Freitag, 19. November 2021

Aktueller Input

Diese Woche habe ich an zwei Webinaren teilgenommen um mal wieder aktuellen Input zu bekommen. Man will schließlich weiter kommen und solange unsere Kühe nur so 70 % ihres genetisch veranlagten Leistungsvermögens ausschöpfen ist das auch nötig.

Einmal von ForFarmers zur Druckbelastung der Klauen; als Referent Prof. Mülling vom Veterinäranatomischen Institut der Universität Leipzig. Grundlagenforschung, aber sehr interessant. Eigentlich wird nur an den Hinterfüßen geforscht, da die vorderen Klauen der Kuh aufgrund der geringeren Gewichtsbelastung viel weniger Probleme machen. So z.B.  Hochgeschwindigkeitsröntgenaufnahmen was mit den Knochen und Sehnen im Fuß abläuft wenn die Kuh auftritt. Oder Zeitlupenaufnahmen vom Fuß beim Auftreten, das ist beim Rind ähnlich wie beim Menschen ein Abrollen: Zuerst der Ballen, dann die Sohle mit der Hauptbelastungsphase und zum Schluss vor dem Abheben nur noch die Spitze. Dabei ist die Außenklaue 40 Millisekunden vor der Innenklaue dran.
Die Außenklaue trägt zwischen 65 und 80 % des Gewichts, durch die funktionelle Klauenpflege wird es versucht Richtung 50 : 50 zu verschieben. Das ist auch das Problem der fehlenden Hohlkehlung, denn wenn die Innenseite der Außenklaue "zugewachsen" ist hebt sie quasi die Innenklaue hoch und die hat dann weniger Bodenkontakt.
Daneben wurde über Messungen des Kontaktflächendrucks an den Klauen berichtet, einmal mit Druckmessmatten und dann über ein neues System das auf den Klauenflächen mit einer Art Socke angebracht wird und bis zu vier Stunden messen kann während die Kuh ganz normal im Stall umherläuft und nicht in einem Versuchsaufbau.
Zusammenfassende Erkenntnisse: Gepflegte Klauen reduzieren über die vergrößerte Aufstandsfläche den Druck, Gummiböden haben gegenüber Betonböden aufgrund ihrer Nachgiebigkeit nur halb so höhe Drücke und mit der dynamischen Komponente der Bewegung ist bei Trab der Druck doppelt so hoch wie bei Schritt, was wichtig ist beim Treiben der Kühe. 
 
Und dann von der PhönixGroup zur verlängerten Zwischenkalbezeit. Referentin war Dr. Römer von der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern, mit den Auswertungen der ganzen Daten aus den Testherdenprogrammen die in die Deutschland führende Wissenschaftlerin auf dem Gebiet. Den ersten Teil des Vortrags hatte ich schon so ähnlich auf der Milchtour Anfang letzten Jahres gehört (siehe Post vom 18.02.2021). Im zweiten Teil ging es dann um aktuelle Forschungsvorhaben zum Thema. Mit dem deutschlandweiten Projekt VerLak wird die verlängerte Zwischenkalbezeit in Praxisbetrieben erforscht um auch Arbeitsweisen und Empfehlungen für die breite Masse zu entwickeln, quasi das was früher als Schrittmacherbetriebe bezeichnet wurde. Daneben soll ebenfalls selektives Trockenstellen umgesetzt werden um Antibiotikaeinsparungen zu ermöglichen. Ganz den Zusammenhang dazwischen sehe ich nicht und halte es vielmehr für eine Projekterweiterung zur Förderungsoptimierung. Siehe auch MUD-Tierschutz::Verlängerung der Laktationsperiode. Drei Betriebe aus Brandenburg nehmen am Projekt teil, darunter auch die Agrargenossenschaft Ranzig (vgl. Posts vom 28.02.2020 und 03.03.2020).
Ein Argument gegen die verlängerte Laktation ist die Verfettungsgefahr, wenn eine Kuh nicht rechzeitig tragend wird mit dem damit verbundenen Problemen rund um die nächste Kalbung (Ketose usw.). Daher wird die Wartezeit bis zur ersten Besamung nicht pauschal verlängert sonder für jede Kuh individuell bestimmt, sodass eine in der Frühlaktation eher leistungsschwache rechtzeitig besamt wird.
Die Berechung erfolgt mit dem TBS = tierindividueller Besamungsstart. Ist eine Kuh brünstig wird nachgerechnet, ob sie schon besamt oder doch noch gewartet werden soll.Es fließen die aktuellen Melktage ein und die Durchschnittsleistung der letzten Woche (7-Tage-Mittel), da dieses nicht so sehr schwankt wie einzelne Tageswerte.
TBS für Mehrkalbskühe:0,56 x Melktag + 5,8 x Milch-kg -149
TBS für Erstlaktierende Kühe (Jungkühe oder "Färsen"): 0,56 x Melktag + 5,8 x Milch-kg - 101
Ist der bechnete TBS kleiner als der aktuelle Melktag kann die Kuh besamt werden.
Auf die (ersten) Ergebnisse des Projekts bin ich schon gespannt, in der Milchviehhaltung dauert es ja immer mehrere Jahre.

Benjamin 

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