Samstag, 23. März 2019

Aktuelles aus Güstrow

Am Dienstag vorletzter Woche war der Milchrindtag für Mecklenburg-Vorpommern in Güstrow; ich war zwar nicht dort gewesen, weil ich mittwochs in Köllitsch und zwei Tage hintereinander unterwegs ist als immer bisschen ungünstig.
Aber die Vorträge wurden veröffentlicht und die habe ich mir natürlich nachträglich durchgelesen und da war einige wirklich interessante Sachen dabei:

- Von der Landesforschungsanstalt MV über Hitzestress. Lief dazu ein Versuch auf Gut Dummerstorf, wo ich über erste Ergebnisse dazu letztes Jahr mal in der Bauernzeitung gelesen habe. Der thermoneutrale Bereich in dem es der Kuh weder zu kalt noch zu warm ist hat sich in den letzten Jahrzehnten verschoben, denn durch die steigende Milchleistung produziert der Stoffwechsel mehr Abwärme. Für den Versuch wurden die Kühe mit Pansenboli ausgestattet, die die Körperkerntemperatur gemessen haben. Dabei kam raus, dass die Kröperkerntemperatur ab 10 Grad Außentemperatur ansteigt und es der Kuh zu warm wird. Empfehlung sind daher automatisch temperaturgesteuerte Lüfter, die ab 10 Grad die Kühe kühlen.

Da merkt man, dass die Amis mit ihrer Tunnellüftung (dunkle Ställe auf Kühlschranktemperatur) gar nicht so falsch liegen.

- Ebenfalls von der Landesforschungsanstalt MV über die optimale Laktationslänge. Das alte Schema "Jedes Jahr ein Kalb" gilt schon lange nicht mehr, die letzten Jahren sind es als 405 - 410 Tage durchschnittliche Zwischenkalbezeit in Deutschland. 

Die Fruchtbarkeit der Kühe hat sich "verschoben". Die sehr einprägsame Zahl, dass pro Liter Milch 500 Liter Blut durchs Euter fließen. Bei 20 Liter Milch am Tag sind es 10.000 Liter Blut, bei 40 Liter Mich sind es 20.000 Liter Blut. Die nicht nur durch das Euter fließen sondern durch die Leber und da werden auch die darin enthaltenen Hormone verstoffwechselt. Durch diese "Hormonverknappung" ist die Fruchtbarkeit bei heutigen Kühen längere Zeit nach der Kalbung eingeschränkt und daher auch die Erfolge bei frühen Besamungen schlechter. Durch eine nach hinten verlegte Besamung fällt die Laktationkurve hormonell bedingt durch die neue Trächtigkeit nicht so schnell ab und die Kuh gibt für längere Zeit Milch. 
Dazu eine Beispielrechnung mit zwei Kühen, wovon eine in fünf Jahren fünfmal kalbt, die andere nur dreimal. Die zweitere gibt in gleicher Zeit mehr Milch, da sie zwar am Tag durchschnittlich weniger Milch gibt, aber dafür nicht so viele Tage trockensteht. Zudem sind die gesundheitlichen Risiken deutlich herabgesetzt, weil sie die kritische Phase nach der Kalbung nur drei statt fünfmal durchläuft.
Diese Konzepte der verlängerten Laktation ("extented lactation") wurden in den letzten Jahren schon mehrfach diskutiert und ich gehe fest davon aus, dass die Entwicklung in absehbarer Zeit auch in diese Richtung gehen wird.

- Von der RinderAllianz über die neuen Gesundheitszuchtwerte, die jetzt auch genomisch (also schon bei Kälbern) geschätzt werden können. Damit hat das ProFitplus-Testherdenprogramm von RinderAllianz und RBB nach fast 15 Jahren Datenerfassung und über 200.000 Kühen das größte der bisherigen Etappenziele erreicht.
Der neue RZGesund (RZ = Relativzuchtwert) wird aus folgenden Indices berechnet:
40 % RZEuterfit: Euterentzündungen
30 % RZKlaue: Klauenerkrankungen (9 % Mortellaro, 4,5 % Klauengeschwüre, 

  4,5 % Panaritium, 4,5 % Weiße-Linien-Defekt, 4,5 % Klauenrehe, 3 % Limax)
20 % RZRepro: Fruchtbarkeitsstörungen (10 % Zyklusstörungen, 

  5 % Gebärmutterentzündungen, 5 % Nachgeburtsverhaltung)
10 % RZMetabol: Stoffwechselerkrankungen (% % Labmagenverlagerungen, 

  2,5 % Milchfieber, 2,5 % Ketose).
Damit ergibt sich jetzt die Möglichkeit gesunde Kühe zu züchten, oder wie es in der Werbung genannt wird: "RZ - richtig züchten."

Benjamin

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