Bei der Zuchtwertschätzung letzte Woche wurden einige neue Merkmale/Zuchtwerte eingeführt bzw. erstmals veröffentlicht.
Auf
der einen Seite drei neue Exterieurmerkmale: Rippenstruktur,
Vorderbeinstellung und Euterbalance sowie auf der anderen Seite der
RZPersistenz.
Die
Rippenstruktur ist Nachfolger des Milchcharakters. Milchcharakter
beschrieb die Ausprägung des Widerrists, ob spitz nach oben oder rund
und breit. Die Rippenstruktur beschreibt jetzt die Rippen ob flach oder
gewölbt. Für mich ist das beides tief im 19. Jahrhundert als man anhand
von Körpermerkmalen die Leistungsfähigkeit von Kühen ableiten wollte und
das hat meiner Meinung nach nichts in der modernen Zucht verloren!
Vorderbeinstellung ist die Ausrichtung der Vorderbeine zueinander, ob parallel oder X-beinig.
Euterbalance
ist für mich mal ein sinnvolles Exterieurmerkmal, es beschreibt die
Ausrichtung des Euterbodens. Ideal ist parallel zum Boden, dann gibt es
bei größeren Hintervierteln von vorne nach hinten abfallend und bei
größeren Vordervierteln von vorne nach hinten ansteigend. Und diese Kühe
machen in ihrer starken Ausprägung in Verbindung mit hohen Hintereutern
und starken Zentralbändern vor allem bei Jungkühen in
Side-by-Side-Melkständen und Außenmelkerkarussellen bei der Melkbarkeit
Probleme. Beim PR3100HD ohne jede Möglichkeit der
Melkzeugpositionierung neigen dann die hinteren Zitzenbecher zum
Abfallen.
An den RZPersistenz habe ich hohe Erwartungen. RZ heißt Relativzuchtwert, Persistenz ist das Vermögen der Kuh die Milchleistung lange aufrechtzuerhalten. Mit niedriger Persistenz fällt die Milchleistung schnell ab, mit hoher bleibt sie lange hoch. Mein Paradebeispiel ist da natürlich Gabi die eine so gute Persistenz hatte dass sie auf über 1.100 Melktage kam (siehe Post vom 07.02.2018).
Und genau das ist der riesige Vorteil einer guten Persistenz: Wenn die Kuh lange viel Milch gibt muss sie nicht wieder so schnell kalben um die Milchleistung wieder auf ein hohes Niveau zu heben. Also ganz im Sinne der verlängerten Laktation.
Wie ich mich mit dem Thema Ende 2016 erstmals intensiver auseinander setzte las ich einiges an Literatur aus den 1990ern/frühen 2000ern und da wurden eigentlich zwei Faktoren für eine gute Persistenz genannt: Einsatz vom BST - also Wachstumshormon - was in Europa ja eh ausscheidet und dreimaliges Melken, was wir auch nicht haben, aber theoretisch möglich ist.
Ich habe dann auf die Variante gesetzt kuhindividuell die freiwillige Wartezeit leistungsabhängig anzupassen, um bei Kühen mit hoher Persistenz die Laktation auszudehnen und solche mit niedriger Persistenz rechzeitig tragend zu bekommen.
Die Zucht auf Persistenz ist jetzt eine Möglichkeit den Kühen eine höhere Persistenz zu geben und die Laktation weiter verlängern zu können.
Züchterisch wird die Milchleistung, Fett- und Eiweißleistung vom 305. - 400. Laktationstag beachtet was beim Milchzuchtwert nicht der Fall ist. Dort geht es nur bis zum 305. Tag, als dem lange etablierten Vergleichsmaß für die Jahresleistung. Der RZPersistenz unterscheidet dann überspitzt gesagt ob die Kuh nach 305 Tagen weitermarschiert oder sich bald selbst trockenstellt.
Video des VIT zum RZPersistenz: https://www.youtube.com/watch?v=gOHboFbiQyk
Benjamin
1408
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