch Zwillingsschwestern gibt bei denen auch "Zwilling" auf die Stallkarte geschrieben wird und im Herde bei den MKZ ("Mehrlingskennzeichen") öfter ww für weibliche Zwillinge vorkommt dürfte die Häufigkeit für Pärchen doch um die 50 % liegen. Dann Zwillingsschwestern und Brüder je 25 %. Da muss ich mal die Abkalbestatistik über viele Jahre auswerten.
Zwicken sind meist unfruchtbar, schätzen würde ich es auf 97 %. Gefühlt ist einmal im Jahr eine dabei die dann doch fruchtbar ist. Die erkennt man an der Ohrmarkennummer, weil die gar nicht passt und halt zur damaligen Serie der Ohrmarken für die Bullenkälber gehört.
Die Ursache der Unfruchtbarkeit liegt in der Embryonalentwicklung. Erstmal sind alle Embryonen weiblich und haben die Müller-Gänge aus denen sich später die weiblichen Geschlechtsorgane entwickeln. Die männlichen Embryonen bilden dann das Anti-Müller-Hormon um ihre Müller-Gänge zurückzubilden. Da beim Rind aber die embryonalen Blutkreisläufe nicht vollständig voneinander getrennt sind bekommt der weibliche Embryo auch Anti-Müller-Hormon ab und die Entwicklung der Geschlechtsorgane wird gestört.
Daher treten die Zwicken auch nur bei Pärchen auf.
Die Ausprägung der Unfruchtbarkeit ist ganz unterschiedlich. Es geht von fruchtbar bis hin zu Zwittern wie auf dem Foto unten, die zwichen weiblich und männlich liegen. Die meisten sind äußerlich weiblich und die Geschlechtsorgane sind nur teilweise ausgebildet; nur ein Eierstock, keine Eierstöcke, keine Gebärmutterhörner usw.
Es gibt auch seltene Fälle von "versteckten Zwicken" wie ich sie als nenne: Weibliche Färsen die Symptome von Zwicken haben, obwohl keinen Zwillingsbruder. Wenn man im Herde dann nachrecherchiert stellte sich heraus, dass bei der Mutter zur TU Zwillinge diagnostiziert wurden, aber zur TU2 nicht mehr. Zwichenzeitlich war das männliche Kalb abgestorben und resorbiert worden, das weibliche aber schon zur Zwicke geworden.
Zwicken laufen bei uns in der Jungviehaufzucht bei ihrer Altersgruppe mit. Sie sind als Mastkälber nur zu Spottpreisen (10- 20 €...) verkäuflich, weil als Zwillingskälber haben sie einen Gewichtsnachteil und als weibliche Kälber schlechtere Mastzunahmen; das können die Viehhändler und Rindermäster runterrechnen.
Sie bleiben bis zum Alter von 17 - 18 Monaten, wenn sie Glück haben und fruchtbar sind wurden sie bei einer zwischenzeitlichen Brunst besamt, andernfalls werden sie als Schlachtfärse mit rund 500 kg verkauft. In der Schlachtkörperklassifizierung und Abrechnung laufen sie als normale Färsen.
Symbolfoto einer Zwicke, ein ausgeprägterer Fall, dass man von den außen auch was sieht. Hier ist die Scham um ca. 30 cm tiefer gelegt:
Benjamin
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